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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Schulze, Otto: Bilder und Rahmen, [3]
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182

Bilder und Kähmen.

von Dtto Schulze, Köln.

(Schluß aus Heft 11.) Nachdruck verbaten.

^iLrößere Bilder sollen thunlichst die Mitte der Wand-
fläche einnehmen, kleinere Bilder lassen sich auch
in Beziehung auf einen Schreibtisch oder ein andres
niederes Möbel als Mittelaxe sehr gut verteilen. Man
sollte davon abstehen, auf einer sogenannten Bilderwand
seine ganze Kunst auszubreiten; solche Fläche ermüdet
das Auge zu leicht, auch beeinflussen die Bilder zu sehr;
ein Zusammenwirken ist oft schwer möglich, und dann
ist es besser, die Bilder zu verteilen, oder — nicht auf-
znhängen. Alles galeriemäßige Aufhängen in reihenweiser
Anordnung muß in Wohnräumen vermieden werden;
wer im Besitz vieler
Bilder ist, deren
Zeigen Genuß ge-
währt, dürfte auch
wohl in der ange-
nehmen Lage sein,
sich ein eigenes Bil-
derzimmer leisten zu
können. Nirgends
darf man fühlen,
daß des Guten zu
viel geschehen ist. —

Für gewöhnlich ge-
schieht das Aufhängen
der Bilder mittels
Lsen und Haken, bei
schwereren Bildern
auch eingegipsten
Klammern. Die Zu-
hilfenahme der
Schnurdekoration,
wie solche schon im
17. Jahrhundert zur
Anwendung kam und
in neuerer Zeit in
Amerika und verein-
zelt auch bei uns
wieder Aufnahme ge-
funden hat — viel
Freunde hat sie sich
bisher nicht erworben
— bietet bei größeren und einzeln hängenden Bildern
dem Auge eine befriedigende Lösung für den Begriff
„Hängen". Aber selbst wenn wir eine derartige Vor-
richtung nicht sehen, die mehr als eine entbehrliche
Spielerei gelten darf, haben wir das Gefühl der sicheren
Befestigung, weil öse und Haken — oft sogar inner-
halb des Rahmens, also verdeckt, durch den Jahrhunderte
langen Gebrauch selbstverständlich geworden sind. Die
Schnüre mit ihren Knöpfen und Quasten schaffen dem
Bilde meistens eine zu unruhige Umgebung; Sammlung,
nicht Zerstreuung, muß die Nachbarschaft von Bildern
spenden. Nur bei freistehenden Staffeleibildern sollte
Stoffdekoration angebracht werden, weil diese an Stelle
der fehlenden Wandfläche einen geeigneten Hintergrund
schaffen muß. — Über den Stil der Rahmen will ich
noch bemerken, daß die Wahl desselben keiner Be-
schränkung unterworfen ist bis zur Grenze des irgend

Denkmal der Maria Theresia, von Johann Fadrnsz.

Möglichen. Jedenfalls beeinflussen Rahmen selten fühl-
bar die gesamte Stimmung eines Zimmers sobald das-
selbe nicht durch allzuviel Bilder einen Galeriecharakter
erhält. In andrer Hinsicht ist es ja selbstredend, daß
ein Bildnis Friedrich des Großen nicht in einen gotischen
oder alten Renaissancerahmen, oder eine rafaelische Ma-
donna in einen Rokokorahmen gesteckt werden darf. Am
besten thut man, den goldenen Mittelweg einzuschlagen,
d. h. möglichst solide und schöne moderne Rahmen zu
verwenden, wo man irgend welche Zweifel hegen sollte.
Ein „Rubens" fühlt sich nirgends wohler, als in einem

schweren Barockrah-
men, und ein „Wat-
teau" muß seinen
kecken, zierlich gehal-
tenen Rokokorahmen
haben und dann in
Blau, Rosa oder
Gelb mattduftig ge-
stimmt mit glitzern-
dem Goldornament.

Soll ich noch einige
Winke für die Wahl
von Bildern in ihren
Vorwürfen (Sujet)
geben?! Viele wer-
den sich hierin wohl
kaum etwas sagen
lassen; das Ganze ist
eine heikle Sache und
mehr von dem Ge-
mütsleben des ein-
zelnen und seiner

Stellung zur Kunst
abhängig. Meistens
wird ja wohl die
Landschaft im Zim-
mer prangen als Er-
satz der dem Groß-
städter in seinem

Häusermeer fehlen-
den Natur. Die

Marine (das Meer) sieht man schon seltener, obgleich
das Singen und Sagen vom Meer und das Sehnen
nach ihm so groß ist. Es kommt daher, daß erstens

mehr Landschafts- als alle andern Maler zusammen-
genommen ihre Kunst ausüben, wodurch eine Über-
produktion entsteht, deren Strom sich dann in die

Wohnräume ergießt; zweitens haben aber auch viel mehr
Menschen Landreisen, Gebirgstouren gemacht, das Bild
einer gesehenen schönen Gegend hat darum doppelte An-
ziehungskraft: es ist ein Stück Erinnerung. Trotz des
Wachsens der Seebäder und des häufiger gewordenen
Reifens zu Wasser giebt es noch viele Menschenkinder,
die das Meer nicht gesehen haben. Das Meer mit
seinen Phantasien, seinem Wogenrauschen lebt in uns
vielfach mehr in einem Traumleben; wir möchten das
Meer gern sehen, verzichten aber auf sein Abbild in
nnserm Zimmer — das lebendige Meer ist etwas andres
 
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