Happel, Eberhard Werner; Wiering, Thomas von [Bearb.]; Härtel, Zacharias [Bearb.]: E.G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ (Andrer-Theil): Worinnen dargestellet/ außgeführet und erklähret werden Die Denckwürdigste Seltzamkeiten/ So da in Historien, natürlichen Wundern/ am Himmel/ auff und in der Erden/ wie auch in und unter dem Meer zu finden seyn: Einem jeden curieusen Liebhaber zu gut auffgesetzet/ in Druck verfärtiget/ und mit vielen Figuren erläutert (Hamburg: Gedruckt und verlegt durch Thomas von Wiering, 1685) [VD17 3:306392E]

l§0. Zl Lui^ioLL. -4^

Die hinterlassene Schätze.

AUS darff sich eine Sultanin/wan sie ihren
SW^Mann / der ein Groß-Vezier oder sonsten
ein hoher Bedienter ist/durch einen gewaltsamen
Todt verlieret / eben nicht so hoch bekümmern/
weil ihr der Sultan bald einen andern Gemahl
anweiset; über dem sind sie auch Erbinnen aller
Verlaffenschaffr ihrer Gemahlen.
hat nachfolgende Schatze hin-
terlassen:lZ9 Säcke mit Zekyns oder Ducaten//
deren jeder isOOO Stücke hielte. 200000 Tel-
lers/und eine grosse Menge kleinerSilber-Mün-
tze. An Edelgesteinen / deren etliche geschliffen/
andere roh waren / über anderhalb hundert Mil-
libnen.Eine grosse und prächtige Kleyder-Kam-
mer / die mit dein vorigen Pracht überein käme/
nebst vielen güldenen und silbernen Geschirren :
Eine Nust-Kammer/ die mit so schonen/als gu-
ten Waffen auffs beste versehen war / darinn
unter andern über looo mitGold gezierteSabel
zu finden/jedenauffs/6 oder /ooZekyn geschätzt/
ohne die andern von geringem Werth / so fast
vor nichts geachtet waren / ohnerachtet sie alle
mit Silber beschlagen. 40 Paar Stetgretffe
von Gold / worunter 6 Paar mit Eöelgesteinen
reichlich besetzt waren. Einen überauß schönen
Marstall von mehr als tausend Pferden / unter
denen 540 der außerlesensten schöne Hängste wa-

ren/und unterschiedliche andere/ allein zu ihres
Herrn Dienst / in z biß 4000 Zekyn jedes am
Werth : Ohne noch andere Pferde über
der Iahl/so er jederzeit in seinem Hause/ welches
er unweit8cmsri, au der Asiatischen Kost hatte/
in Bereitschafft hielte. Viel Lausend Kameele
und Maulesel. Ja er hatte zn Constantinopel
in 6 biß 7000 Pferde siw besondere Leute zu sei-
nem Dienst/ dk'er alle unterhielte / und jeden
Mann kurtz vor seinem Ende neu gekleidet hatte.
Er hatte auch eine grosse Anzahl a'rßgerüsteter
Schiff zu seinem Dienste / wie auch eine besonde-
re Vestung/ Mabdin/ an den Persischen Gran-
tzen/ sampt der gantzen umbliegenden Herrschaft.
Aus welchen allem fteyltch sein untreuesGemnht
genugsam zu erkennen war.
Allen diesen Reichthum hat er allein in 25M0-
naten/so lange er Groß-Vezier gewesen/zusaMen
bracht / ohne die anderthalb Millionen / so er in
dieser Zett noch in das 8erraU verehret: Hier-
aus ist zu schliessen / was vor ein herrliches AmpL
ein Groß-Vezier habe.
Obengedachter köstlicher Säbel / den er vor
den Groß-Türcken machen lassen / ist nicht über-
reichet worden / massen er eben denselben Mor-
gert/an welchem Tage er sein Leben verlohr / fer-
tig worden.

Des Gwß-Veriers Nachfolger.

,^AEs andern Tages nach Todt/ward
l^vl^u^ammeö mtt dem Groß- Verier- Amt
begäbet. Dieser war gleichfalls des Kaysers
Tochter-Mann / und mit dessen ältester Tochter/
alsdesKäyserlichen ältesten und Erb-Printzen
Schwester vermahlet. iEr war vorher einer von
den gewönlichen Veziers / und ein gebohrner
Türck / nemlich eines Schmides Sohn in 6-iia-
ra. Er ward auß sonderbahrer Gewogenheit/
wider den Gebrauch / in seiner Jugend / nebenst
andern Christen - Kindern / als ein Lribnt/ins
LerrsU gebracht.

Nachdeme er nun durch sein Wohlverhaltm
hoch gestiegen / ward er endlich Bassa zu Alcatr/
woselbst er sich sehr reich gemacht.
' Nachgehends warh er Bassa zur See / oder
General-Admiral / welches Ampt er aber nicht
lange behielte / weil man den Verlust der Gallee-
ren/ so die Sicilianer erobert / seinem Versehen
zugeschrieben/und hierzu halff der klassukLsila
damahlen auch nicht wenig / in dessen Stelle er
hernach/wie gesagt/kommen ist. Also verleumb-
det immer einer den andern.
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