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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Ritter, William: Nikulae Jon Grigoresco
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0175

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Nikulae Ion Grigoresco.

Zwei moldauische Juden, von N. I. Grigoresco.

die Schönheit seines in der Fremde oft verkannten Vater-
landes. Heute ist er durch die Thatsache belohnt, daß
überall sein Name Rumänien und zwar das ganze
Rumänien bedeutet.

Als Porträtist hat Grigoresco verschiedene ausge-
zeichnete Bilder geliefert. Er erinnerte sich der gali-
zischen Juden, die ihm bei seiner ersten Rückkehr aus
Paris so außerordentlich ausgefallen waren, und in der
Moldau führte er seinen Plan, sie zu malen, aus. Daher
stammt auch das hier beigefügte Gemälde, das, nachdem
es in Paris einen großen Erfolg gehabt hatte, wie es
scheint, einmal vor längerer Zeit übrigens in München
ausgestellt war. Man könnte wahrlich bei diesem Bilde
sagen, daß etwas von Velasquez in die Finger Grigo-
rescos übergegangen ist. Uebrigens ist es nicht das
erste Mal, daß man dies festgestellt hat. Wenn wir
vom Bilde des Juden aus der Moldau zu dem Porträt
des Königs Karl zu Pferde übergehen, sind wir ganz
betroffen über die Jnscenierung, die uns zeigt, wie es
Grigoresco möglich gewesen wäre, ohne aufzuhören,
Naturmaler zu sein, ein Maler großen Stils zu werden.

Ein Porträt der Königin von Rumänien, im Profil
von rückwärts gesehen, ist zum Vorteil dekorativ anfgefaßt;
dekorativer noch ist ein der rumänischen Bank gehöriges
Bild, wo ein Mädchen, den mit Wasser gefüllten Holzeimer
(doniza) auf der Schulter tragend, dargestellt wird. Es ist

das Symbol des Ueberflusses und Blühens ganz im rumä-
nischen Sinne, weil dort zu Lande das Begegnen eines
jungen Mädchens, das mit der vollen Doniza von der
Quelle kommt, als Glück verheißend angesehen wird.
Wenn Grigoresco seinen Entwurf zur Banknote zurück-
gewiesen sieht, so braucht er nur seinen Entwurf dem
Modelle der im Umlaufe befindlichen Banknoten gegen-
überzustellen, um sich zu überzeugen, daß sowohl in
neuen als auch in alten Kulturstaaten stets das Her-
kömmliche über den einer künstlerischen Eingebung fol-
genden Schwung und den das richtige treffenden Geist
siegt.

Ein Wort Grigorescos selbst zeigt kurz, wie er die
Volksscenen auffaßt. Er spricht nämlich nie ohne Rührung
vom biblischen Reiz des ehemaligen Rumäniens, von
jenem Reize, den man, um ihn noch unversehrt zu finden,
in den entlegensten und am wenigsten besuchten Thälern
der Karpathen suchen muß. Er ist so recht der Poet
der Ochsen- und Schafherden, des Lebens, das sich um
die Tränke und längs der Landstraße entfaltet. Er
hat eine Vorliebe für das rumänische Gespann und die
antike Stellung ihrer ländlichen Fuhrleute, die mit auffällig
bildhauerischer Schönheit der Stellung das Gleichgewicht in
den schwierigsten Fällen zu bewahren wissen, oder im Gegen-
teile bei der brennendsten Hitze des Südens, auf ein wenig
Stroh ausgestreckt, sich ihrer Träumerei beim Knarren
der Räder in jenem Sichgehenlassen orientalischer Ver-
weiblichung hingeben. Aber wechselt er das Land, malt
er in Frankreich, im Walde von Fontainebleau oder in
Vitre, so weiß er auch da gleich beim ersten Striche den
besonderen Charakter der neuen Landschaft zu finden,
und dann ist er wenigstens ebensosehr ein französischer,
wie er vorher ein rumänischer Maler gewesen ist. Er-
steht auf gleicher Höhe mit den auserlesensten französischen

Studie eines Bauern. Von N. Z. Grigoresco.
 
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