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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Berger, Ernst: Über die Pflege von Bildern in Gemäldegalerien
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0179

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Uber die Pflege der Bilder in Gemäldegalerien, von Ernst Berger. — Personal- u. Atcliernachrichtcn.

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in der Royal-Academy im Vergleich zur National-Gallery
von deren besseren Ventilation und der dort herrschenden
niedrigen Temperatur herrühre. Da die heiße Luft durch
die Lichischächte im Sommer und die Heizung im Winter
in den oberen Schichten unverhältnismäßig höhere Tempe-
raturgrade erzeuge, so ist es angezeigt, Ventilations-
öffnungen in gewisser Höhe über der Bilderreihe an-
zubringen, auch wurde vorgeschlagen, mittelst Luftpumpen
stets frische, durch Filter gereinigte Luft zuzuführen;
dies sind Gesichtspunkte, die bei Neuanlage von Galerien
mitzusprechen haben werden. Schon die gewöhnliche Gas-
beleuchtung in Privalzimmern, Palais rc. bewirkt in den
oberen Luftschichten eine enorme Steigerung der Hitze,
wovon man sich leicht überzeugen kann, so daß z. B. der
obere Teil eines Porträts in Lebensgröße sich unter
ganz anderen Temperaturverhältnissen befindet als der
untere.

Gegen den großen Mißstand von zu trockener Luft,
welcher die Folge der hohen Oberlichtsäle in modernen
Galerien in heißen Sommermonaten (ff- 28 ° R. und
darüber) ist, wurde vorgeschlagen, Wasserbehälter und
Zerstäuber aufzustellen, wie erstere im Kölner Museum
Wallraf-Richartz bereits im Gebrauch sind, um das
Werfen der Holzunterlage, auf welcher fast alle Bild-
werke des 15. und 16. Jahrhunderts gemalt sind, zu
verhüten. Wie es heißt, sollen aus demselben Grunde
neuerdings alle auf Holztafel gemalte Bilder der Eremitage-
Galerie in Petersburg nach und nach auf Leinwand über-
tragen werden! Von anderer Seite wurde wieder geltend
gemacht, daß gerade die Feuchtigkeit, welche für Holz-
tafel unerläßlich ist, für die Leinwand besonders von der
unbemalten Rückseite aus, nachteilig wirken müßte und
sich die Leinfaser zu stark zusammenzieht, „da ein nasses
Tuch stets kürzer ist und durch Nebel die Zeltpflöcke
ausgerissen werden"; es ist deshalb anzuraten, durch
geeigneten Überzug die Leinwand von rückwärts zu
schützen. Man ersieht daraus, daß die Sorge um gute
Erhaltung der Bilderschätze in den Galerien genug Arbeit
und Kopfzerbrechen zu verursachen geeignet ist.

Nach den bisherigen Erfahrungen kann konstatiert
werden, daß in geheizten Galerien die Temperatur nie
über 12° R. (15 ° C.) steigen darf. Der Besucher,
welcher von der Straße kommt, läßt seine Überkleider
ohnehin in den seltensten Fällen in der Garderobe,
während Kopisten sich in geeigneter Weise durch wärmere
Kleidung vorsehen können. Im strengen Winter ist da-
für Sorge zu tragen, daß auch außer den Besuchs-
stunden die Temperatur nicht allzu sehr sinken kann, da
nichts gefährlicher ist, als der fortwährende Wechsel der-
selben. Es müßte auch auf Holztafeln durch eine deckende
Schichte von rückwärts die Einwirkung von wechselnden
Temperatur- und Feuchtigkeitseinflüssen vermindert werden
und bei besonders wertvollen Gemälden durch Glas von
vorne jede zufällige Beschädigung unmöglich gemacht sein.
Warum könnte man nicht auch den Versuch machen, durch
vollständige Auspumpung der Luft in hermetisch^ ver-
schlossener und verglaster Umrahmung die Einflüsse der
Luft und Feuchtigkeit auf ein Minimum zu reduzieren?
Bei Werken, die Hunderttausende gekostet haben oder
wert sind, können doch diese Auslagen nicht in Frage
kommen I

Die größte Vorsicht und allergrößtes Mißtrauen
hat aber bei Umhängung der Bilder in neugebaute Säle

zu walten, denn durch solchen Wechsel des Platzes ist
schon manches Unheil passiert; so hat die Belvedere-
Galerie in Wien durch den Umzug ins neue Hofmuseum
vielleicht im Verein mit zu starker Heizung eine Beschädigung
des prächtigen Mittelbildes von Rubens' Jldefonso-Altar
zu bedauern, welche in Form eines Sprunges in der
Dicke eines kleinen Fingers durch die obere Hälfte aller
Figuren sichtbar ist.

Bezüglich der modernen Bilder möchte ich mir er-
lauben, einen Vorschlag zu machen, der den Konservatoren
und Restauratoren späterer Zeit ihre Arbeit erleichtern
und auch der künftigen Künstlergeneration manche Ent-
täuschungen ersparen könnte; ich adoptiere damit eine
Idee, welche vor einiger Zeit Professor von Lenbach ge-
äußert, indem er den Wunsch ausgesprochen, daß die
Künstler der Jetztzeit ihre technischen Erfahrungen während
ihres künstlerischen Schaffens an irgend einer Akademie
in geeigneter Weise niederlegen sollten, so daß mit der
Zeit daraus das Material für die Grundlagen einer
rationellen Technik gebildet werden könnte. Einfacher
und praktischer ließe sich diese Idee durchführen, wenn
die Galerieleitungen, welche ein Bild eines Künstlers
erwerben, durch besonderen Fragebogen sich alle wissens-
werten technischen Details geben lassen, die bei später
eventuell nötigem Auffirnissen rc. berücksichtigt werden
könnten. Auch wären an alle noch lebenden Künstler,
welche mit Werken in der Sammlung vertreten sind,
derartige Fragebogen zu senden, welche über die Technik
dieser Bilder, soweit der Künstler sich zu erinnern ver-
mag, oder über seine Technik im allgemeinen Aufschluß
verlangen.

Ein derartiges, durch lange Jahre gesammeltes
Material hätte für die Erhaltung von Kunstwerken un-
schätzbaren Wert und unsere schaffenden Künstler würden
sicher nur daraus Nutzen für eine „solide" Technik
ziehen können. Denn Künstler, welche sich nicht darum
kümmern, ob ihre Schöpfungen von Dauer sein werden,
„bauen ihr eigenes Monument in den Sand".

— München. Zum Neujahrsfest hat S. K. Hoheit der
Prinz-Regent dem Professor Anton Braith den Michaels-
Orden, sowie den Malern Edmund Harburger und Hugo
König den Professor-Titel verliehen. lsssq

— Berlin. Am 25. Dezember feierte Ludwig Pietsch,
der bekannte Knnstschriftsteller, seinen 70. Geburtstag und wurde
aus Anlaß dieses durch die Verleihung des Professor-Titels aus-
gezeichnet. Die „K. f- A." wird in nächster Zm Veranlassung
haben, eingehend auf den Lebenslauf und das Wirken des Jubilars
zurückzukommen. Wssi

— Darmstadt. Professor Heinr. von Angeli erhielt
den Auftrag, das russische Kaiserpaar bei Gelegenheit eines hier
im Januar zu nehmenden Aufenthaltes zu malen. lW-4j.

— Leipzig. Geh. Hofrat Professor vr. Ludwig Nieper,
der Direktor der hiesigen Kunstakademie und Kunstschule, wird
am I. Februar die Wiederkehr des Tages feiern, an dem
er vor 25 Jahren seine Lehrthätigkeit an der hiesigen Akademie
begann, auf deren erfreuliche Erfolge der Herausgeber dieser
Zeitschrift gelegentlich der Besprechung der im Jahre 189 l er-
schienenen akademischen Festschrift hat Hinweisen können. Zu

früheren Schülern des am 12. Juli 1826 zu Braunschweig ge-
borenen Meisters zählen an Münchener Künstlern u. a. Otto
Strützel, Fritz Bergen, Arthur Langhammer, Herrn. Schlittgen,
Paul Felgentreff, Otto Hehler. isss-i
 
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