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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Flamand, F.: Die Kunst auf der internationalen Ausstellung zu Brüssel
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0449

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Die Kunst aus der internationalen Ausstellung zu Brüssel.

stellung, und zwar in einem Anhang, auch die neueren
öffentlichen Monumente ausgenommen, die natürlich
hübsch an Ort und Stelle bleiben müssen, wie es
scheint aber mitkonkurrieren sollen. Auf diese Weise
erbringt die herzhaft unbedeutende Kunstausstellung zu
Brüssel wenigstens den Beweis, daß außer ihrem engeren
Rahmen in Belgien noch ab und zu wertvolle Kunst-
werke entstehen.

Die ausgestellten Bilder, Zeichnungen, Aquarelle
und Ätzungen bewegen sich in den bekannten Rahmen
und Schulen. Naturalisten und Impressionisten, Sym-
bolisten und Realisten — alles wirbelt bunt durch-
einander, besonders in der französischen Sektion. Die
anderen Nationen, also Belgien, Holland und England,
sind noch so ziemlich konservativ in der Kunst; sie suchen
noch nicht das Außergewöhnliche und Abstoßende in der
Art der Darstellung und in der Wahl der Motive.
Selbst die belgische Skulptur verhält sich noch so ziemlich
zurückhaltend; das Elend und die Darstellung der an-
geblichen Knechtung der Massen durch die besser gestellten
Klassen finden noch wenig künstlerische Propheten. In
der belgischen Malerei versucht man sich schon eher damit;
dort aber mangelt zum Glück das Talent, um das Elend
und die Sozialdemokratie salonfähig zu machen. Und
wenige nur scheinen berufen, die Poesie und die Wehmut
des Elends darstellen zu können. Gerade im Brüsseler
Salon hängt diesmal ein Bild, welches in dieser Richtung
noch immer wie eine Bibel wirken sollte: das bekannte
Gemälde von Detaille „Die Opfer der Pflicht", welches
der französische Staat hergeliehen hat. Das Publikum
begreift noch diese Poesie des Schmerzes, der moderne
Maler weniger, denn er fällt immer mehr in das
Extrem. Trotzdem, und zwar immer an der Hand des
Brüsseler Salons, muß zugegeben werden, daß gerade in
Frankreich die koloristische Richtung durchaus überwiegen
zu wollen scheint, in der Besnard sich einen ersten
Platz zu erobern gedenkt. Noch zeigen alle diese Akte
und Nacktheiten der Franzosen ungeheuerliche Verrenkungen
und Farbentöne; aber es scheint doch, daß man auf einem
richtigen Wege ist, und von dieser Spürsucht sollten die
Belgier und Holländer etwas mehr profitieren. Das
klassische Genre eines Stallaert findet kaum noch Lieb-
haber. Das Porträt reißt sich hier ferner wenig los
von den Traditionen. Der Symbolist Khnopff viel-
leicht findet allein eigene Wege, der große Emile
Wauters dagegen, dessen lebensgroße Porträtierung durch
ihre Farbenwirkung besticht, spricht nicht an, weil ihm
die Seele fehlt, das Leben. Und somit bleibt zunächst
noch in Belgien vorherrschend die Landschafterei, die
Wassermalerei, diese gefälligste und auch vom kauf-
männischen Standpunkte praktischste Kunst. Hennebicq
und Herbo, diese bedeutenden Historienmaler — letz-
ter auch eminenter Porträtist — haben, wie mir
scheinen will, noch wenige würdige Konkurrenten und
Nachfolger gefunden. Aus der Reihe der Landschafter
und Marinemaler drängen sich Namen wie Marcette,
Van Leemputten, Rosseels, Gilsoul, Courtens
und so weiter auf. Im allgemeinen muß man sagen, daß
die Skulpturenabteilung Belgiens weit wertvoller ist, als
die der Gemälde und Aquarelle. Auch ohne die Meunier,
Van der Etappen, Des Enfants und Flambeaux
sind, in Brüssel besonders, ganz vortreffliche jüngere Kräfte
vorhanden, die den genannten Meistern würdig nachstreben,

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sowohl was die Vorwürfe wie die Form anbelangt,
namentlich aber die letztere.

Auf das Durcheinander der französischen Abteilung
habe ich schon hingedeutet. Zeigt sie auch keine ersten
Namen, so ist sie dennoch künstlerisch der belgischen und
holländischen weit überlegen. Man findet hier doch
wenigstens neben vielen Verschrobenheiten ebenso viele
Gedanken und Entwürfe; man fühlt vor allem, daß man
sich in einem Lande raffiniertesten Geschmackes befindet,
welches einen ebenso großen Wert auf das Normale wie
auf das Extreme legt. Aber auch hier übertreffen die
Skulpturen die Bilder. Die vortrefflichste Abteilung aber
bleibt die englische, und zwar, weil man dort namentlich
altgedienten Werken aus öffentlichen und privaten Samm-
lungen begegnet, so Weigalls „Porträt Arthurs I.,
Herzogs von Wellington", dem „Zuge der Frauen nach
Versailles" von Val, Titcombs „Alten Meerhunden
auf der Küste von Cornwales", Werken von Poynter,
Alma Tadema, Herkomers „Begründern seines
Hauses", Seymour, Tuke und wem noch alles. Die
gegenwärtige Malkunst in England scheint der alten
Farbentheorie so ziemlich treu bleiben zu wollen und
auch der Landschafterei, zu welcher vor allem der Orient
herhalten muß. Hie und da sieht man auch ein tüchtiges
Genrestück, Wie die „OkristiLnae acl Oeones" eine treff-
 
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