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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
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Hart, Alice Marion Rowlands: "Unterliegen die Frauen auf dem Gebiete der Kunst?"
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Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0297

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2Zq> Jabresausstellung im Wiener Künstlerhause. — Unterliegen die Frauen auf dem Gebiete der Kunst. — Ausstellungen rc.

durch Maccos großgedachtes, Prächtig traktiertes Gletscher-
bild aus dem Rheinthale erfolgreich vertreten. Unter
den Berlinern muß nebst Müller-Kurzwelly und
Douzette insbesondere Willy Hamacher für sein
französisches Küstenbild genannt werden.

Unsere Landschafter gehen mit der gesunden Be-
wegung. Robert Ruß, Darnaut, Hugo Charlemont,
geben mit ihren feingestimmten Bildern den Lieblingstou
der Wiener Landschafterei. Ruß malt jetzt gerne Nebel-
schleier, als Maler des Sonnigen, Südlichen war er uns
sympathischer. Tarnauts „Erntebild" mit dem herab-
sinkenden Abend ist voll intimen Reizes, sein Tullner
Motiv sehr gut in der Lokalfarbe. Charlemonts „Birken-
allee" ist ein nobles Bild; Hörmanns Winterbild un-

Im Alkmäunrrhaus. von Rudolf Rißl.

Frühjahr-Ausstellung ^895 der Münchener Secession.

seres Mehlmarktes das weitaus beste, was wir von diesem
scharfschauenden Maler gesehen haben. Tina Blaus
„Praterpartie" hat ewig junge Vorzüge. Die beste
Schülerin der Frau Olga Wisinger-Florian, Marie
Egner, bringt eine hübsche Frühlingslandschaft. Für
das Tierstück kommen R. Huber, Franz Pausinger,
G. Ranzoni, der Berliner Falat mit Erfolg auf.
In Stilleben, Früchten, Blumen, bieten das Hervor-
ragendste Gysis, Kunz, Holmberg, Hugo Charle-
mont, Olga Wisinger-Florian. Ein Blumenbild
(Malven) ist uns ausgefallen. Es ist „Alice" signiert
und verrät flottes Talent und Geschmack. So bietet sich
der Überblick über Ölgemälde, die Spezialitäten und
Plastik werden wir nachtragen.

„Unterliegen die Frauen auf dem Gebiete
der Nunstr"

^!a, aber rühmlich." Die Frauen unterliegen in der Kunst
— ja, sie unterliegen, mit wenigen Ausnahmen —,
aber nicht weil es ihnen am gehörigen Ernst fehlt, sondern grade
weil sie ihre Pflichten so ernst nehmen. Die Kunstschule sowohl
hier in London wie diejenige in Paris weist eine große Anzahl
weiblicher Studierenden auf, welche mit unermüdlicher Geduld
die Schwierigkeiten der Anatomie des menschlichen Körpers, des
Aktzeichnens und aller Regeln der Kunst bewältigen, aber welche,
nachdem sie einen gewissen Höhepunkt erreicht haben, auf dem sie
ihren männlichen Konkurrenten gleichstehen, zur großen Mehrheit
keinen weitern Fortschritt machen. Die Männer schreiten zu
höherer Vervollkommnung vor, die Frauen stehen still. Warum?
Hauptsächlich darum, weil bei ihnen die Liebe und die Pflichten
des täglichen Lebens gebieterischer in ihren Forderungen sind
als die Anziehungskraft der Kunst. Eine leidende Mutter, eine
kranke Schwester wird — soweit ich uns alle kenne — imstande
sein, ein Mädchen von jenen Studien abzuhalten, welche eine
volle und ganze Hingebung verlangen, wenn sie Erfolg bringen
sollen, und — dem Einflüsse einer durch Jahrhunderte vererbten
Erziehung nachgebend — verzichtet es ohne Seufzer und Murren
und ohne Zögern auf Arbeit, Freude, Ehrgeiz und folgt dem
Rufe der Pflicht. Was nun die jungen Frauen anbetrifft, so
treten an die meisten von ihnen — die Jüngerinnen der Kunst
nicht ausgenommen — die den Geist völlig einnehmenden Pflichten
gegen den Gatten und die Kinder heran, und die Kunst wird an
den Nagel gehängt, um vielleicht nach einer weiten Spanne von
Jahren wieder ausgenommen zu werden, wenn die Kinder aus
dem Elternhanse ausgeflogen sind und die vereinsamt zurück-
gelassene Mutter nach Beschäftigung verlangt. Mrs. Humphrey
Ward hat in „David Grieve" mit seltener Einsicht die Seelen-
kämpfe einer jungen Kunstschülerin geschildert, die in ihrem Be-
streben, zwischen der Hingabe an ihre Liebe und an ihre Kunst
zu entscheiden, endlich unterliegt, indem sie, nachdem sie die viel-
versprechendste Schülerin des Ateliers gewesen, Malerin von
Gegenständen des Kunstgewerbes wird, um ihren siechen Gatten
zu unterstützen. So wird es immer sein mit den Frauen, und
mögen ihnen auch alle Thüren weit geöffnet und alle Hindernisse
niedergeworfen werden, welche ihr Fortschreiten in der Kunst, in
der Medizin, in der Jurisprudenz, in Staats- und anderen
Wissenschaften einschränken; die Männer haben nicht nötig, sich
wegen des Resultates Sorgen zu machen; denn die Frauen im
großen Ganzen werden unfehlbar erliegen, rühmlich erliegen, und
ihre Niederlage wird vielleicht der Welt eine bessere Lehre sein,
als die zahlreichen Erfolge der überlegenen Männerwelt, wie
auch Christus mit seinem Untergang am Kreuz mehr wirkte, als
die Römer mit ihrer Macht und mit ihren Siegen. Was wir
Frauen des neunzehnten Jahrhunderts verlangen, das ist, daß
uns all' die guten Gaben des Lebens freigegeben werden, sodaß
lvir sie wie die Männer in Besitz nehmen und ausnützen können,
auf daß auch wir — wofern wir's können — die Höhen der Kunst
und Wissenschaft erklimmen, damit auch wir uns erfreuen an der
vollsten individuellen Entfaltung und vollkommener 'persönlicher
Freiheit. Aber wenn alles gethan und erreicht ist, brauchen die
Männer doch nicht unfern Mitbewerb zu fürchten; denn die
Pflicht wird uns überall zurllckrufen, und unsre Liebe wird immer
unsre öffentliche Thätigkeit beschränken, wenn nicht vernichten.

(Mrs. Ernest Hart in >1be IUI/ Lrapbic«.)



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L.-v. München. Wie im Vorjahre hielt der rührige
Verein für Originalradierung in München im großen
Saale des Kunstvereins eine Schwarz-Weiß-Ausstellung ab, die
wiederum gut beschickt war, und eine Fülle hochinteressanter Ar-
beiten vorführte. Wir begegneten auch hier wieder einem Künstler,
der erst ganz kurz vorher in München neu aufgetaucht war, und
sich im Kunstverein dem Publikum mit einer ganzen Reihe größerer
und kleinerer Bilder, die ein ganz individuelles Gepräge hatten
und eine reiche Phantasie bekundeten, vorgestellt hatte. Fritz
Erler, ein junger Schlesier, brachte zwei Rahmen mit Zeich-
nungen, in denen wir denselben schöpferischen Geistund ein höchst
feinfühliges Stilisierungstalent wiederfanden, welches er auch auf
kunstgewerblichem Gebiet, in mehreren äußerst geschmackvollen
 
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