DIE FRÜHJAHR-AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER SECESSION
Von Karl Voll
(Nachdruck verboten»
Die Secession hat auch heuer wieder eine lung. L. von Hofmann's Landschaften und
Frühjahr-Ausstellung veranstaltet, die Zeichnungen steigern in souveräner Freiheit
den jungen Künstlern Gelegenheit giebt, sich die dekorative Wirkung bis zur durchgeistigten
in reichen Kollektionen beim kunstliebenden Poesie. Albert v. Keller und Paul Höcker
Publikum einzuführen. Wenn man aber aus stechen im schweren fast gar zu massiven
dem Umstände, dass die Aussteller fast aus- Kolorit, das vergeblich nach Pikanterie strebt,
nahmslos noch Schüler in des Wortes viel- nicht sehr vorteilhaft von ihrer Umgebung ab.
facher Bedeutung sind, nicht Rechnung trägt Benno Becker's italienische Phantasien sind
und sich mehr daran hält, dass die künstle- zwar neu, aber doch wohlbekannt, wie uns
rische Jugend hier zu Worte gekommen ist, auch Richard Kaiser's dekorative Land-
so unterliegt man einer leicht schweren Täu- Schäften nichts neues sagen,
schung im Urteil über den Charakter der Unter den jungen Malern gehören die
Ausstellung. Nicht jungen Tendenzen, neuen meisten der Zügel- und der Dachauerschule
Entwickelungskräften begegnen
wir, sondern alten Lehren vor-
getragen von jungen Adepten.
Man erhält einen genügenden
Aufschluss über den Nachwuchs
der Secession, aber Keime und
Ansätze oder gar junge Schöss-
linge trifft man nicht. Die Aus-
stellung mutet insofern etwas
altbekannt und langgewohnt an.
Darum sei auch mit dem alten
Stamm der Secession begonnen.
Fritz v. Uhde hat drei Bilder
geschickt, ein grosses seine drei
Töchter in der Laube darstellend,
von denen die eine einen Hund
neckt und zwei kleine, die auf
das Figürliche weniger grossen
Wert legend, als sonnige Garten-
idyllen gelten dürfen. Wenn das
grosse uns, trotz vieler Fein-
heiten, als ganzes doch zu un-
ruhig und im übermässigen Auf-
wand der Mittel zu aufgeregt er-
scheint, so sind die kleineren
liebenswürdige Zeichen eines
sehr ausgebildeten malerischen
Sinnes und erfreuen sich mit
Recht der allgemeinen Anerken-
nung. Ganz entzückend ist das
stille und doch so frische Stück
„Ein sonniger Tag". Th. Hum-
mel's tonige Landschaften, bald
so grau und zart, dass sie an
ausgebleichte Gobelins erinnern,
bald reicher an satten aber eben-
falls unter die Herrschaft des
Tones gestellten Farben, gehören anders zorn ««König oscar ii. von
zum reizvollsten der Ausstel- schweden-norwegen
Die Kirnst für Alle XVI.
337
A3
Von Karl Voll
(Nachdruck verboten»
Die Secession hat auch heuer wieder eine lung. L. von Hofmann's Landschaften und
Frühjahr-Ausstellung veranstaltet, die Zeichnungen steigern in souveräner Freiheit
den jungen Künstlern Gelegenheit giebt, sich die dekorative Wirkung bis zur durchgeistigten
in reichen Kollektionen beim kunstliebenden Poesie. Albert v. Keller und Paul Höcker
Publikum einzuführen. Wenn man aber aus stechen im schweren fast gar zu massiven
dem Umstände, dass die Aussteller fast aus- Kolorit, das vergeblich nach Pikanterie strebt,
nahmslos noch Schüler in des Wortes viel- nicht sehr vorteilhaft von ihrer Umgebung ab.
facher Bedeutung sind, nicht Rechnung trägt Benno Becker's italienische Phantasien sind
und sich mehr daran hält, dass die künstle- zwar neu, aber doch wohlbekannt, wie uns
rische Jugend hier zu Worte gekommen ist, auch Richard Kaiser's dekorative Land-
so unterliegt man einer leicht schweren Täu- Schäften nichts neues sagen,
schung im Urteil über den Charakter der Unter den jungen Malern gehören die
Ausstellung. Nicht jungen Tendenzen, neuen meisten der Zügel- und der Dachauerschule
Entwickelungskräften begegnen
wir, sondern alten Lehren vor-
getragen von jungen Adepten.
Man erhält einen genügenden
Aufschluss über den Nachwuchs
der Secession, aber Keime und
Ansätze oder gar junge Schöss-
linge trifft man nicht. Die Aus-
stellung mutet insofern etwas
altbekannt und langgewohnt an.
Darum sei auch mit dem alten
Stamm der Secession begonnen.
Fritz v. Uhde hat drei Bilder
geschickt, ein grosses seine drei
Töchter in der Laube darstellend,
von denen die eine einen Hund
neckt und zwei kleine, die auf
das Figürliche weniger grossen
Wert legend, als sonnige Garten-
idyllen gelten dürfen. Wenn das
grosse uns, trotz vieler Fein-
heiten, als ganzes doch zu un-
ruhig und im übermässigen Auf-
wand der Mittel zu aufgeregt er-
scheint, so sind die kleineren
liebenswürdige Zeichen eines
sehr ausgebildeten malerischen
Sinnes und erfreuen sich mit
Recht der allgemeinen Anerken-
nung. Ganz entzückend ist das
stille und doch so frische Stück
„Ein sonniger Tag". Th. Hum-
mel's tonige Landschaften, bald
so grau und zart, dass sie an
ausgebleichte Gobelins erinnern,
bald reicher an satten aber eben-
falls unter die Herrschaft des
Tones gestellten Farben, gehören anders zorn ««König oscar ii. von
zum reizvollsten der Ausstel- schweden-norwegen
Die Kirnst für Alle XVI.
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