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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Fuchs, Georg: Richard Wagner und die moderne Malerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0128

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X. Jahrgang. Heft 7

i. Januar 1895

4- HerauFgegeben von Friedrich Pechr -<

„Die Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geheftet. Bezugspreis im
Buchhandel oder durch die Post (Reichspostverzeichnis Nr. 3750, bayer. Verzeichnis Nr. 438, k. u. k. österr. Zeitungsliste Nr. 1447) 3 M. 60 Pf. für das Vierteljahr

(6 Hefte); das einzelne Heft 75 Pf.

Richard Wagner und die moderne Malerei.

von Georg Fuchs.


Porträt der Frau von H. von Lonrad Kieset

das Problem des zu Ende gehenden
Jahrhunderts. In der „Romantik" fand
auf die eine oder -die andere Art alles,
was an Anästhesie lebendig und beliebt
war, seine Rechtfertigung. Verdächtig war
sie verfeinertet: Geistern von jeher, ver-
dächtig schon durch ihren Ursprungs auf
unästhetischem Gebiete im bewußten Gegen-
satz zu Goethe. Sie entstand ans der
Empörung der am „Stofflichen" fest-
haftenden bürgerlichen Elemente gegen die
galante Ästhesie der Fürstenhöfe des
Rokoko, welcher auch Goethe als Person
angehörte, freilich, um sie zeitlich und
ideell weit, weit zu überleben, um sich aus
ihrem Abendröte plötzlich und geheim als
übermächtige Sonne zu erheben und ein-
sam im Glanze zu verharren in sascnla
5Lscn1ornin. Was sich uns, den Zer-
trümmerern und Verächtern der Romantik,
wieder eröffnet hat und zum geistigen
Inhalt unseres Lebens wurde, das keimte
alles unter jener Sonne, die fast ein
Jahrhundert lang auf eine dürre Steppe
schien, aus der sich wenige befreiten und
emporstiegen. So muß uns zunächst das
Verhältnis der Romantik zu Goethe be-
deutsam erscheinen. Ihre vornehmsten und
geistvollsten Führer vermißten an Goethe
ein gewisses, mysteriöses „Etwas", das
scheinbar rein ästhetischer Natur war: ich
will es symbolisch den „Goldgrund"
nennen. Es schien ihnen, als habe der Meister die Märchenwälder der dunklen Heimat ganz vergessen, als
sei er, von äußeren Theorien veranlaßt, aus dem kulturellen und ideellen Banne seines Volkes gewaltsam
herausgeschritten. Sie sahen bei ihm nur antike, strenge Peristile, Fassaden von Palladio, ein klassisches,
kühles Gleichmaß ohne Leidenschaften und Greuel, ohne Bauern, singende Dirnen, fahrende Schüler,

t-

Di- Aunfi für Alle X.
 
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