Seiten mit Blicken betasten, denn die Holzuntersätze, die einst soviel weg-
nahmen, sind abgeschafft. Auf Buntglas folgt der berühmte Kölner Meister
des Schlangenfadens, ergänzt durch ein neues, unvergleichliches Stück. Dieses
war lange bekannt und konnte kürzlich auf einer Auktion zum Erstaunen aller
Sammler günstig erworben werden. Man glaubte, es sei zu schön, um echt zu
sein. Man sieht, wie einfach die große museale Tat ist, wenn man nur sein
Gebiet von Grund auf beherrscht. Bei dem folgenden Schliffglas scheint die
Erhaltung erstaunlich, wird aber sofort erklärt durch das Steinkistengrab an
der Wand, wo auch reine Datierungsangelegenheiten Unterkunft finden. Berg-
kristall und Achat stehen unter Glassturz.
Ganz neu sind bemalte Stücke. Gläser in Naturformen wurden frei oder in
Hohlformen geblasen. Das techniSjChe Meisterwerk eines Menschenkopfes
(Abb. i) vertritt den unerhörten Luxus der römischen Provinz-Hauptstadt.
Wieviel Fremdes in dem auch damals (offenbar nicht zu seinem Schaden)
international versöldnerten Köln mitzusprechen hatte, zeigt das köstliche Glas
des flötespielenden Affen (Abb. 2), Erinnerung an Alexandria. Die Ziergläser
mit vielfarbigen Nuppen (Abb. 3) gehören zum Schönsten der Sammlung,
sie haben nicht nur den Reiz der Farbe, sondern auch den im römischen
Kunstgewerbe seltenen der Form. Mit dem Beginn des vierten Jahrhunderts
tritt die Verschlechterung der Fabrikation ein, Untergang des Abendlandes
oder so ähnlich. Die berühmte Zirkusschale (um 320) verrät noch enormes
Können, daneben sieht die Schale mit Frauenköpfen (um 400) gering aus
(erworben dank der selbstlosen Hilfe des Direktors des Schnütgen-Museums,
Prof. Witte). Das Glas ist dem vorhandenen Raum so glücklich eingepaßt,
daß mit dem Knick zur Südflucht die Keramik beginnen kann.
Hier finden zuerst die Brandgräber des 1.—2. Jahrhunderts n. Chr. und die
Funde der römischen Rheinflottenstation in Köln ihren Platz. Freistehende
Amphoren können endlich den Zauber des Umrisses zeigen. Neben den figür-
lichen Terrakotten befindet sich eine vollständige Tonmaske (Abb. 4), ein
vertrautes Gesicht, so etwas wie ein genius loci. Der Sigillata-Schrank (jetzt
auf hellem Rupfen, ehemals — man denke — auf Rot) versieht jedes Stück mit
genauer Erklärung. Tonschlammverzierung und Weißmalerei folgen. Aus
Kölner Boden stammt auch der erlesene frühe Sigillata-Kelch, ein sog. arre-
tinischer. Das Hauptstück, der reiche Orpheus-Teller, steht für sich. Die
Lampensammlung in Pultvitrinen scheidet gegenständlich und chronologisch
zugleich (wie glücklich haben doch die alten Römer ihr Kunstgewerbe ge-
ordnet!). Die Lampen mit bildlicher Darstellung gehören ins 1. Jahrhundert,
die mit einfachem Firmenvermerk schließen sich an und reichen bis ins
3. Jahrhundert. Am Ende nimmt der Formenreichtum also hier wie auf allen
Gebieten ab. Die grünglasierte Gruppe, die mit gelber Glasur, die Schwarz-
firnis-Becher, alles führt zum primitiven Ende. Die Jagd- und Spruchbecher
stehen für sich, letztere natürlich mit Übersetzung der Inschriften. Mit der
schwarzgeschmauchten Ware befindet man sich schon im Gebiet germanisch-
barbarischer Völker, die sich schließlich mit Grobkeramik begnügten. Die bei-
den Skelette des 4. Jahrhunderts waren immer Lieblinge der Besucher, das mag
sie für die ärmliche Ausstattung ihrer letzten Wohnung entschädigen. Als
sie noch im Fleisch waren, lebten sie wie wir in Massenware.
Goldschmuck, Emailfibeln, Bernstein, Pechkohle, Knochenschnitzereien und
figürliche Bronzen sind gut vertreten. Einzelnes mag andernorts bedeutender
zu finden sein. Eine der besten Lösungen Fremersdorfs ist die Aufstellung
der Münzsammlung, die früher schnell am unteren Ende der Pultvitrinen zu-
sammenkullerte. Jetzt liegt sie auf beweglichem Grundriß in großen Karton-
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nahmen, sind abgeschafft. Auf Buntglas folgt der berühmte Kölner Meister
des Schlangenfadens, ergänzt durch ein neues, unvergleichliches Stück. Dieses
war lange bekannt und konnte kürzlich auf einer Auktion zum Erstaunen aller
Sammler günstig erworben werden. Man glaubte, es sei zu schön, um echt zu
sein. Man sieht, wie einfach die große museale Tat ist, wenn man nur sein
Gebiet von Grund auf beherrscht. Bei dem folgenden Schliffglas scheint die
Erhaltung erstaunlich, wird aber sofort erklärt durch das Steinkistengrab an
der Wand, wo auch reine Datierungsangelegenheiten Unterkunft finden. Berg-
kristall und Achat stehen unter Glassturz.
Ganz neu sind bemalte Stücke. Gläser in Naturformen wurden frei oder in
Hohlformen geblasen. Das techniSjChe Meisterwerk eines Menschenkopfes
(Abb. i) vertritt den unerhörten Luxus der römischen Provinz-Hauptstadt.
Wieviel Fremdes in dem auch damals (offenbar nicht zu seinem Schaden)
international versöldnerten Köln mitzusprechen hatte, zeigt das köstliche Glas
des flötespielenden Affen (Abb. 2), Erinnerung an Alexandria. Die Ziergläser
mit vielfarbigen Nuppen (Abb. 3) gehören zum Schönsten der Sammlung,
sie haben nicht nur den Reiz der Farbe, sondern auch den im römischen
Kunstgewerbe seltenen der Form. Mit dem Beginn des vierten Jahrhunderts
tritt die Verschlechterung der Fabrikation ein, Untergang des Abendlandes
oder so ähnlich. Die berühmte Zirkusschale (um 320) verrät noch enormes
Können, daneben sieht die Schale mit Frauenköpfen (um 400) gering aus
(erworben dank der selbstlosen Hilfe des Direktors des Schnütgen-Museums,
Prof. Witte). Das Glas ist dem vorhandenen Raum so glücklich eingepaßt,
daß mit dem Knick zur Südflucht die Keramik beginnen kann.
Hier finden zuerst die Brandgräber des 1.—2. Jahrhunderts n. Chr. und die
Funde der römischen Rheinflottenstation in Köln ihren Platz. Freistehende
Amphoren können endlich den Zauber des Umrisses zeigen. Neben den figür-
lichen Terrakotten befindet sich eine vollständige Tonmaske (Abb. 4), ein
vertrautes Gesicht, so etwas wie ein genius loci. Der Sigillata-Schrank (jetzt
auf hellem Rupfen, ehemals — man denke — auf Rot) versieht jedes Stück mit
genauer Erklärung. Tonschlammverzierung und Weißmalerei folgen. Aus
Kölner Boden stammt auch der erlesene frühe Sigillata-Kelch, ein sog. arre-
tinischer. Das Hauptstück, der reiche Orpheus-Teller, steht für sich. Die
Lampensammlung in Pultvitrinen scheidet gegenständlich und chronologisch
zugleich (wie glücklich haben doch die alten Römer ihr Kunstgewerbe ge-
ordnet!). Die Lampen mit bildlicher Darstellung gehören ins 1. Jahrhundert,
die mit einfachem Firmenvermerk schließen sich an und reichen bis ins
3. Jahrhundert. Am Ende nimmt der Formenreichtum also hier wie auf allen
Gebieten ab. Die grünglasierte Gruppe, die mit gelber Glasur, die Schwarz-
firnis-Becher, alles führt zum primitiven Ende. Die Jagd- und Spruchbecher
stehen für sich, letztere natürlich mit Übersetzung der Inschriften. Mit der
schwarzgeschmauchten Ware befindet man sich schon im Gebiet germanisch-
barbarischer Völker, die sich schließlich mit Grobkeramik begnügten. Die bei-
den Skelette des 4. Jahrhunderts waren immer Lieblinge der Besucher, das mag
sie für die ärmliche Ausstattung ihrer letzten Wohnung entschädigen. Als
sie noch im Fleisch waren, lebten sie wie wir in Massenware.
Goldschmuck, Emailfibeln, Bernstein, Pechkohle, Knochenschnitzereien und
figürliche Bronzen sind gut vertreten. Einzelnes mag andernorts bedeutender
zu finden sein. Eine der besten Lösungen Fremersdorfs ist die Aufstellung
der Münzsammlung, die früher schnell am unteren Ende der Pultvitrinen zu-
sammenkullerte. Jetzt liegt sie auf beweglichem Grundriß in großen Karton-
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