Aus dem Vestibül des Mänchener Glaspalastes
DIE VIII. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG
IM KGL. GLASPALAST ZU MÜNCHEN
Von Fritz von Ostini
(Nachdruck verboten)
T\/lan wird wohl nicht behaupten können, lerische Arbeit höher werten, als die glänzen-
"I dass unsere grossen „Internationalen" den Einfälle, dass einer jetzt in bescheidensten
seit dem Ende der achtziger Jahre, ihrer Blüte- Rahmen seinen Erfolg erringen kann — seit
zeit, interessanter geworden seien und dies zwölf Jahren ist eben doch die Erziehung des
erklärt sich sehr einfach: Seit jener Zeit Volkes zur Kunst durch die Fülle der ge-
haben unsere Künstler ja alljährlich Gelegen- botenen Anschauung um ein gutes Stück vor-
heit, hier oder dort auszustellen und nur die wärts gegangen. Mit dem Ausland, dessen
Wenigsten sammeln, wie vorher, in einem Beteiligung früher von so grosser Bedeutung
längeren Zeitraum ihre Kraft zur Schöpfung für die „Internationalen" war, ist es ganz
eines bedeutsamen Ausstellungswerkes. Die ähnlich. Es hat uns nicht mehr so viel Neues
grossen Nummern, die Schlager, die Sensa- zu sagen, hat selbst grösstenteils in seiner
tionsbilder im guten und schlechten Sinne Kunst die gleichen Wandlungen durchgemacht
werden darum immer seltener, die Ausstel- wie wir, die grossen Ausstellungen, die in
lungen gewähren nur mehr, um die Sache allen deutschen Kunststädten einander alljähr-
recht nüchtern auszudrücken, einen Ueber- lieh folgen, absorbieren das beste, was es
blick über unsere künstlerische Produktion; bieten kann — kurz auch in den Sälen des Aus-
sie haben aufgehört, den Künstlern die Ver- landes finden wir jetzt nicht mehr so viel Auf-
anlassung zu besonderem Sichanspannen zu regendes, wenig verblüffende Offenbarungen
sein. Dazu kommt, dass Publikum wie Künst- und neue Ausblicke. So wird mancher nach
ler, den Geschmack an den grossen Maschinen dem ersten, flüchtigen Durchwandern des
verloren haben, dass wir heute die künst- Glaspalastes den Eindruck haben, als hätte
Die Kunst für Alle XVI. 15. August 1901
513
DIE VIII. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG
IM KGL. GLASPALAST ZU MÜNCHEN
Von Fritz von Ostini
(Nachdruck verboten)
T\/lan wird wohl nicht behaupten können, lerische Arbeit höher werten, als die glänzen-
"I dass unsere grossen „Internationalen" den Einfälle, dass einer jetzt in bescheidensten
seit dem Ende der achtziger Jahre, ihrer Blüte- Rahmen seinen Erfolg erringen kann — seit
zeit, interessanter geworden seien und dies zwölf Jahren ist eben doch die Erziehung des
erklärt sich sehr einfach: Seit jener Zeit Volkes zur Kunst durch die Fülle der ge-
haben unsere Künstler ja alljährlich Gelegen- botenen Anschauung um ein gutes Stück vor-
heit, hier oder dort auszustellen und nur die wärts gegangen. Mit dem Ausland, dessen
Wenigsten sammeln, wie vorher, in einem Beteiligung früher von so grosser Bedeutung
längeren Zeitraum ihre Kraft zur Schöpfung für die „Internationalen" war, ist es ganz
eines bedeutsamen Ausstellungswerkes. Die ähnlich. Es hat uns nicht mehr so viel Neues
grossen Nummern, die Schlager, die Sensa- zu sagen, hat selbst grösstenteils in seiner
tionsbilder im guten und schlechten Sinne Kunst die gleichen Wandlungen durchgemacht
werden darum immer seltener, die Ausstel- wie wir, die grossen Ausstellungen, die in
lungen gewähren nur mehr, um die Sache allen deutschen Kunststädten einander alljähr-
recht nüchtern auszudrücken, einen Ueber- lieh folgen, absorbieren das beste, was es
blick über unsere künstlerische Produktion; bieten kann — kurz auch in den Sälen des Aus-
sie haben aufgehört, den Künstlern die Ver- landes finden wir jetzt nicht mehr so viel Auf-
anlassung zu besonderem Sichanspannen zu regendes, wenig verblüffende Offenbarungen
sein. Dazu kommt, dass Publikum wie Künst- und neue Ausblicke. So wird mancher nach
ler, den Geschmack an den grossen Maschinen dem ersten, flüchtigen Durchwandern des
verloren haben, dass wir heute die künst- Glaspalastes den Eindruck haben, als hätte
Die Kunst für Alle XVI. 15. August 1901
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