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Heidelberger Volksblatt (9) — 1876

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Nr. 9 - Nr. 16 (2. Februar - 26. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44635#0070

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D'r Neagglmia ier.
Mein Freund „Lorenz“in
Mannem ſcheine die ſchlechte V
Zeite nit ſchenniert zu hawe,
dann er hott die Mannemer
Faasnacht wie folgt einge-
leit':
Viel Krach un viel Dalles,
Machulle⸗Bankerott,
D'r Deifl holt alles,
Wohl dem, der nix hott!

Was kimmern ſich Narre,
Um Kriſis un Zeit, +
Norr raus mit'm Schbarre,
Ihr Männer, ſeid g'ſcheidt!

Geh, henkt mer die Kepp nit,
Un ſeid mer fideel,
So lang eich die Knepp nit,
Am Hoſſebund feel!

Masgirt eich macht Schnole
Wie ich, als Hansworſcht-
Henkt's Schorzfell an Hooke,
Un leſcht mer de Dorſcht, —...
So ſchtill derf's in Mannem,
Uff Faasnacht nit ſein,
's is ſo nix mesr ann'm,
Un ſchlooft uns ball ein.

Verſammlt eich morge,
Ihr wißt, ich kumm aa,
Un loßt mer die Sorge
Daheem bei d'r Fraa!

Kumm Jeder als Schoode
Masgirt bis an Hals,
Ihr wißt, deß is Moode,
Bei uns in d'r Palz.

Uff Faasnacht ſoll Alles
Meſchukke hier ſein,
Ob Krach odder Dalles,
Mer pfeife do nein.

Un ſo weiter. D'r Narremonat Februar wär alſo-

hiermit abg'ſchloſſe. For de Monat Maͤrz herngege is
bereits folgendes „Horoskop“ g'ſchtellt worre:
1. Aſchermittwoch. Der Lenzmonat fängt gut an!
2. Der türkiſche Sultan fühlt Etwas wie Reue, den
Inſurgenten Zugeſtändniſſe gemacht zu haben. Aber vor-
läufig noch ganz heimlich.
3. Der Miniſter Buffet in Paris reicht der
Kammer das Project einer Kunſtſtraße von Arenen-
berg nach Paris ein, welche den Namen Rue Bo-
naparte führen ſoll.

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4. Gambetta wird Orleaniſt. ö
6. Die Holländer erfiegen über die Atchineſen die
Nothwendigkeit neuer Werbungen in Deutſchland.
6. An dieſem Tage wäſcht Lulu die Wäſche von
Plon Plon und umgekehrt.
7. Neun und neunzigſter Rücktritt des Miniſteriums
Bismarck. Lasker wird Premier, Bamberger

Aeußeres; Bleichröder Finanzen u. ſ. w.
8. Graf Ledochowski erhält vom Papſte eine Thräne des Mit-
gefühls und einen Peterspfennig als Anerkennung.
9. Graf Arnim trifft in Berlin ein und kommt zu ſpät, um ein
geſetzter Mann zn werden.
10. Die Inſurgenten in der Herzegowina erlangen als Garan-
tie für die türkiſchen Zugeſtändniſſe, daß der Sultan ſein Har em
auflöſt und ſich mit einer Odaliske begnuͤgt.
11. Allgemeine Entrüſtung unter den Vertretern der ſechs Frie-
deucn Es wird beſchloſſen, den Aufſtand mit Gewalt zu unt er-
rücken.
12. Die Sympathien für den Sultan ſteigen. Graf Eulen-
burg ſchreibt ihm einen Condolenzbreif. Frl. Gallmayer ebenfalls.
13. Die ſieben Weiſen des Reichstags: Bebel, Liebknecht,
Haſſelmann, Haſenelever, Geib, Mottler und Vahlteich wandern nach
Griechenland aus und bitten um die guͤtige Anerkennung, die ſie i
Deutſchland nicht finden können.
14 Einführung der Taubenpoſten in Deutſchland. Stephan
erläßt ein Antifremdwösteredikt an die Tauben.
15. Der Sultan von Zanzibar verlangt von England die Ab-
ſchaffung der weißen Selaverei.
16. Dr. Strousberg läßt die Nachricht dementiren, daß er das
neue türkiſche Reich in Mittelaſien gründen wolle. Bußtag.
17. Zur Feier des 18 März (1848) findet an der Berliner
Börſe, trotz des Schabbes, eine Keilerei ſtatt, wie ſie noch nie da-
geweſen iſt.
18. Abdankung des Miniſteriums Lasker, das ſich ſelber nicht
zu Worte kommen laſſen konnte.
19. In Mecklenburg erſcheint ein neues Steuergeſetz, nach wel-
chem die Civil⸗ und Miſchehe, die Preß⸗ und Vereinsfreiheit einer
Abgabe von 200 pCt. des bisherigen Steuerſatzes unterliegen.
20. Frühlingsanfang. Der Geſetzentwurf über die General-

ſynode meldet Pleite an.

21. Der Reichstag geht über das neue Steuergeſetz in Meck-
lenburg, als über eine berechtigte Steuerpragmatik, zur Tagesord-
nung über.
22. In Mecklenburg tanzt der Teuf el.
23. Der ſüdſlaviſche Aufſtand, völlig beruhigt, bedankt ſich für
die Intervention der Großmächte, und die Inſurgenten erklären, daß
ihnen in Zukunft noch Manches geſtohlen werden koͤnne.
24. Revolution in Lippe! Das Land erklärt ſich reichsunmittel-
bar. Auf telegraphiſchem Wege eedirt das Reich dem Fuͤrſten von
Lippe das reichsunmittelbare Land.
26. Der franzöſiſche Hauptmann, welcher die 30 preußſchen
Garde⸗Offiziere zum Duell heransgefordert hat, fordert ſich ſelbſt

heraus — auf 30 Flaſchen Abſynth.

26. Majunke kündigt an, daß er die „Germania“ mit Streu-
ſalz beſtreuen werde.
27. In Folge ſtets wachſender Mißſtimmung in Mecklenburg
treten nach Beendigung der orientaliſchen Frage die 6 Großmächte
zuſammen und berathen eine freundſchaſtliche Vorſtellung an den
Sul — — den Großherzog. ö
28. Der Großherzog antwortet per Drath, er könne allein
fertig werden. ö
29. Die 6 Großmächte telegraphiren zurück: „Entſchuldigen
Sie gütigſt!“
30. Pius IX. nimmt eine neue Heiligſprechung unter dem
Beifall aller Confeſſionen vor: die der Saneta Simplicitas.

Druck, Verlag und für die Redaction verantwortlich: G. Geiſe nb ͤͤrfer.
 
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