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Happel, Eberhard Werner; Wiering, Thomas von [Bearb.]; Härtel, Zacharias [Bearb.]
E.G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ (Andrer-Theil): Worinnen dargestellet/ außgeführet und erklähret werden Die Denckwürdigste Seltzamkeiten/ So da in Historien, natürlichen Wundern/ am Himmel/ auff und in der Erden/ wie auch in und unter dem Meer zu finden seyn: Einem jeden curieusen Liebhaber zu gut auffgesetzet/ in Druck verfärtiget/ und mit vielen Figuren erläutert — Hamburg: Gedruckt und verlegt durch Thomas von Wiering, 1685 [VD17 3:306392E]

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.66375#0399

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dlo. 45

Z57

Die Leibeygenschafft.

eukIOSL,

Wann bey denTürcken ein Sclave schon ge-
brechlich ist / so wissen sie sich seiner dannoch zu
bedienen, 6i5i. Lurbe^uiurspricht da-
von in seinem dritten Sendschreiben also :
Ich weiß mich zu erinnern/daß ich einen vorneh-
men Spanier/so vor diesem bey den Seinen ei-
ne Hauptmanns-Charge bedienet/ wieder loßgc-
macht/ welchen/ ob er schon von seinen empfange-
ne»Wunden an allenGliedern geschwächt ward/
ein Türck gekaufft/ und Mittel und Wege gefun-
den / auffwas wetse er seinen Nutzen mit ihme
schaffen möchte: sintemahl er ihn in ge-
schickt / allwo grosse Heerden Ganse auffgezogen
werden/die er ihm zu weiden verdinget/ davon er
dann nicht einen geringen Gewinn erhebt. Und
stehe ich zwar allhier nicht unbillig an/ob derjeni-
ge / welcher die Leibeygenschafft am ersten abgc-
schafft / so gar wohl daran ge than habe : Dann
ob ich schon nicht in Abrede se yn kan/daß viel und
mancherley Ungelegenheiten und Beschwerden
dabey gewesen / ss finden sich doch im Gegentheil
auch nicht geringe Nutzbar-nnd Beqvemlichkei-
ten dabey: Sintemahl / wann eine rechtmassige
und nicht allznstrenge Leibeygenschafft/wie sie die
Römische Gesetze beschreiben / behalten würde/
so hatte man vielleicht nicht soviel Hochgerichte
und Galgen von nvhten / diejenigen dadurch im
Zaum zu halten / die nichts anders als das Leben
und die Freyheit haben / und denen wegen ihrer
Armuth und Dürfftigkeit kein Bubenstück zu
groß ist / indem sich die Freyheit ohne ehrliches
Auskommen nicht allezeit in den Schra nckcn der
Ehrbarkeit halten last; und kan dieselbe nicht je-
dermann/wann keine Lehens-Mittel vorhanden/
ertragen / sind auch nicht alle darzu gebchren/
daß sie sich selbst zu regieren / und ihres freyen
Willens rechtmassig zu gebrauchen wissen; son-
dern müssen durch andere verständige nnd tu-
gendhaffreLeutezum Guten angeführet und ge-
wähnetwerden / sonsten würde ihres Verbre-
VV v chens.

SMAnnwir vonsovielerley Sachen reden/so
AVgebühretes uns keines Weges die herrliche
Materie von der Leibeygenschafft mit stillschwei-
gen vorbey zu gehen.Jch weiß wohl/daß dieselbe
unter den Christen/ absonderlich in Tcutschland/
Nicht geduldet / sondern anffs hefftigste verfluchet
rvird;aber wann man es recht betrachtet/so glau-
be tch/es sey eben nicht so gar ungereimt gechan/
wann man / nach Arth der alten Römer / die U-
berwundene im Kriege vielmehr zu Sclaven
machte/als grausamer weise ermordete. Von
einem todte n Menschen hat man keinen Vor,
theil/aber wol von einem lebendigen / weilsich
derselbe entweder rantioniren/ oder die Zeit sei-
nes Lebens umbsonstarbeitewmuß. Bey denen
Römern wurden solche Leibeygene 8ervi ge-
nandt/von dem Wort 8ervare, welches erhalten
bedeutet / man nennete sie auch wohl krancipia -
^uia inanu capisbaarur sb tioKibus, Weil sie
gleichsa m mit den Händen ergriffen und gefan-
gen worden/§.;-lvtt. Zejur.perion. 1.4. §
2.K.6e Kar. üom.l, 2Z^. H,i.E 6e V. 8. vici.
etialn ^ü^uKin. <ie Liv. Oei. is.
In demLorpore)uri5,welches grossen Lheils
von den alten Römern auffgesetzet worden (ab-
sonderlich die vizcKa) findet man viel Sachen
von den Leibeygenen / und wie es in Rechten da-
mit soll gehalten werden / daß sich demnach die
Römer derselben allerdings angenommen / und
sehr viel darauff gehalten haben.
Ich weiß fast selber nicht / was itzt davon zu
halten : ich sollte schier mit einigen andern 8cn-
benrsn auffdieGedanckengerahten/daßeseben
nicht so gar ungereimet wäre / wann man auch
bey uns Teutschen und andern Nationen die
Leibeygenschafft wider die gefangene ungläubige
Feinde wieder einsührete: Solcher gestalt wür-
den diejenigen / die anitzo dem Betteln nachzie-
hen/ mittelst ihresDienstes / ihnenselber das
Brod schaffen müssen-
lom... II.
 
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