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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Tanera, Karl: Überlistet, [2]: ein modernes Märchen
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0358

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28§

Überlistet. Von Tanera. — Personal- und Ateliernachrichten.

wirklich überlistet hätte, wäre ich nicht wachsam auf dem
Posten gewesen. Nun höre, was Dir ein Kollege sagt,
dessen Name dauernd bleibt, mögen neuauftauchende
Malarten auch noch so sehr den Geschmack der Menge
vorübergehend beeinflussen.

Nicht das scharfe, körperliche Auge und sein realistisches
Sehen, nicht die ruhige Hand machen in erster Linie den
großen Maler, den auf die Dauer berühmten Künstler.
Sie gehören dazu als notwendige Bedingung. Das
Wichtigste jedoch ist der Geist, das seelische Auge, mit
dem der Künstler sieht und schafft. Du kannst Großes
erschauen. Aber der Satan hat einen Schleier auf Dein
Seelenauge gelegt, der Dich wohl Wahres, aber nur
häßlich Wahres sehen läßt. Wahr ist aber nicht nur
das Reale, das allein der Satan und seine Anhänger
begreifen. Wahr ist auch das Ideale. Wahr ist die
innere Herzensbefriedigung, welche jene Menschen erfaßt,
deren Gemüt durch schöne ideale Kunstwerke gehoben
wird; wahr ist die Frömmigkeit, zu welcher ein einfacher
Mann durch überirdisch aufgefaßte Bildwerke angeregt
wird; wahr ist der Genuß, den hohe, vornehme Kunst
bereitet; wahr das Glück, das edle Menschen in dem
Erheben über die realistische Niedrigkeit empfinden; wahr
auch das unbefriedigte, ekelerregende Gefühl, welches
Dich selbst und alle tieferen Menschen beim Anblick ein-
fach abgemalter Naturhäßlichkeiten durchdringt.

Das überdenke Dir. Wenn Du zuerst mit dem
Geiste und dann erst mit Deinem kundigen Auge und
Deiner geschulten Hand malst, wenn Du nicht nur über-
legst, was Du schaffst, sondern auch wie Deine Schöpfung
wirken wird, dann kannst Du echte, schöne Heiligenbilder
malen, dann wirst Du meinen Ruhm erreichen.

Willst Du es versuchen?"

„Ich will."

Freundlich grüßend verließ der Mönch das Atelier.
Er murmelte zufrieden vor sich hin: „Vielleicht vernichten
meine Worte den listigen Anschlag des Satans. Dann
wäre mein Zweck erreicht und der Teufel selbst doch
noch überlistet."

Vignette. Von Karl Strathmann.

tr. Düsseldorf. Am 29. September d. I. feiert Prof.
Andreas Achenbach seinen 80. Geburtstag. Dem großen
Altmeister der deutschen Landschaftsmalerei sind zu diesem Tage
besondere Ehrungen zugedacht. Bon einer nochmaligen Achenbach-
Ausstellung, wie eine solche vor 10 Jahren, zur Feier seines
siebzigsten Geburtstages veranstaltet war, wird Abstand genommen
werden müssen, da der erreichbare Teil seiner hervorragendsten
und für sein Schaffen bezeichnendsten Werke damals hier zur
Schau gebracht war. Sein großartiges Schaffen auf dem Gebiete
der Landschafts- und Marinemalerei ist weltbekannt; weniger be-
kannt dürfte es sein, daß Andreas Achenbach auch als Maler-
Radierer thätig gewesen ist. Er hat vor etwa 30 Jahren eine
Folge von landschaftlichen Motiven und Marinen radiert, welche
von Kennern und Liebhabern von Maler-Radierungen sebr ge-
schätzt sind. Die Kunsthandlung von Otto Schütze in Düsseldorf
besitzt noch einige Exemplare dieses gänzlich im Handel vergriffenen
interessanten Heftes mit Radierungen des Altmeisters.

V2. Goslar. Tie Arbeiten zur künstlerischen Ausschmückung
des Kaiserhauses in Goslar, die seitens des Kultusministers die
weitgehendste Fürsorge genießen, nehmen einen günstigen Verlauf;
Professor Wislicenus-Düffejdorf ist zur Zeit mit dem letzten
der größeren Gemälde an der Westwand des Kaisersaales be-
schäftigt. Es hat zum Vorwurf; „Der Reichstag zu Worms"
und wird durch Wislicenus in Gemeinschaft mit dem Maler
Weina ck-Düsieldorf ausgesührt. Der Berliner Bildhauer Robert
Toberentz hat die Modelle für den Guß zu den von ihm model-
lierten Reiterstandbildern Kaiser Wilhelm I. und Friedrich Bar-
barossa vollendet. Ihr Guß ist inzwischen in Angriff genommen
worden. Diese Bildwerke werden vor dem Kaiserhause Auf-
stellung finden. Iii78j

— Belgrad. Der Porträtmaler Bonnat ist hier ein-
getroffen, um ein lebensgroßes Porträt des Königs Alexander
zu malen. Iiisil

— London. Der Maler I. M. Waterhouse ist zum
ordentlichen Mitglied (Academician) der Royal Academy in
London erwählt worden. inss;

— Wien. Von Mitgliedern der Münchener Secession wur-
den auf der Jahresausstellung im Künstlerhause die folgenden
Künstler ausgezeichnet: L. Dettman n und I. Leemp oel s mit
der großen, Prosessor G. Kuehl und F. Khnopsf mit der
kleinen goldenen Staatsmedaille. >Mdl

— Venedig. Der hiesige Maler Grosso wurde von
der Kaiserin von Oesterreich beauftragt, einen Cyklus von Illu-
strationen zu Gedichten Heinrich Heines zu malen. ln«3I
— Valencia. Josä Benlliure ist nach 14 jähriger
Abwesenheit in Rom nach Valencia zurückgekehrt, um den Sommer
dort zu verleben. — Es wurde ihm besonders von der Künstler-
schaft ein herzlicher Empfang zuteil. ins»!

— München. Akademieprofeffor W. von Diez beging
die Feier seines 25jährigen Jubiläums als Professor an der
Münchener Akademie der Künste. Zahlreiche Freunde und Schüler
hatten eine intime Feier im Orpheumssaale veranstaltet, welche
in animiertester Stimmung verlief und einen höchst familiären
Charakter trug. Unter seinen Schülern verdienen besonders ge-
nannt zu werden: Piglhein, Holmberg, Weiser, Weishaupt und
der jetzige Akademiedirektor Löfftz. 1118«)

— Wien. Die vom Erzherzog Karl Ludwig gestifteten
Protektor-Medaillen wurden in der diesjährigen Jahresausstellung
im Künstlerhause an folgende drei Künstler verliehen: Jos. von
Brandt (München), Hans Temple (Wien), Professor Edm.
Hellmer (Wien). lEI

— München. Die Mal- und Zeichenschule von Paul
Schultze-Naumburg und dessen Frau Ernestine, geborne
Mack, versendet soeben ihre Prospekte für ihren Landschaftskurs,
der während der Monate Juli, August und September im Saal-
thal (Thüringen) stattfindet. ln»2I

^Berlin. Akademische Konkurrenzen. Die von
der Akademie der Künste für 1895 ausgeschriebenen Reisestipen-
dien wurden stark umworben. Um die beiden Staatspreise für
Maler und Architekten bewarben sich je sechs Konkurrenten, um
den von Rohrschen Preis — 4500 M. zu einer einjährigen
Studienreise, deren Ziel in das Belieben des Siegers gestellt ist —
sind acht Bildhauer in den Wettbewerb getreten; der eine von
ihnen, Otto Boifferäe aus Köln, hat seine Kunst in München
 
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