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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Hann, Pauline: Ausstellung von Frauenporträts in der Academy of Design in New York
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0175

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Aufstellung von Frauengorträtf in der Academu of Design

in Mein MrK.

von p. B>ann.

it>ach dem Muster der vorjährigen Ausstellung moderner
s»^ und historischer Frauenbildnisse in der Grafton-
Galerie zu London, wurde nun auch eine solche in
New Jork eröffnet. Und zwar mit demselben über-
raschend großen Erfolge, wie ihre Vorgängerin über
dem Wasser. Freunde des Unternehmens hatten gefürchtet,
dasselbe werde nur eine schwache Kopie werden, da den
Londonern alle die unermeßlichen im Laufe zweier Jahr-
hunderte angehäuften Schätze englischen Privatbesitzes
zur Verfügung standen, während man hier kaum dreißig
bis vierzig Jahre zurückrechnen muß, um die Gründung
der ersten Privatgalerie zu bezeichnen. Aber die Aus-
stellung beweist, daß selbst zur Zeit, da der Sinn für
die Kunst in der jungen Kolonie und später im neu-
gegründeten Freistaate kaum erwacht war, das Porträt
die liebevollste Pflege erfuhr. Und diese alten Familien-
verhältnisse wurden mit einer Pietät aufbewahrt, welche
man den Amerikanern kaum als Attribut beigelegt
hätte. Was vollends die modernen Krösusse mit ihren
schwindelerregenden Reichtümern betrifft, so haben sie
zur Verewigung ihrer schönen blonden Töchter und
ihrer stattlichen weißhaarigen Matronen die größten
Künstler der Gegenwart herangerufen.

Leider blieben die Kunstwerke, die so entstanden,
nur einem sehr beschränkten Kreise zugänglich. Die
Ausstellung, deren Ertrag dem Hospital für verkrüppelte
Kinder zufließt, bringt nun für wenige Wochen diese
vergrabenen Schätze ans Tageslicht. Fünf Säle sind
mit Porträts behängen, während Schaukästen mit den
pötzlich wieder in Mode gekommenen Miniaturbildern
die Mitte der Räume ausfüllen. Man sollte denken,
daß solch eine Anhäufung von Frauenschönheit monoton
wirken müßte. Allein von der Kunst der Gegenwart
gilt wahrlich das Wort: „In meines Vaters Hause sind
viele Wohnungen". Wohl nie vorher zeigte sich solch
eine Vielfältigkeit in Auffassung und Malweise. Die
Werke einer Epoche — ob es sich nun um die großen
Meister Italiens oder die genialen Kleinmaler und
Porträtisten Hollands handle — weisen sonst, unbe-
schadet aller Originalität der Künstler, einen Familien-
zug auf, der es selbst einem Laien möglich macht, ein
Gemälde als einer bestimmten Zeit angehörig zu be-
zeichnen. Aber die Bilder von heute muten den Be-
schauer an, als sprächen sie in verschiedener Zunge, als
gäbe es keine Brücke von dem einen zum andern. Neben
einem Cabanel, der eine blonde Millionärin in den
Kissen eines Divans vergräbt, — sauber, geleckt, tadel-
los und dabei so kühl empfunden, so akademisch und
vornehm, als hätte er eine Puppe und nicht ein lebendes
Geschöpf vor flch gehabt, hängt ein Bild von Anders
Zorn, dem norwegischen Impressionisten, der, seit der
Chicagoer Ausstellung in Amerika vielfach anerkannt,
die Tochter eines bekannten New Jorker Bankiers und
Philantropen gemalt hat, ein Bild, das von Leben und
modernster Farbenempfindung förmlich überquillt, auf
dem dichte Schatten und grelle Lichter liegen, und das
uns packt, während es unfern Widerspruch erregen mag.
An derselben Wand hat der pikanteste aller Porträt-

maler, der nicht ein Bildnis gefertigt, das nicht gleich-
zeitig ein Sittenbild wäre, Raimundo deMadrazo, ein
blutjunges, ophelienhaftes Fräulein, einen Blumenkranz
bindend; ein zweites Porträt von ihm zeigt auf einem
Sofa kauernd in bestrickender Leichtigkeit und Grazie
die Frau des Eisenbahnkönigs Vanderbilt. Unfern von
ihr befindet sich eines der sieben Porträts, die Chase
ausgestellt, gesund und kräftig in Auffassung und Farbe,
solide in der Technik. Ihm gegenüber leuchten die kost-
baren Stoffe, in die eine der sehr modernen Frauen
Sarg ents gehüllt ist, eine der Frauen, welchen er mit
geradezu dämonischer Kunst jede Falte ihres Charakters
abzulocken und auf der Leinwand festzuhalten weiß.
Dann wieder fordert Whistler, einer der begabtesten
und schrullenhaftesten der zeitgenössischen Maler, unsere
Aufmerksamkeit für eines seiner Bildnisse, auf welchem
aus verschwimmenden grauen Nebelschleiern die Züge
eines Gesichtes, die Umrisse einer Gestalt herauswachsen.
Welch ein Abstand zwischen seinem Bilde und dem
Frauenkopfe B enjam in Constants, dem Porträt einer
Frau Glänzer, die den Kampf um den Preis der Schön-

Mbrrchl von Haller, von Robert Diez.
 
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