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Heidelberger Volksblatt (9) — 1876

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Nr. 61 - Nr. 69 (2. August - 30. August)
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hHeidelberger Volksblatt.

Nr. 68.

Mittwoch, den 9. Auguſt 1876. ‚

9. Jahrg.

aiſchent Mitiwoch und Samſtag. Preis monatlich 36 Pf (inzelne Runmer à 6 Pf. Man abonnirt beim Verleger, Schiffgaſſe 4
— und bei den Trägern. Auswärts bei den Zandboten und Poſtanſtalten.

Die Präſibeutin.
Kriminalgeſchichte von J. D. H. Temme.
CFortſetzung.)

Was ſich während der Abweſenheit der Präſidentin
in ihren Geſellſchaftsſälen und als deſſen Fortſetzung beim
Morgengrouen draußen zugetragen hatte, war Folgendes.
Der Herr von Teufen. giag zu einem der in den Sälen
anweſen den Offiziere. ö
Sind bir Waffen zu haben, lieber
Wozw, mein Freund?
Zu emem Duell!
„Piſtolen?
Pifolen! ö
Gewiß! Ich bin verſehen; mehrere meiner Kamera-
den ſind es. ö
Erweiſeſft Du mir einen Freundſchaftsdienſt?
Bedarf es der Frage? ö
Noch in dieſer Nacht?
Auf der Stelle.
So fordere für mich den Grafen Mozialski, auf drei
Schritt Barriere. Er hat zwar Zeit und Ort zu be-
ſtimmen; aber ich habe morgen eine weite Reiſe anzu-
treten; ſa ze ihm, ich erwarte von ſeinem Muthe, daß er
meiner Bitte nachgeben werde, uns noch vor Aufgang der
Sonne zu treffen. Die Beſtimmung des Ott's überlaſſe
ich ihm. — Der Herr von Stangen giagg zu dem Grafen
Mogialsti. — Herr Graf, ich komme in Auftrage des
Barons Teufen zu Ihnen. — Ich hatte einen Aaftrag
von ihm, wie Sie mir ihn brin zen wollen, erwartet.
Er fordert Sie auf dret Schritt Barritre. — Ich nihme
die For derung an. — Sie haben die Zeit zu beſtimmen;
indeß — Ich überlaſſe die Beßimmung dem Herrn don
Teufen. — Der Herr von Teufen bittet Sie um die
Stunde vor Soaunenaufpang. — Zum erſten Morgen-
grauen, wenn es dem Herrn von Teufen gefälltg iſt.
Wer nehmen an. Den Ort wollen Sie beſtimmen!
Ah, ich haite ſchon darüber nachged cht. Zehn Minu-
ten von hier liezt, vom Walde umgebe, ein reizender
einſamer Kirchhof. Kennen Ste iyn? — Ich kenne ihn;
er wird angenommen. Ihr Sekundaat uad Ihre Zeugen,
Herr Graf? — Ein S.kandant ur d ein Zeugen werden
genügen! — Auch ſür uns! — Ih werde den Grafen
Liebermann und den Herrn Schindler bitten, und wenn

Stangen 2

ſie meine Bitte nicht abſchlagen, die beiden Herren Ihnen

ſenden. — Ich erwarte die Herren. — Der Graf Mo-
gialski begab ſich zu den beiden Herren die er genannt
halte; ſi: waren in der Geſellſchaft. — Sie waren be-
reit, begaben ſich mit dem Herrn von Stangen in ein
leeres Neber zimmer. — Ein Baron Weinfelder geſellte
ſich als Zeuge des Herrn von Teafen zu ihnen. — Die
vier Herren vereinigten ſich bald über das Nähere, was
noch feſt uſtellen war, verließen dann ſofort das Haus,
um die Waſſen zu beſorgen, einen Arzt herbeizuholen.
Das Alles wasr ſo ruhig, ſo ſtill, ohne jegliche Oſten-
tation, daß vielleicht keine drei Perſonen unter allen nicht
betheiligten Anweſenden eine Ahnung davon hatten, was
geſchehen war, was ferner geſchehen ſolle. ö ö
Einem in der Geſellſchaft war nichts entzaugen. Es
war war der unheimliche Geheimrath. — Baron Huber
hieß er. Er war D plomat, er hatte früher vielen Ge-
ſandtſchaften in vielen Sta ten, großen und kleinen, ange-
hört und vor einigen Jahren als Geheimrath mit dem
Prädikate Exzellenn ſeinen Ab chied genommen, bald hier,
bald doct ſeinen Aufenthalt nehmend. Die heimlichen
Krummwege der Di lomatie hatten ſein Weſen zu einer
gewiſſen Uaheimlichkeit a⸗sgeprägt; er war aber ein ehren-
zafter Charakter geblieben. Freilich mußte er ſich für
frähere amtliche Verſchwiegenheit jetzt durch manche Aus-
plandereien eutſchädigen; doch kounte er auch ſchwꝛigen,
wo es ih a geboten ſchien Wor hat en ſchon einen Be-
weis davon. — Die Waffen waren herbeigeſchafft; ein
Arzt war gefunden. Graue Streif n verkündeten baldigen
Ausbruch des Tages. — Die beiden S:kundanten bega-
ben ſich durch einige verſchiedene Eingänge in die Geſell-
ſchaftsſäle der Gräfin Randow. Jeder von ihnen hatte
ſeinem Duellanten nur einen halben Blick zugeworfen,
um ſich dann wieder zu entfernen. Die Duellarten ver-
liißeg jeder ihre Umgebung, als wena ſie ein anderes
Zimmer aufſuchen wollten, vereinigten ſich draußen mit
ihren Sekundanten, ſetzten mit dieſen den Weg zu dem
Kamp'platze fort. — Der Geheimralh von Huber, der
die Elaleitungen geahnt, dann entdickt hatte, mußt; auch
Zeuze des Ausganges ſein. Er folgte den Duellanten
und Sekundanten, ohne daß ſie von ihn wußten. —
Zehn Minuten von dem Landhauſe der G äfin Randow
lag, voa Wald umgeben, ein kleiner Kirchhof Er lag
ſtill und einſam da, mit ſeinen grünen Grabhügeln, den
ſchwarzen Kreuzen daranf. Er war der Kirchhof des
Bauerndorfes, in deren Nähe der elegante, von der vor
 
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