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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Zimmermann, Ernst: Kunstausstellung in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0317

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Kunstausstellung in Hamburg.

täglichem Leben der Stadtbewohner, noch heute in der
Intimität ihrer Auffassung und ihrer absoluten Farbig-
keit einzig dastehen.

Von der heutigen deutschen Kunst sind zuerst die
beiden denkenden und erfindenden Künstler Stuck und
Kampf zu nennen. Stucks „Kreuzigung" gehört zu
den religiösen Sisyphusarbeiten unsrer Zeit, ist groß
gewollt, gleichsam eine konzentrierte Schilderung des Vor-
gangs, aber sie wirkt übertrieben und beunruhigend.
Kampfs „Todeskuß", ein kaum tiefer zu fassendes Einzel-
motiv des „Totentanzes", dagegen bringt Frieden. Solche
Werke berühren insofern angenehm, weil sie den Glauben
an eine erneute Vertiefung unsrer Kunst gegenüber welscher
Äußerlichkeit aufrechterhalten.

Das phantastische Genre ist schlecht vertreten.
Böcklin fehlt, und damit seine Seele. Eckmann, Exter
und Hofmann haben nichts Fesselndes hierher gesandt.
Trübners Heroenmalerei ist gar zu unwahr aufge-
bauscht. Am wirksamsten erscheinen noch Leistikows
gleiche Kranich-Silhouetten vor verschiedenen Stimmungs-
landschaften. Daß unter diesen Umständen diese Richtung

hier nicht an Lieb-
habern gewinnt, ist
selbstverständlich.

Zu erfreulichen
Leistungen bringt es
die neue Kunst auf
dem Gebiet der Bild-
nismalerei, die jetzt
wieder Kunst zu wer-
den verspricht. Das
Hauptporträt ist
Vogels Bürger-
meister Versmann.
Die künstlerische Wir-
kung ist bedeutend;
unter dem Zwange
der alten malerischen
Amtstracht scheint
freilich der Meister
den in natura, feinen
diplomatischen Ge-
sichtszügen etwas von
der rauhen Herbheit
eines niederländischen Freiheitskämpfers gegeben zu haben.

Ein vorzüglich durchgeistigtes Bildnis, ein echt
künstlerisch durchgeführtes Bild ist dann ein Porträt des
jungen Altonaers Mohrbutter, eine elegante, junge
Dame, in einfachem Straßenkostüm in einem weiten, vor-
nehm, aber doch einfach eingerichtetem Gemach. Die
träumerische Haltung des jungen Mädchens und das
träumerische Halbdunkel des Zimmers führen beide Teile
fürs Gemüt, der blaue Grundton, der am kräftigsten in
einer großen Vase, am breitesten im Kostüme angeschlagen
wird, fürs Auge zusammen. Sonst verdienen noch
Warthmüllers und Kalckreuths Porträts Erwähnung.
In Hamburg selber liegt die Bildnismalerei, wie in den
meisten großen Städten, noch sehr im argen. Das Publi-
kum verlangt nicht viel, und dem Wunsche entspricht die
Erfüllung.

Auf dem Gebiete des sogenannten Genrebildes darf
man die Überbleibsel Düsseldorfer und Münchener Schule
billig übersehen. Unter dem, was sie abgelöst hat, sind

Lieb er manns ältere und jüngere Werke an erster Stelle
zu nennen. Sympathischer noch, als in den Ölgemälden —
weil technisch freier — erscheint er in seinen zarttönigen
Pastellen und den virtuosen Radierungen. Skarbina
hat ein pariserisch angehauchtes Berliner Straßenbild

und ein koloristisches Bleud-
stück hergesandt. An Stahls
Impressionen kann man
nicht umhin, Mache und
Temperament zu bewun-
dern. Die beste Leistung
auf diesem Felde dürfte
Ankarkronas „Droschken-
kutscher" sein. Anspruchs-
loser, wahrer und doch er-
schöpfender kann kaum ein
so harmloses Motiv durch-
geführt werden.

Äuf dem reich ange-
bauten Gebiete der Land-
schaftsmalerei hat Hamburg selber immer einiges geleistet.
Ihren alten Stil zeigt unser jetzt 70 jähriger Valentin
Ruths von seiner liebenswürdigsten Seite. Zwei Werke,
eines von der norddeutschen Heide, das andere aus Italien,
offenbaren die noch ungebrochene Kraft seines Könnens
und das Festhalten an sein altes Programm: viel und
bedeutend, in einheitlicher Anordnung, Linien und Farben
gleichwertig. Lutteroths Können geht über seinen
„Lago maggiore" nicht hinaus. Seine Aquarelle sind
Dutzend- und Schnellmalerei, sein Kokettieren mit der
neuen Richtung wirkt nicht gerade angenehm. Rodeck
und Oesterley zeigen noch ihr altes Können.

Erfreulicherweise hat auch die moderne Landschafts-
malerei hier schon ihre ehrlichen Vertreter gefunden.
Herbst ist bereits anerkannt. Sein Schneebild, ein ver-
besserter Kauffmann, ist vorzüglich in Farbe, Charakte-
ristik und der Anordnung der großwirkenden Vorder-
gruppe. Eitner, Jllies, Behrendt u. a. sind hin-
zugekommen. Eitner ist schon erstaunlich mannigfaltig
in seinen Stimmungen; er wird, namentlich in den
duftigen Herbstbildern, mit ihnen durchaus schon fertig.
Jllies stellt sich bedeutendere Aufgaben, „Badende Knaben
im Sonnenschein", „Hühner im Schnee", deren Probleme
noch nicht ganz gelöst scheinen. Viele dieser Werke stehen
dem, was sonst in Deutsch-
land auf diesem Gebiete
geleistet und in seinen
verschiedenen Schattierun-
gen hier reichlich vertreten
ist, durchaus nicht nach.

Die anziehendste, für
das Publikum aber zu-
gleich wieder abstoßendste
Abteilung ist die fran-
zösische, mit der Hamburg
Berlin wenigstens zeitlich
den Rang abläuft. Ohne
ein vollständiges Bild der
jetzigen Lage zu gewähren,
zeigt sie doch in kurzen
Zügen die Geschichte des
Aufkommens unseres mo-
dernen Kolorismus.

Ehrenkäfelchrn

Louis Hasteur zum 70. Geburtstag.

Laufmünxe.

Speisekarte.

Don Louis Dskar Roty.
(Dresdner ^kulpturensammlung.)
 
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