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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Muther, Richard: Die Schack-Galerie in München, [2]: zu ihrer Neueröffnung
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Preis-Ausschreiben - Vermischte Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0456

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Z62

Die Schack-Galerie in München. Von j)ros. Or. R. Nut her. — Personal- und Atelier-Nachrichten.

bis zu den Anfängen des Paysage intime verfolgen.
Von dem alten Tiroler Josef Anton Koch, dem ersten,
der im Beginne unsers Jahrhunderts wieder Landschaften
zu malen wagte, sieht man eine Ziegelhütte bei Olevano.
Karl Rottmann, der Meister der Arkadenbilder des
Münchener Hofgartens, steuert einige stilisierte Land-
schaften, Friedrich Preller zwei Odysseebilder bei.
Fritz Bamberger vertritt die Zeit, da die deutsche
Landschaftsmalerei mit dem Eifer des Entdeckers die
Welt durchzog und nur in der Fremde dankbare Motive
zu finden glaubte. Mit Christian Morgenstern und
Eduard Schleich setzt die Thätigkeit derer ein, die in
schlichter redlicher Naturbeobachtung die Reize des Heimat-
landes schilderten.

Wenn ich von Lenbach erst zum Schluffe spreche,
so hat das seinen Grund darin, daß er zur Bedeutung
der Galerie mehr durch seine Kopien als durch Original-
werke beiträgt. Wohl ist der Hirtenknabe, der auf dem
Rücken ausgestreckt im hohen blütenreichen Grase liegt
und in die staubige, von Schmetterlingen und Libellen
durchschwirrte Luft des römischen Sommertages hinauf-
blickt, ein ganz vorzügliches Bild, das in der Geschichte
der deutschen Malerei seine feste Stellung hat. Ein so
unbefangener, mutig rücksichtsloser, mit allem Herkömm-
lichen brechender nackter Realismus in der Darstellung
der Wirklichkeit war im Jahre 1856 in Deutschland
etwas völlig Befremdliches und Neues. In solch un-
bedingter Wahrheit hatte man ein Stück Natur in der
Neuzeit nicht geschildert gesehen. Der braune Bube
schien leibhaftig dazuliegen, von der glühenden Mittags-
sonne Plastisch modelliert, die nackten sonnverbrannten

Bildnis, von Ludwig Aeller.

Füße mit einer dunkeln Staub- und Schmutzkruste vom
Morast des feuchten Bodens bedeckt. Wohl ist es ferner von
großem Interesse, ein paar Landschaften, die einzigen wohl,
die Lenbach gemalt hat, hier kennen zu lernen. Und auch
sein Selbstporträt ist eine brillante Arbeit. Aber ganz un-
übertroffen sind die Kopien, die er für den Grafen Schack
gemalt hat. Als er sich kaum in München nieder-
gelassen hatte, erhielt er von Schack den Auftrag, einige
von dessen Lieblingsbildern in Italien und Spanien zu
kopieren und machte in diesen Jahren eine Schule für
das Verständnis alter Meister durch wie von seinen Zeit-
genossen keiner — eine Schule, die ihn später auch zu
den wohlverdienten Triumphen seiner eigenen Kunst
führte. Wenn seine Bildnisse ein so vornehm altmeister-
liches galeriefähiges Gepräge tragen, so verdanken sie es
den Kenntnissen, die er sich bei der Anfertigung dieser
Kopien erworben — der besten wohl, welche die Kunst-
geschichte überhaupt verzeichnet, der einzigen sicher, die,
wie Schack selbst schreibt, „mit dem Original vertauscht
werden könnten, ohne daß jemand es merken würde".
Tizian und Rubens, Velazquez und Giorgione, Tintoretto
und Murillo, Andrea del Sarto und van Dyck hat er
mit gleichem Zauber nachgeschaffen. Kein anderer ver-
senkte sich mit solcher Schärfe in alle Feinheiten ihrer
Technik. Aber auch ihrer vollen Größe ist er sich be-
wußt geworden und stets bewußt geblieben, so daß man
hier von den Originalen selbst im Genuß der ausge-
suchtesten malerischen Schönheiten schwelgen, die großen
Meister in ihren Charakteren studieren kann.

Die übrigen Kopien von August Wolf, Karl
Schwarzer, Ernst von Liphart und Hans von
Marees stehen zwar nicht ans der Höhe Lenbachs,
sind aber ebenfalls sehr tüchtige Leistungen und gewinnen
eine erhöhte Bedeutung dadurch, daß sie samt und sonders
wirklich außerordentliche Kunstwerke nachbilden, die oben-
drein durch ihren entlegenen oder ungünstigen Auf-
stellungsort im Original der Betrachtung entrückt sind.
In der That ist der Einfluß, den gerade Schacks Kopien-
sammlung auf die moderne Kunst ausübte, ein außer-
ordentlich großer. In diesen Sälen holten in den
siebziger Jahren die Münchener Künstler sich Rat, um
sich nach der koloristischen Dürftigkeit von früher wieder
zu einer nüancenreichen Malweise emporzuranken. Und
diese Säle werden auch in Zukunft für sie ein Zufluchts-
ort sein, wo ihnen von stummen Propheten immer und
immer wieder die echte hohe Kunst gepredigt wird.

— München. Von der Akademie. Professor Iohann
Leonh. Raab, der bekannte Kupferstecher und Radierer, tritt
auf seinen Wunsch, nach jetzt vollendetem 70. Lebensjahre in den
Ruhestand. Vom Prinzregenten ist ihm aus diesem Anlaß der
-ritel eines Kgl. Geheimen Hofrats verliehen worden. An seine
Stelle als Lehrer an der Akademie tritt Professor Heinrich
Zügel, der damit wieder dauernd nach München zurückkehrt.
Von Mitgliedern der „Secession" gehören jetzt drei dem Lehr-
körper der Akademie an: Höcker, Stuck und Zügel. — Am
Schlüsse deS Schuljahres 1894/85 wurden seitens des akademischen
Kollegiums von ausgestellten Arbeiten der Studierenden neben
einer großen Anzahl solcher, die lobende Erwähnung fanden, die
nachstehenden besonders ausgezeichnet: durch die bronzene Me-
daille: Anner, Eickmann; durch die kleine silberne Medaille:
Vollmer, Rheinberger, Seiler, Johannes; durch die
große silberne Medaille: Heilmaier. M'i;
 
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