DIE KLASSE FÜR MAL-TECHNIK AN DER
BERLINER KUNST-AKADEMIE.
(Nachdruck verboten)
s ist doch selbstverständ- raus ist leicht erklärlich, dass Fälschungen
lieh, dass derjenige, wel- des Materials und fortwährende Anpreisungen
eher Maler werden will, von Neuerfindungen sich häuften,
vorher lernt, womit und Der Kopiensaal mancher Akademie führt
wie er malen soll. Dies uns mit verblüffender Ironie vor Augen, wie
waren die Worte des Akademie-Direktors A. v. die kaum einige Jahre alten Kopien durch
Werner, als er im Januar 1895 seinen schon und durch gerissen sind oder stumpfes Aus-
lange gehegten Plan, eine Klasse für Zuberei- sehen zeigen, während die einige Jahrhunderte
tung der Farben und der Malgründe, für die - alten Originale wohlerhalten und leuchtend
Technik der Malerei in ihren verschiedenen prangen. Die Ursachen hiervon sind zu suchen
Arten überhaupt, zu schaffen, nach vielen und finden sich eben gerade entweder in der
Schwierigkeiten endlich verwirklichen konnte. Verwendung schlechten Materials oder, wenn
Die Klasse war die erste und ist bislang die das Material gut war, in der unzeitigen und
einzige derartige an einer Kunsthochschule unrichtigen Anwendung desselben. Letzteres
geblieben. ist noch mehr denn ersteres der Fall. Beides
I Bekanntlich fing bei den alten Meistern der beruht also auf Unkenntnis, respektive unzu-
edlen „Mahler-Kunst" jeder handwerksmässig reichender Kenntnis.
mit dem Lehrling an, was zur Folge hatte, Wenn nun auch in mancher Beziehung das
dass jeder, ob er dies oder jenes malte, mit Studium der Oelfarben-Technik vernachlässigt
seinem Material, dessen Eigenschaften und worden ist, so herrscht für Wandmalerei oft
der Verwendung desselben so vertraut war, geradezu Unkenntnis und mancher Künstler
dass uns das Kolorit und die Haltbarkeit der kommt in Verlegenheit, wenn ihn jemand
Bilder aus früherer Zeit heute noch die fragt: Was ist enkaustische Malerei, wie malt
höchste Bewunderung abnötigen. man mit Caseinfarben, Mineralfarben, wie
Im Gegensatz hierzu zeigen unsere Gale- unterscheidet sich die Temperamalerei auf
rien von heute oft neue — schon früh zerstörte Leinwand von jener auf Steinwand u. s. w.
Bilder und beweisen, dass mancher Künstler Auch diese Lücke nach Möglichkeit auszu-
der Neuzeit sich wenig oder fast gar nicht füllen soll die Aufgabe der neu errichteten
um das Technische geküm-___
merthat. Der Dilettantismus
half mit, dass Wilhelm Busch
so zutreffend sagen konnte:
„Doch grössern Ruhm wird
der verdienen, der Farben
— kauft — und malt mit
ihnen".
Die liebe Bequemlichkeit
kam noch dazu und so
konnte jeder Farben, Oele,
Firnisse, Malbutter, Sicca-
tife u. s.w. käuflich erwerben
und lustig drauf los malen,
ohne gutes und schlechtes
Material unterscheiden zu
können, und ohne zu wissen,
wie — 3.1 les dieses anse-
J— Farbenlehre und praktische Uebung im Farbenreiben in der Klasse für Maltechnik
Wendet Werden mtlSS. Da- der Berliner Kunstakademie
384
BERLINER KUNST-AKADEMIE.
(Nachdruck verboten)
s ist doch selbstverständ- raus ist leicht erklärlich, dass Fälschungen
lieh, dass derjenige, wel- des Materials und fortwährende Anpreisungen
eher Maler werden will, von Neuerfindungen sich häuften,
vorher lernt, womit und Der Kopiensaal mancher Akademie führt
wie er malen soll. Dies uns mit verblüffender Ironie vor Augen, wie
waren die Worte des Akademie-Direktors A. v. die kaum einige Jahre alten Kopien durch
Werner, als er im Januar 1895 seinen schon und durch gerissen sind oder stumpfes Aus-
lange gehegten Plan, eine Klasse für Zuberei- sehen zeigen, während die einige Jahrhunderte
tung der Farben und der Malgründe, für die - alten Originale wohlerhalten und leuchtend
Technik der Malerei in ihren verschiedenen prangen. Die Ursachen hiervon sind zu suchen
Arten überhaupt, zu schaffen, nach vielen und finden sich eben gerade entweder in der
Schwierigkeiten endlich verwirklichen konnte. Verwendung schlechten Materials oder, wenn
Die Klasse war die erste und ist bislang die das Material gut war, in der unzeitigen und
einzige derartige an einer Kunsthochschule unrichtigen Anwendung desselben. Letzteres
geblieben. ist noch mehr denn ersteres der Fall. Beides
I Bekanntlich fing bei den alten Meistern der beruht also auf Unkenntnis, respektive unzu-
edlen „Mahler-Kunst" jeder handwerksmässig reichender Kenntnis.
mit dem Lehrling an, was zur Folge hatte, Wenn nun auch in mancher Beziehung das
dass jeder, ob er dies oder jenes malte, mit Studium der Oelfarben-Technik vernachlässigt
seinem Material, dessen Eigenschaften und worden ist, so herrscht für Wandmalerei oft
der Verwendung desselben so vertraut war, geradezu Unkenntnis und mancher Künstler
dass uns das Kolorit und die Haltbarkeit der kommt in Verlegenheit, wenn ihn jemand
Bilder aus früherer Zeit heute noch die fragt: Was ist enkaustische Malerei, wie malt
höchste Bewunderung abnötigen. man mit Caseinfarben, Mineralfarben, wie
Im Gegensatz hierzu zeigen unsere Gale- unterscheidet sich die Temperamalerei auf
rien von heute oft neue — schon früh zerstörte Leinwand von jener auf Steinwand u. s. w.
Bilder und beweisen, dass mancher Künstler Auch diese Lücke nach Möglichkeit auszu-
der Neuzeit sich wenig oder fast gar nicht füllen soll die Aufgabe der neu errichteten
um das Technische geküm-___
merthat. Der Dilettantismus
half mit, dass Wilhelm Busch
so zutreffend sagen konnte:
„Doch grössern Ruhm wird
der verdienen, der Farben
— kauft — und malt mit
ihnen".
Die liebe Bequemlichkeit
kam noch dazu und so
konnte jeder Farben, Oele,
Firnisse, Malbutter, Sicca-
tife u. s.w. käuflich erwerben
und lustig drauf los malen,
ohne gutes und schlechtes
Material unterscheiden zu
können, und ohne zu wissen,
wie — 3.1 les dieses anse-
J— Farbenlehre und praktische Uebung im Farbenreiben in der Klasse für Maltechnik
Wendet Werden mtlSS. Da- der Berliner Kunstakademie
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