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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 7/8
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Heubach, Dittmar: Ein Werk des Bildhauers Landolin Ohmacht
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0119

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EIN WERK DES BILDHAUERS LHNDOLIN

OHMÄCHT Mit einer Abbildung / Von D. HEUBACH

Tm Naffauifchen Landesmu-
[eum zu Wiesbaden befindet
[ich feit fehr langer Zeit das hier
abgebildete Älabafterrelief, das
der Forfchung bisher noch ent-
gangen ift und fich durch die
Infchrift Ohmacht f. 1790 zu er-
kennen gibt1. Älfo kurz nach
feiner Rückkehr aus Italien (oder
noch in Italien felbft) hat der
KünftlerdasWerkchen gefchaf-
fen, dasalsVergrößerung einer
antiken Gemme aufgefaßt wer-
den kann. Eros ift dargeftellt,
der einen Schmetterling über
Stock und Stein erjagt hat und
zappeln läßt. Nicht ohne fym-
bolifche Anfpielung, denn der
Schmetterling ift ein Bild der
menfchlichen Seele. Kindifche
Graufamkeit wird dem kleinen
Gotte nachgefagt (Anakreon,

Frgm. 44). Es ift ein reizender
lockiger Knabe, der halbträu-
merifch-finnig den Kopf nach
vorne neigt. Einen feinen Ge-
genfajj zu dem zarten Fleifch
bildet die fchleierartige Chla-
mys, die um den Leib und den
rechten Oberarm gefchlungen
ift. Zu vergleichen find die
Kinder der Frau Engelmann,

bei Rohr, Ohmacht Taf. 15. Sie ftrecken die Hände nach einem Schmetterling aus, als
wollten fie das entfehwebende Leben der Mutter erhafchen. Auf attifchen Grabreliefs
finden wir zuerft die im Profil gefehenen Knaben, die einen Vogel vor fich herhalten,
man denke auch an die fog. Taubenftele von Paros2. Der Künftler wurde hier in
glücklichfter Weife vom Geifte Winkelmanns infpiriert, und der geringe Zufatj modern-
fentimentalen Empfindens bringt uns diefe Art Hellenismus befonders nahe8.

Älabafterrelief von Landolin Ohmacht im Wiesbadener
Ältertumsmufeum.

1 16 cm hoch, 12 cm breit, der Rahmen ift vergoldet, die innere Füllung zwifchen Rahmen und
Medaillon ift dunkelgrün.

* D. Heubach, Das Kind in der griediifdien Kunft. Heidelberger Differtation 1903 S. 34 u. 52.

* Über Ohmacht vgl. Cicerone 7 (1915) S. 168, Mainzer Zeitfchrift 1913 S. 141, „Hlt-Frankfurt“ 2
(1910) S. 14 und das Buch von Ignaz Rohr (Straßburg 1911). — Ohmachts zweiter Aufenthalt in
Mainz fand ganz bald nach der Rückkehr aus Italien ftatt. Unfer Relief ftammt vielleicht aus der
Sammlung v. Gerning. Das erfte Buch über den Künftler ift 1818 in Hadamar und Coblenz ge-
druckt und verlegt worden. Er wurde am Mittelrhein gefchäßt. Vgl. übrigens die Befprechüng
des Rohrfchen Buches im Cicerone III, S. 653 ff.

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