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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Vermische Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0044

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Personal- und Ateliernachrichten.

2-,


Tizian, von 6 ans Makart.

U. kl. München. Der in München gebildete venezolanische
Bildhauer EloyPalacios hat eben eine für Cartagena be-
stimmte Reiterstatue des Generals Bolivar im Tvnmodell fin-
den Bronzeguß vollendet, die sich besonders durch die geistvolle
Auffassung des berühmten Mannes auszeichnet. Denn obwohl
eben in eine Stadt als Sieger einreitend und die ihn umsnbelnde
Menge begrüßend aufgefaßt, sieht man dennoch augenblicklich,
daß das ein Befreier, kein Eroberer, aucki kein Berufssoldat,
sondern ein von der edelsten Begeisterung getragener, ebenso hoch-
gebildeter als von der festesten Entschlossenheit beseelter Mann
sein müsse. Auch das auf seinen Reiter sichtlich stolze Pferd ist
gut gelungen und das Ganze so wohlthuend in den Linien auf-
gebaut, daß es eine Zierde jedes öffentlichen Platzes werden kann.
Und das, obwohl man an der Uniform des Befreiers wie
an seinem bartlosen Gesicht sofort den Anfang unseres Jahr-
hunderts und in seinen Zügen den südlichen Typus herausfindet,
so daß man dies Werk unbedingt den besseren znrechnen darf,
die in unserer Zeit entstanden. i^siy

Karlsruhe. Der von hier gebürtige Maler Karl
Bruenner, ein Schüler Hans Makarts und derzeit an der
Kunstgewcrbeschnle zu Kassel thätig, vollendete dieser Tage die
malerische Ausstattung der Rathausfassade zu Wolfach im badischen
Schwarzwalde, nachdem er vor einigen Jahren sein hiesiges, in
dem Karlsruher Künstlerviertel gelegenes Wohnhaus in glück-
lichster Weise ebenfalls außen mit Fresken dekoriert hatte. Ter
im Spätrenaissancestil gehaltene Neubau ist im obersten Stock-
werk, im Anschluß an die architektonischen Grundformen, mit den
allegorischen Gestalten der Bürgertugenden und der beiden
Schwarzwaldflüsse, Kinzig und Wolfach, sowie Blumen- und
Früchtenguirlanden, Kartuschen w. geschmückt. Um das den
Mittelpunkt der Giebeldekoration bildende Uhrzifferblatt schmiegt
sich ein Tierkreis, darüber schweben die allegorischen Figuren des
Lichts und der Finsternis von Emblemen umgeben. Meister
Bruenner hat die ihm gestellte schwierige Aufgabe in künstlerisch
vollendeter Weise gelöst, wie wir es bei dem reich begabten
Koloristen stets gewohnt sind. — Der hiesige Bildhauer
H. Stockmann hat für einen Kunstfreund in Baden-Baden eine
Bronzegruppe: ein Kentaur, der eine geraubte Nymphe fortschleppt,
vollendet, die zu dem Besten gehört, was seit längerer Zeit in
Karlsruhe auf plastischem Gebiete geleistet wurde. Die Gestalt
des mythischen Fabelwesens ist mit fast Böcklinscher Genialität
erfaßt und durchgebildet. — Der Kunstverein hat auch, nach
längerer Sommerpause, seine Pforten dem Publikum wieder
eröffnet, doch bietet die Ausstellung desselben bislang noch keine

besonderen künstlerischen Sehenswürdigkeiten. Außer kleineren
Arbeiten des anmutige Motive aus dem Schwarzwalde behandeln-
den Heinr. Issel, des Meisters des Festznges der badischen
Landestrachten aus Anlaß der Silberhochzeit der Großherzoglichen
Herrschaften, fesseln uns diesmal wieder die pikanten Pastell-
porträts von Karl Dussault und ganz besonders von K.
Heinr. Hoff, dem Sohne und Schüler von Karl Hoff. Karl
Boehme, der begabte Schüler Schönlebers, hat als Frucht seines
diesjährigen Sommeraufenthaltes ein farbenprächtiges, feines
Strandmotiv von Capri vollendet. Von Herman Petzet
sind ein tüchtig durchgefllhrtes Hafenmotiv von Genua und
mehrere Porträts, darunter das des Nestors der Karlsruher
Hofbühne, Hofschauspieler Rudolf Lange, ausgestellt, wobei uns
bedünken will, daß das schöne Talent des Künstlers vielleicht doch
mehr nach der landschaftlichen Seite als nach der des Bildnisses
hinneigt. Von Rudolf Hell wag rührt ein farbenprächtiger,
stimmungsvoller Abend in Venedig her, mit Blick in den Canal
grande und auf die Kirche Santa Maria della Salute. Das
Gemälde wurde bereits von dem Großherzog von Oldenburg
erworben. — Auf den Lehrstuhl der Baukunst des Mittelalters
an der hiesigen technischen Hochschule wurde Banrat Professor
Schäfer von der Berliner Bauakademie, ein Schüler Hases in
Hannover, berufen. Damit hat die Gotik ihren Einzug in die
berühmte Schule gehalten, denn Schäfers spezielle Vorgänger,
wie Lang, Eisenlohr, Hübsch, waren zwar wohl im allgemeinen
Romantiker, aber keineswegs ausgesprochene Vertreter des ge-
nannten Stils, wie der Obige, dem ein bedeutender künstlerischer
Ruf vorausgeht. — Karlsruhe wurde auch diesen Sommer um
ein neues, zwar noch kleines aber desto gewählteres Museum,
das die Textilsammlung der wohlrenommierten, unter dem Pro-
tektorate der Großherzvgin von Baden stehenden Kunststickerei-
schule des Landes-Frauen-Vereines in sich birgt, bereichert. Wenn
man bedenkt, daß im gleichen Jahre die, in dem großherzoglichen
Residenzschlosse befindliche, überaus sehenswürdige und reich-
haltige Äunstkammer des Großherzogs der Oeffentlichkeit zugänglich
gemacht wurde und zugleich ein neues, sich rasch vermehrendes
Kunstgewerbemuseum entstand, das zumal durch den Ankauf der
bekannten Sammlung Gimbel in Baden-Baden eine höchst wert-
volle Bereicherung erfuhr, so darf man wohl behaupten, daß die
aufblühende badische Residenz unter den deutschen Kunststädten
den ihr gebührenden Rang würdig zu behaupten weiß. l3swl
— Berlin. Am 5. Oktober wird Professor Paul
Thumann sein sechzigstes Geburtstagsfest begehen. Isst8i
— München. Unser Mitarbeiter, der Maler Robert
Koehler ist zum Direktor der Kunstschule in Minneapolis er-
wählt worden. Neben ihm wirken an der gleichen Anstalt
Knuke-Okerberg, Mrs. I- R. Barber, sowie Frank Burton,
letzterer durch Vorlesungen über Anatomie. l3S6?l
 
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