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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Voll, Karl: Die retrospektive Abteilung der VII. Internationalen Kunstausstellung zu München
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0444

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von Dl-. Narl voll.

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Ruine um Meer, von Arnold Böcklin.

gehen. Die Stimmung wiegt zu sehr in ihren Bildern
vor. Man mußte der Natur noch näher auf den Leib
rücken. Das geschah durch die Künstler der letzten zwanzig
Jahre. Eine großartige Probe davon liegt uns in der
„Hügelpartie" des Claude Monet vor, von der man
wohl sagen kann, daß sie Heuer das Meisterwerk im
Glaspalast ist. Wenn die höchste Kunst wirklich die ist,
die das meiste mit den wenigsten Mitteln macht, dann
darf dieses wunderbare Bild Anspruch erheben, zum
Höchsten gezählt zu werden. Es wäre jedoch unrecht,
nicht des Mannes zu gedenken, der Malern wie Monet
den Weg geebnet hat, nämlich des großen Courbet; er
ist zwar mit einigen Stücken, aber nicht gerade gut, ver-
treten. So viel Kraft und auch Geschmeidigkeit fanden
sich selten in einem Menschen vereint. Auffallend ist es,
daß er, der entschiedene Neuerer, sich nicht vom dunklen
Galerieton befreien konnte. Mit Monet wird häufig
Manet verwechselt, von dem der Glaspalast schon manches
gute Bild geboten hat. Um Manets Bedeutung richtig
zu erfassen, mag man sich daran erinnern, daß Zola ihn
gewissermaßen als Modell für den Claude im osuvre
benützt hat. Ganz so schlecht ist es dem Manet der
Wirklichkeit nicht ergangen, und er mußte auch nicht am
eigenen Talente verzweifeln, aber was Zola im übrigen
von dem Helden seines Romanes berichtet, das stimmt
für Manet. Von der Skizze aus dem „Bois de Bou-
logne", können wir uns annähernd einen Begriff von
seiner Methode machen, von seiner unglaublichen Treff-
sicherheit jedoch durchaus nicht. Es sei gestattet, hier-

nach des unglücklichen Munkacsy zu gedenken. Man wird
ihn Wohl zu den Franzosen rechnen dürfen. Wir sind
gewöhnt, bei diesem Namen an hohles Pathos zu denken,
jedoch danken wir dem Künstler manches freundliche wackere
Bild. Hier treffen wir die „Wäscherinnen". Einer der
berühmtesten französischen Maler war Meissonnier.
Warum? Es ist wirklich wenig Grund einzusehen, und
ich begreife wohl, daß Geffroy, der große Kritiker, bei dem
Tode Meissonniers sagen konnte: „An seinen Ruf als
ausgezeichneter Mensch soll nie getastet werden, jedoch
als Künstler hätte man diesen größten aller Tüpfler nie
betrachten dürfen". Sein „Kriegsmann" ist an historischer
Treue unübertrefflich, aber wer sah jemals solche Hände
oder solch einen ledernen Kopf!

Auffallend ist es, daß die deutsche Malerei auf der
retrospektiven Ausstellung nicht nur höchst mangelhaft,
sondern auch sehr schwach vertreten ist. Mit einigem gutem
Willen und sehr viel Vorkenntnissen kann man sich allen-
falls die Geschichte unserer Kunst dieses Jahrhunderts hier
konstruieren, aber es ist so wenig Material beigebracht, daß
ich hier darauf verzichten muß, auch nur notdürftig einen
Zusammenhang in dem Berichte anzustreben. Lessing und
die beiden Achenbach erinnern noch an die traurige Zeit
der Öldruck- und Blechmalerei. Das ältere Genrebild,
das übrigens von warmblütigen Künstlern gepflegt wurde,
im Gegensatz zu dem, was heute in dieser Art gemacht
wird, führt sich mit den sorgfältigen Arbeiten von
Knaus trefflich ein. Defreggers „Speckbacher" ist
weithin bekannt geworden und zählt zu den Lieblings -

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