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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Allerlei von der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0272

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Allerlei von der Kunst.

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Wirksflube in Winklern, von Franz'von Defregger zsso gezeichnet.

Allerlei von der Ärmst.

von T—r, München.

(Schonzeit. — Gelegentliche 2leußerung des Aunftlebens. — Der INünchener
Aunswerein. — Teilnabnre des j?ublikunis. — Verdrängung der Schulen durch
den Individualismus. — Sensationserscheinungen. — Das Abwechslungsbedürsnis
und seine Ursachen. — Anteil der Presse. — Ueue Aompositionen. — „Die
Idee in der Aunst." — Aesthetische Streiflichter.)

ie Kunst lenkt immer mehr in die Bahnen der Po-
litik ein. Spaltungen über Spaltungen; ein Kampf
ohne Ende, in dem jede Partei, jede Persönlichkeit
sich und ihre Ziele mit dem größten Nachdruck zur Gel-
tung zu bringen trachtet. Diesem Wesen entsprechen
vollkommen die Entwicklung und Organisation der Kunst-
ausstellungen, in welchen die einzelnen Kräfte, um in
der breiten Arena des Weltmarktes sich zu messen, mög-
lichst oft zu Worte kommen wollen.

Immer kürzer werden die für die Vorbereitung zu
diesem Wettkampf nötigen Intervalle; in gleichem Maße
spärlicher auch die, im Kunstverein oder in den Salons
der Kunsthändler preisgegebenen Probestücke, durch welche
wir während dieser „Schonzeit" mit dem still fort-
muckernden Kunstleben noch in Fühlung erhalten werden.

Manches Interessante tritt auch hierbei zu Tage,
meistens aber Mittelgut; fast in allen Fällen — Be-
kanntes. Man weiß schon im voraus, was man zu
gewärtigen hat: die guten Maler malen zuweilen Gutes,
die anderen — wie sie's eben können.

Seine eigentliche Aufgabe, ein fortlaufendes Bild
der hiesigen zeitgenössischen Produktion zu bieten, erfüllt
der Kunst verein schon lange nicht mehr, da infolge
hier nicht näher zu erörternder Umstände und der daraus
erwachsenen unseligen Spaltungen in der Künstlerschaft
nicht wenige bedeutende Talente sich abseits halten.

Die immerhin nicht fehlenden bemerkenswerten Er-
scheinungen sprechen sich in der Stadt herum. Das
Publikum geht den Namen nach, ohne sich weiter heftig
aufzuregen. Zu gewissen Stunden des Sonntags ver-
sammelt sich in dem behaglichen Palazzo an den Hof-
gartenarkaden das ganze Kontingent der Kunstverstän-

digen und derer, die es wer-
den wollen, sowie das sinnig
genießende und raison-
nierende Philisterium. An
Wochentagen findet die ge-
wöhnliche, bescheidenere Cir-
kulation statt, je nach der
Gelegenheit verstärkt. Ein
neu ausgestelltes Bild von
Grützner oder Uhde, von
Gabriel Max oder Fritz
August Kaulbach muß
man natürlich gesehen haben.
Im übrigen herrscht weniger
Anteilnahme, als man in
dem sich seines Ranges als
Kunstmetropole Deutschlands
bewußten München erwarten
sollte. Es muß etwas ganz
Ausgefallenes sein, was das
latente Interesse entfesselt.

Früher waren es die
Schulen, die revolutionären
natürlich, deren Stempel
die Anziehungskraft gewähr-
leistete. Ein kreideweißes Main air-Bild, eine zolldick
anfgetragene impressionistische „Farbensymphonie", oder
eine möglichst unverständliche Ausgeburt des Symbolis-
mus — darum scharten sich die weisheitsträchtigen und
streitbaren Parteigänger, weils eben Pleinair oder im-
pressionistisch oder symbolistisch war. Es war die Firma
oder das Schutzmarkzeichen, was den Wert bedingte. Die
Franzosen, die Schotten, und wieder die Franzosen waren
die intellektuellen Urheber.

Das zieht nicht mehr recht. Das ganze Schulen-
wesen hat den Reiz der Neuheit verloren. Über „Rich-
tungen" wird kaum mehr debattiert, da die bezüglichen
Breschen geschlossen sind: wir traten, in der Malerei wie

Bus Defreggers vorakadrmischrr Zeit.
 
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