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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Schumann, Paul: Die Dresdner Skulpturensammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0311

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2H5

Die Dresdner Skulpturen sginmlunp.

von Or. Paul Zchumann.

Nachdruck verboten.

<^Nm Jahre 1890 wurde die gesamte Dresdner Skulp-
turensammlung aus dem Japanischen Palais in
Neustadt nach dem Albertinum in Altstadt herüber-
geschafft, um dort mit der Gipsabgußsammlung, welche
in demselben Jahre aus dem Zwinger in das Albertinum
übersiedelte, vereinigt und neu aufgestellt zu werden. Das
umfängliche Werk ist jetzt nach fünfjähriger Arbeit beendet
und zwar in einer
Weise vollendet, die
alle Erwartungen
weit übertroffen hat.

Professor Treu, der
Direktor der Skulp-
turensammlung, nebst
seinen Mitarbeitern,

Direktorial - Assistent
1)r. Herrmann und
Inspektor Kühnert,
hat in dem Museum
der Originalbildwerke
etwas ebenso Muster-
gültiges und Vor-
bildliches geschaffen,
wie vorher in seinem
Museum der Gips-
abgüsse, dessen Ein-
richtung wir schon
früher geschildert
haben.

Die Dresdner
Sammlung, die in
ihrem wichtigsten
älteren Bestände noch
durch den kunstlieben-
den König und Kur-
fürsten August den
Starken begründet
worden ist, hat fast
ein ganzes Jahrhun-
dert hindurch den
Ruhm gehabt, die
einzige größere An-
tikensammlung
Deutschlands zu sein.

Johann Joachim
Winckelmann und
Anton Raffael Mengs

haben sich hier ihre ersten Anregungen geholt, und Herder
hat Dresdens künstlerischen Ruhm durch das bekannte
Epigramm verherrlicht:

Blühe, deutsches Florenz, mit deinen Schätzen der Kunstwelt!
Stille gesichert sei, Dresden-Blymxia, uns.
Phidias-lvinckelinann erwacht' an deinen Gebilden,

Und an deinem Altar sprossete Raffael Mengs.

Aber der Ruhm der Dresdner Antikensammlung
verblaßte in unserem Jahrhundert mehr und mehr, je
mehr echte altgriechische Bildwerke ausgegraben und
nach München, Paris, London und Berlin gebracht
wurden, je mehr auch andre deutsche Städte Antiken-

sammlungen anlegten. Zwei Nachteile hingen der
Dresdner Sammlung an: sie hatte, abgesehen von den
ägyptischen und assyrischen Stücken, von Antiken nur
römische Bildwerke, und diese römischen Bildwerke waren
vielfach auch noch dazu ganz falsch ergänzt. Eines
dritten Mangels, den die Dresdner Sammlung mit
allen anderen ähnlichen Sammlungen Deutschlands teilte,

sind wir uns erst all-

Oo. Nims Vous. von Viktor Tilgner.

mählich bewußt ge-
worden, als man
an fing, an der ein-
seitigen Hochschätzung
der alten Kunst zu
rütteln und auch für
unsere moderne Kunst
die Beachtung zu be-
anspruchen, die ihr
gebührt. Freilich
muß man es an und
für sich bedauern,
daß nicht für jedes
hervorragende Bild-
werk sich ohne wei-
teres eine Stätte
findet, wo es frei
durch sich selbst zu
wirken vermag; aber
leider sind wir nun
einmal noch weit ent-
fernt von jener Hoch-
schätzung gerade der
Bildhauerei, die ihr
ein freies Empor-
blühen ermöglicht.
Daraus erwächst für
die Museen die un-
abweisbare Pflicht,
sich auch der leben-
den Bildhauer nach
Kräften anzunehmen.
Professor Treu hat
nach allen drei Rich-
tungen gründlich
Wandel geschaffen.

Er hat zunächst
alle jene fabelhaften
Ergänzungen der an-
tiken Reste, die meist aus oem 18. Jahrhundert noch
vorhanden waren, samt und sonders beseitigen und
dann die Bildwerke auf Grund der inzwischen so un-
endlich geförderten archäologischen Kenntnisse unserer
Zeit richtig ergänzen lassen, oder wo gar keine Anhalts-
punkte da waren, die Reste unergänzt gelassen. In
früheren Jahrhunderten hatte man entsprechend der er-
folgsgewissen Zuversichtlichkeit der Künstler, wie sie die
Wiederbelebung der Künste in Italien im Gefolge hatte,
darnach gestrebt, aus den Resten irgend etwas An-
mutiges herzustellen und dann die Spuren der Ergän-
zung nach Möglichkeit zu verwischen; Professor Treu
 
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