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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Seydlitz, Reinhard von: Fälscherlust: gaunerologische Kunststudie
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Vincenti, Carl Ferdinand von: Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0293

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von R. von Seydlitz. — Iahresausstcllung im lvioner Uünstlerhause. von A. von vincenti.

2Zt

Kapitalkräfte, die besser anderweitig zur Wirksamkeit ge-
bracht würden. Und so hat die schlimme Geschichte auch
einen ganz ernsthaften nationalökonomischen Schaden zum
Hintergründe.

Aber, um heiter Begonnenes heiter zu beschließen,
eine Anekdote, deren Wahrheit ihrer Komik keinen Ein-
trag thut. — Wie im vorigen Jahrhundert Professor
Huber in Würzburg durch kolossale aus Thon geformte
Muscheln, Bienen, Krabben und Raupen (!) getäuscht
wurde, welche ihm seine boshaften Freunde handgerecht
eingegraben hatten, und die sie ihn entdecken ließen, so
daß darüber ein kostbares Prachtwerk von der Fakultät
herausgegeben wurde, so passierte einem gelehrten Fran-
zosen in den fünfziger Jahren dieses aufgeklärten Jahr-
hunderts das kleine Malheur, ein Heft mit ungelenken
Zeichnungen und deutschen Kalligraphieversuchen, welches
er in den Urwäldern Mexikos gefunden hatte, für ein
— aztekisches Heiligenbuch zu halten und das Ding,
ebenfalls mit hoher staatlicher Beihilfe, in einem Pracht-

bande voll gediegener Weisheit und unergründlicher
staunenswerter Gelehrsamkeit herauszugeben.

Wie das so geschieht, bekamen die meisten Staats-
bibliotheken ein Exemplar dieses hochbedeutenden Werkes.

Da sandte der Genius der Wahrhaftigkeit, um wei-
teres Unheil zu verhüten, einen helläugigen jungen
Deutschen in die Bibliothek — es war die Münchener
— und ließ ihn das Buch sehen und aufschlagen. Der
Mann schlug das Buch auf und blätterte. Dann aber
schlug er etwas andres auf, nämlich ein homerisches
Gelächter, und setzte sich hin und deckte den Unsinn in
einer illustrierten Schrift auf. — Der Mann ist seitdem,
aber nicht nur dadurch, überall gut bekannt in deutschen
Landen. Er heißt Heinrich Nos. —

Und nun geht hin, ihr Sammler in allerlei Kunst,
und thuet desgleichen. Herunter mit der Maske der
Fälscher und ohne Gnade ins Feuer mit allem gefälschten,
und, mit noch weniger Gnade, an den Pranger mit allen
Fälschern! Fälscherlust verkehre sich in Fälscherschmach!

IahreFauFftellmirl im Wiener krünstlerhäuse.

von Z. von vincenti.

77Y»er Kaiser hat am 30. März die 23. Jahresaus-
stellung im Künstlerhause eröffnet. Wir haben
also wieder zwei Monate Kunstschau unter rotweißer
Flagge. Es wimpelt lustig von den hohen Masten, denen
Tausende zupilgern. Dieser Zuspruch erfreut uns:
das Interesse für Kunst wächst auch in Wien. Vor
wenigen Wochen erst haben die Secessionisten ihr Gast-
spiel geschlossen, und schon thun sich die Bildersäle der
Genossenschaft wieder auf. Und wieder folgt das Publi-
kum willig dem Rufe. So unmittelbar nach dem Massen-
aufgebot der Neuerer bietet die heurige Jahresausstellung
(666 Nummern) ein erhöhtes Interesse. Kenner sind
bewußt, Besucher unwillkürlich auf den Einfluß der
Secessionisten neugierig. Wer genau zuschaut, wird ihn
nicht verkennen und auch sein Gutes nicht. Unsere
Produktion zeigt Verständnis in Aufnahmefähigkeit für
dieses Gute. Die Zeit naht, wo die alten verhetzenden
Schlagworte verbraucht sein und wie leere Patronen-
hülsen herunterfallen werden. Man spürt etwas wie
Ausgleichsluft, die Gegner treten sich näher. Schon
ein kurzer Rundgang durch die Ausstellung zeigt dies.
Dann hat die diesmalige Bilderschau einen gewissen Reiz
der Neuheit; nicht daß sie gerade sensationell Neues
brächte, aber was sie bietet, Hat man bis jetzt zum wenigsten
schon anderswo gesehen. Ich will nicht sagen, daß die
Jury nicht hätte hie und da strenger walten können, daß
den hohen, gerade an diese Jahresausstellung, die mit den
noch frischen Eindrücken der letzten internationalen und
der Heerschau der Secessionisten zu kämpfen hat, zu
stellenden Anforderungen durchaus genügt worden wäre.
Im ganzen aber ist die Ausstellung mannigfaltig, reich
an interessanten Einzelzügen, vortrefflich angeordnet.

Lehrreich ist eine statistische Prüfung der Beteili-
gung, weil sie einen Rückschluß auf den Kunstmarktruf
Wiens gestattet. Daß dieser kein übermäßig guter,
ergiebt sich aus nachstehendem: Frankreich fehlt, aus Eng-
land wird einiges erwartet — wird es kommen? —

Wädchrnkopf. von Uugo Freiherr von ksabermann.

Frübjabr-Ausstellung ^895 der Münchener Secession.

Ungarn sehr spärlich, aus Berlin haben acht Maler aus-
gestellt und ist ein plastisches Werk ersten Ranges ge-
kommen; Düsseldorf ist mit wenigen aber vortrefflichen
Nummern vertreten, sonst aus Norddeutschland fast nichts.
Treu bleiben die Belgier, Italiener, die ja keinen Markt
versäumen, einige Spanier, die Polen, Süddeutschen:
München und Karlsruhe. Das ist das internationale
Kunstmenu für Wien. Auf die alte Sonderung der Dis-
ziplinen hin geprüft, weist die Ausstellung auf: zwei
Historien im früheren Sinne (von Tichy und dem Dres-
dener Pauwels) —die Gattung ist ja bekanntlich beim
 
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