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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0043

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Aphorismen. — Personal- und Atelier-Nachrichten.

dann Sozialismus, Armeleutmalerei, Mystik und Symbolismus.
Jeder hat ein anderes Ideal. Und alle besuchen mit Eifer
die Galerien und Ausstellungen, aber sie sehen nicht, sie geben
sich ihren Eindrücken nicht hin, sie genießen nicht, sie suchen
nur ob ihre Theorie befolgt wird, und wenn das nicht der
Fall, so erheben sie ein Zetergeschrei. Die Frauen kümmern
sich wie billig um das alles nicht, sie sind noch am ersten mit
ihrem Gefühl dabei, aber sie haben gewöhnlich nur für das
Anmutige, Liebenswürdige Sinn, leider dann am meisten, wenn
es in das Sentimentale, Süßliche übergeht. Und so haben sie
auch noch eine schlimme Kategorie geschaffen. Kurz, der Wirr-
warr ist unbeschreiblich.

Man hat die Gleichartigkeit der Wirkung auf alle Menschen
bezweifelt und darauf hingewiesen, daß ein und dasselbe Bild
auf verschiedene Menschen auch einen total verschiedenen Ein-
druck mache. Das ist zweifellos, aber in diesen Menschen geht
durchaus nicht dasselbe vor, sie sehen gar nicht dasselbe. Viele
sehen überhaupt nicht, in ihnen weckt das Bild irgendwelche
Erinnerungen, andere untersuchen es theoretisch, sie vergleichen
es mit anderen Kunstwerken, noch andere studieren die Technik
und wieder andere fragen nach seiner Bedeutung. Alle diese
Menschen sehen gar nicht das Bild, sondern sind mit ihren Ge-
danken beschäftigt, und da diese bei jedem andere sind, so wäre
es ein Wunder, wenn ihre Gefühle sich gleichen sollten. Aber
selbst, wenn zwei Leute dasselbe Bild betrachtend genießen, können
ihre Gefühle ganz verschiedene sein, denn der eine vertieft sich
vielleicht vorzugsweise in die Farbe, der andere in die Form.
Wenn aber mehrere dieselbe Form betrachten, und sich ihr
wirklich hingeben, dann ist das begleitende Gefühl auch bei
allen dasselbe.

Zwei vollständig verschiedene Motivreihen bietet ein Mensch
dem Maler. Einmal das Unveränderliche in ihm, seine Kopf-
form, seine Gestalt, fein Körperbau; dann seine Bewegungen,
Stellungen und Mienen. Diese Reihen zu einen, ihre ver-
schiedenen Lharaktere ineinander überzuführen, aus den vielen
Motiven die harmonischen zu suchen, die Ueberleitung von einem
zum andern frei eigenartig und doch nur aus dem Gegebenen,
ohne fremde Zusätze zu gestalten, das ist die Kunst des
Porträtisten. Ls liegt in der Eigentümlichkeit dieser Aufgabe

Gras Gaza Andraffy. von Bela Pallik.

begründet, daß die Seele des Künstlers sich nirgends so seltsam
verschleiert und doch so kenntlich, so fein und unmerklich zart
und doch so ergreifend ausspricht als gerade hier, freilich auch
nirgends so selten, freilich auch nirgends so oft mißkannt.

— Bonn. Nahezu einundsieben-
zigjährig, verstarb hier am 22. August
der seit 1851 in Rom ansässig ge-
wesene, seinem Heimatlande dadurch
aber nicht fremd gewordene Bildhauer
Prof. Karl Boß. Am 5. November
1825 zu Dünnwald bei Köln geboren,
studierte der Verstorbene in München,
Brüssel und Rom und es entspricht
den Traditionen der damaligen Schul-
bildung, daß Karl Voß sich der antiki-
sierenden Richtung in der Bildhauer-
kunst zuwendcle, der er auch Zeit seines
Lebens treu geblieben ist. Zahlreiche
Karl Voß. ideale Bildwerke, die bei ihrer in Deut sch-
r 22. August ;8SS. land erfolgten Ausstellung vielen Bei-
fall fanden, werden, mehrfach in den
Besitz von Museen oder sonstwie zugänglichen Sehenswürdig-
keiten gelangt, das Wirken des Verstorbenen der Nachwelt
lebendig erhalten. Von seinen Werken ging manches Stück nach
Amerika, woselbst sich in Boston, im Zentralpark, ein großer,
von seiner Hand modellierter Brunnen befindet. Aus deutschem
Besitz seien erwähnt die für Friedrich Wilhelm IV. geschaffenen
Bildwerke „Bacchantin mit Bacchus scherzend" (Schloß zu Berlin),
„Ganymed" (Orangerie in Potsdam), sowie die im Kölner
Museum befindlichen „Hebe den Adler tränkend" und „Amor
und Psyche". Das letztgenannte, ausgezeichnete Bildwerk, welches
seiner Zeit das größte Aufsehen erregte, brachte dem Verstorbenen
die Mitgliedschaft der römischen Akademie der Künste. 16753)

— Wien. Das Modell des vor ungefähr zwei Jahren
dem Bildhauer Franz Seifsert in Auftrag gegebenen
Bauernfeld-Denkmals ist fertig. 4 Meter hoch stellt
es eine schöne, anmutig bewegte Frauengestalt, die Muse Bauern-
felds, dar, die — an einem Obelisken sitzend — das Reliefbild »
des Dichters hält. Die Züge Bauernfelds sind ungemein charak-
teristisch wiedergegeben und voll lebensvoller Aehnlichkeit. Ein
Knabe schmückt und bekränzt das Bild mit Blumen. Die Gruppe
erhebt sich auf einem Sockel ungefähr in Manneshöhe. An dem
Sockel selbst ist in goldenen Lettern der Name des Dichters ver-
zeichnet. 167231

— Weimar. Der Dresdener Landschaftsmaler Paul
Förster ist mit dem Titel „Professor" zum Sekretär der hiesigen
großherzoglichen Kunstschule ernannt worden. i«77Si

— Karlsruhe. Aus Anlaß des 70. Geburtstages
S. K. H. des Großherzogs haben u. a. nachstehende Künstler
Auszeichnungen erhalten, und zwar: das Kommandeurkreuz
II. Klasse mit Eichenlaub: der derzeitige Direktor der Akademie
der bildenden Künste, Professor Gustav Schönleber; das
Ritterkreuz I. Klasse: die Professoren an der Akademie Robert
Pötzelberger und Kaspar Ritter. 16773)

— Kopenhagen. Bildhauer Otto Sinding arbeitet
zur Zeit an einer Statue Björnstjerne Björnsons, die nebst der-
jenigen Ibsens vor dem neuen Nationaltheater in Christiania
aufgestellt werden soll. Beide Statuen sind eine Gabe des be-
kannten norwegischen Kunstfreundes Konsul Heiberg. 16778)

— München. Der Schlachten- und Panoramamaler Prof.
Louis Braun feierte am 23. September die sechzigste Wieder-
kehr seines Geburtstages. 16781)

tll. Aus Rom schreibt man uns: Wer von den Rom-
fahrern der letzten fünfundzwanzig Jahre, von den Besuchern des
dortigen Deutschen Künstlervereines, hätte den „alten Grünert"
nicht gekannt? Den guten, alten, etwas vornübergeneigten Herrn
mit dem stattlichen Embonpoint, den bürstenartig kurz geschnittenen
grauen Haaren, den stets offenen Händen? Wie jeder Lenz die
Schwalben bringt (die der edle Römer sofort aus der Lust herab
in den Teller knallt), so erschien stets um diese Zeit E. F. Grünert
unter seinen hiesigen Freunden; und die Vorboten, die jubelnd be-
grüßten Verkünder seines Kommens, waren jene unermeßlichen Sen-
dungen Pilsener Bieres, die allmählich den Charakter des Legen-
 
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