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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 11/12
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Bombe, Walter: Ein vergessener Düsseldorfer Landschafter (Carl Irmer)
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0186

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EIN VERGESSENER DÜSSELDORFER
LHNDSCHÄFTER (CHRL IRMER)

Mit vier Abbildungen Von WÄLTEH BOMBE

'II 7er war Carl Irmer? Ein Sonderling, der einfam und verbittert durch das Leben
^V ging, den dunklen Weg derer, die von ihrer Zeit nicht verbanden werden. Ge-
boren war er am 28. Auguft 1834 in Rabijj bei Wittftock in der Mark Brandenburg.
Bei A. Becker in Deffau und bei Gude an der Düffeldorfer Akademie hat er ftudiert
und pch nach einigen Studienreifen durch Deutfchland, nach Paris und Brüffel, in Düffel-
dorf niedergelaffen, das feine zweite Heimat wurde. Dort ift er auch am 10.November 1900
im Marienhofpital geftorben. Äußere Erfolge pnd ihm nicht befdiieden gewefen, wenn
man davon abpeht, daß er 1873 die Wiener Weltausftellungsmedaille erhielt und
fpäter zum Anhaltifchen Hofmaler und Profeffor ernannt wurde.

Von Düffeldorfer Malern ftanden ihm Dücker und Kröner nahe; im übrigen fand
feine weltfremde und einpedlerifche Natur ihr Genügen im künftlerifdien Schaffen.
Seit dem Ende der pebziger Jahre ift er regelmäßig mit Kröner in den Harz und den
Teutoburger Wald gezogen, um dort zu malen; mit Dücker hat er pch mehrmals an
der Oftfee getroffen und dort vielfach die gleichen Motive gemalt, auch an die Nordfee,
nach Wien, Paris und Brüffel ift er gekommen.

Verglichen mit Dücker erfcheint er als der weichere und emppndfamere. Für ihn
war die Aufgabe des Landfehafters Nachahmung der Natur nur infofern, als zu diefem
Nachahmen noch ein bewußter Ausdrude, ein abpchtliches Hervorheben der Schönheit,
der Seele und der Sprache der Natur hinzutreten mußte, ein Hauch dichterifchen
Emppndens, wodurch die realiftifche Nachahmung aufhörte, bloße Nachahmung zu fein,
und zur Kunft wurde. Er begnügte pch nicht damit, die Natur einfach abzufchildern
fondern verfuchte fie zu lefen und zu verdolmetfchen. Er fühlte
.... den Fluch, dem feine Zeit verfallen,
daß pe kein großer Puls durchbebt,
kein Sehnen, das geteilt von allen
im Künftler nach Geftaltung ftrebt —

und darum blieb er in einer Zeit, die nur unbedingte Naturtreue vom Künftler forderte,
ein weltfremder Sonderling.

Als er ftarb, wurde fein überfchuldeter Nachlaß verfchleudert; eine Ausftellung feiner
Arbeiten in der Kunfthalle 1900 brachte keinen Erfolg. Erft jetjt kann man, dank den
Bemühungen eines Düffeldorfer Kunfthändlers, des Herrn Leo Paulg, der alles irgend
Erreichbare an Arbeiten des Meifters zufammengebracht und in feinen Ausftellungs-
räumen in der Elberfelder Straße 7 vereinigt hat, die Perfönlichkeit und das Schaffen
des Dahingefchiedenen richtig erkennen und bewerten. Nicht die unanfechtbare Treue
der Naturfchilderung ift es, was uns heute an diefen etwa 60 Ölgemälden und 20 Aqua-
rellen feffelt, fondern ein zarter, kaum depnierbarer Stimmungszug, der durch das Ganze
geht. Irmer hat die heimifche Natur verherrlicht, indem er fie zugleich mit dem fcharfen
Auge des Realiften und der zarten Seele des Lyrikers anfehaute; er hat wie die Maler
von Barbizon Stimmungen von fdhlichtefter Wahrhaftigkeit gefchaffen, die zugleich
Idyllen voll köftlichen Duftes und Zaubers pnd. Die fcheue, verfdiloffene Art des
Menfchen pnden wir in feinen Bildern wieder. Alles Laute und Aufdringliche ift
ihnen fremd.

Seine künftlerifdien Anfänge find, wie das „Romantifche Tal“ zeigt, von Schirmer
und Lefpng beeinßußt, aber ziemlich rafch fand er den Weg zu freiem Gepalten. So

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