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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen - Denkmäler - Vermischtes
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-3-^> VON AUSSTELLUNGEN -C2££=^-

fenster, als Keller & Reiner aus diesem für die Aus-
stellung von Schmuck besonders erdachten Raum.
Eine weitere Ungeschicklichkeit hat man in dem
zur Vorführung von Bildern dienenden Oberlicht-
saale begangen. Der Boden ist mit einem riesigen
modernen Teppich bedeckt, dessen einfarbiges Mittel-
stück glühend weinrot ist. Welches Bild kann sich
gegen diese mächtige Farbe halten? Der hintere
Teil des Saales ist dann noch in eine dunkle Höhle
verwandelt worden, in deren Eingang die -sterbende
Sphynx« eines Münchener Bildhauers mehr stim-
mungs- als geschmackvoll aufgestellt wurde. Bis
zu dieser Panoptikumtiefe braucht einem Kunstwerk
der Respekt wahrhaftig nicht erzeigt zu werden. Die
Herbstausstellung, mit der Keller & Reiner in ihrem
Oberlichtsaale die Saison beginnen, enthält mehrere

ERNST VC'ÄGENER DER JUNGE GOETHE

(Vergl. die Gesamt-Ansicht des für ein Strassburger
Goethe-Denkmal gelieferten Entwurfes auf Seite 79)

vielversprechende Namen, aber auch nicht ein her-
vorragendes Werk. Rossetti und Burne-Jones
sind durch traurige Ueberbleibsel aus ihrem Nach-
lass vertreten, A. Moore durch eine mässige > Venus«,
die aussieht, als hätte Leighton bei ihr Gevatter ge-
standen. Von den Schotten A. K. Brown, Austen
Brown und anderen sind sehr minderwertige Bilder
zu sehen. Macgregor zeigt sich als Nachahmer
präraphaelitischer Kompositions - Manieren, und
Harrison hat noch nie eine so schlechte, unwahre
>Meeresbrandung' ausgestellt, wie die hier vor-
handene. Ein nicht gerade hervorragender Cameron
und eine »Restaurant-Studie« von Neven-Dumont
fallen in diesem Milieu ordentlich angenehm auf.
Eine im Lesesaal des Salons arrangierte Ausstellung
von Handzeichnungen Klingers bietet ausser der
mitten darin thronenden vortrefflichen Klinger-Büste
Karl Seffners für Berlin nichts Neues. — Auch
die Herbst-Ausstellung bei Ed. Schulte ist nicht
gerade bedeutend zu nennen, aber sie enthält eine
Perle deutscher Malerei: Wilhelm Leibls Porträt
des Malers Hirth du Frenes aus dem Jahre 1867.
Es ist unzweifelhaft eines der besten Bildnisse
Leibis, hinreissend weich und doch mit energischem
breitem Strich gemalt. Wunderbar ist das lichte
Blond der Haare gegeben. Wie unendlich fein
sitzen die blauen Augen im Kopf, wie anmutig
wölbt sich der zarte, vom ersten Bartflaum um-
schattete Mund! Das ist ganz grosse Kunst. So
malteben nurLeibl. Einen bemerkenswerten Künstler
lernt man in John Smith Lewis kennen, der ein
grosses, die »Fähre von Dinard« darstellendes Bild
zeigt. Die Hauptsache daran ist freilich nicht die
Fähre, sondern der Quai, an dem sie anlegt, mit
Gruppen von Fussgängern und Arbeitern und einem
Fuhrwerk. Eine in ihren Mitteln einfache, wahre
aber ein wenig harte Malerei, die nur aus der Ferne
gesehen luftig wirkt. Eine wundervoll tonschöne
'Promenade bei Glasgow« von Gforge Henry,
eine weich und mit warmer Empfindung gemalte

Apfelweinpresset von La THANGue und Arbeiten
von F. D. Bergeret, Amy Draper und
W. Hieronimus verdienen Beachtung. In dem
neu ausgestatteten Saale prangen Klingers bekannte,
schöne, heitere, phantasievolle, über Italien und sein
blaues Göttermeer jubelnde Wandgemälde, die als
Malerei wohl das beste sind, was der Künstler je
geleistet. Hoffentlich wandern sie von hier aus in
die National-Galerie. Günther Meltzer, der auf
der vorjährigen Grossen Kunstausstellung durch
talentvolle Arbeiten auffiel, lässt in einer grösseren
Sammlung von Gemälden leider erkennen, dass er
neuerdings ganz dem Einflüsse Brachts oder wenig-
stens dem Einflüsse von dessen letzten Werken er-
legen ist. Das Ergebnis sind leere Effektstücke.
Nur in den Studien findet man noch Anzeichen von
persönlichem Empfinden.

= MÜNCHEN. Zum Glaspalast und derSecession
hat sich nun noch eine dritte Münchener Kunstaus-
stellung gesellt. Dieselbe steht auf der Theresien-
wiese und wird solange dauern, als — das Oktober-
fest, nämlich vierzehn Tage. Wer der Veranstalter
ist, war leider nicht zu erfahren, und so können
wir denn, ohne Namen zu nennen, hier nur be-
richten, dass es sich um einen sehr gelungenen
Scherz handelt, den offenbar einige übermütige
Akademiker insceniert haben. Der Katalog weist
siebenundfünfzig Nummern auf, fast alle trefflich
gelungene Karikaturen bekannter Ausstellungs-
bilder. Einige Nummern erfahren im Katalog noch
eine textliche Erläuterung, so z. B. Nr. 3, kleine

Ursache grosse Wirkung: »Die Jury war von der
eminenten Darstellung des Reflexes im Wasser auf

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