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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Preisausschreiben
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0114

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~^Ö> VERMISCHTE NACHRICHTEN <ö£-*-

= MÜNCHEN. Ignatius Taschner und
Walter Ziegler, die sich soeben zur Begrün-
dung einer Kunst-Schule zusammengethan haben,
sind auch dem Leserkreise unserer Zeitschrift nicht
unbekannt mehr. Erst vor Jahresfrist etwa konnte
bei Gelegenheit der Wiedergabe seines > Sanct
Martinus« des erstgenannten Bildhauers bedeuten-
des technisches Können gerühmt werden, das ihn
im Verein mit reicher Ursprünglichkeit als eine
vielversprechende Kraft erscheinen lässt und auch
der jüngst von uns veröffentlichte Entwurf zum
Strassburger Goethedenkmal kann die ihm ge-
wordene Auszeichnung, so sehr sich der Künstler
vielleicht auch in der grüblerischen Auffassung
des jungen Goethe vergriffen haben mag, ob
seiner sonstigen Qualitäten als durchaus ver-
dient erscheinen lassen. Neuerdings hat Taschner
sich nun auch auf dekorativem Gebiete bethätigt
und was von ihm in dieser Hinsicht die Aus-
stellung bot, welche beide Künstler der Eröffnung
ihrer Schule hatten vorangehen lassen, war gewiss
geeignet, ihm ein erfolgreiches Können auch auf
diesem neuen Felde seines künstlerischen Schaffens
zu sichern. Walter Ziegler kennen unsere Leser
aus einer Veröffentlichung in H. 4 des XIV. Jahrg.
d. Z., in welcher der Künstler „Einiges über die
Herstellungsarten von Tiefdruckplatten" mitteilte,
als einen Graphiker von ausserordentlicher Viel-
seitigkeit und grossem manuellen Können, dessen
Begabung direkt auf die Bethätigung als Lehrkraft
hinweist. So steht denn zu hoffen, dass unter der
Leitung dieser beiden Künstler sich das Programm
ihrer Schule, -die Schüler in den Geist und das

Verkleinerte Nachbildung der Titelseite des Prospektes
über die Ziegler-Taschner-Sckule

Wesen der manuellen graphischen Technik gründ-
lich einzuführen und sie zu erwerbstüchtigen Prak-
tikern heranzubilden, daneben aber auch sie mit
den Formen und Forderungen moderner dekora-
tiver Kunst vertraut zu machen«, in glücklichster
Weise erfüllen wird. 1'30]

* DRESDEN. In H. 1 d. 1. Jahrg. d. »K. f. A.<
findet sich a. S.29 die Abbildung einer Landschaft von
Theodore Rousseau (1812 — 67), die, aus Privat-
besitz stammend, jetzt in der Hundertjahrausstellung
in Paris zu sehen ist. Bezeichnet ist sie: Aus der
Umgebung von Freiburg; gemalt ist sie laut Bezeich
nung 1833. Nun haben eine Reihe von Besuchern
der Ausstellung, darunter Schreiber dieses, sofort
erkannt, dass dies nur eine Abbildung von Loschwiu
bei Dresden, am rechten Ufer der Elbe gegenüber
von Blasewitz sein kann. Die eigenartige Kirche
von Georg Bähr, dem berühmten Erbauer der Dres-
dener Frauenkirche, ist unverkennbar; nicht minder
der im Vordergrunde zum Niederdorfe führende
Stadtweg, ferner die im Bogen fliessende Elbe, das
Berggelände zur Linken nebst den davorliegenden
Feldern mit dem Leinpfad längs der Elbe, die
Begrenzungslinie des nochliegenden Horizontes.
Kurzum, wenn man die Veränderungen der letzten
fünfundsiebzig Jahre abrechnet, stimmt das Bild mit
der Landschaft völlig überein. Ein Blasewitzer, der
Freiburg in der Schweiz und Freiburg im Breisgau
kennt, bezeugt überdies, dass die landschaftliche
Umgebung dieser beiden Orte nicht mit dem Rous-
seau'schen Bilde übereinstimmt. In »Sachsens Elb-
gaupresse« wird aus dieser Sachlage der Schluss
gezogen, Rousseau habe im Jahre 1833 Sachsen
bereist, von Oberloschwitz aus die Skizze gemacht
und darnach das Bild gemalt. Das dürfte indes
ein voreiliger Schluss sein. Denn Theodore Rousseau
war der Sohn eines armseligen Pariser Schneiders,
der in der Rue Neuve Saint Eustache vier Treppen
hoch wohnte; und in seinen Lebensbeschreibungen
ist nichts von einer Reise nach Deutschland zu
finden, zu der ihm alle Mittel fehlten. Im Jahre 1831
traten die jungen Maler, die später als Schule von
Fontainebleau so berühmt geworden sind, zum ersten-
mal geschlossen im Pariser Salon auf. 1833 ging
Rousseau zum erstenmale in den Wald von Barbizon.
Sie lebten damals noch in ärmlichen Verhältnissen.
Bürger-Thore erinnert 1844 in seinem Salon-Bericht
(Muther II, 322) seinen Freund Rousseau an jene
Zeiten: >Gedenkst du noch der Zeit, erinnerst du
dich noch der Jahre, da wir auf den Fenster-
brüstungen unserer Mansarden in der Rue de Tait-
bout sassen, die Füsse am Rande des Daches
baumeln Hessen und das Gewinkel der Häuser und
Kamine betrachteten, die du, mit den Augen blinzelnd,
Gebirgen, Bäumen und Erdabrissen verglichst? {n
die Alpen, aufs fröhliche Land konntest du nicht
gehen, und so schufst du dir malerische Landschaften
aus diesen scheusslichen Mauergerippen u. s. w.<
Bis zum Jura scheint Rousseau aber doch in den
Jahren 1833—35 gekommen zu sein, denn unter den
vom Salon 1835 zurückgewiesenen Bildern befindet
sich ein > Abstieg von Kühen im oberen Jura«. Vom
oberen Jura ist es nicht mehr allzuweit nach Frei-
burg in der Schweiz. Findet sich dort nicht das
Motiv des Rousseau'schen Bildes, so bleibt nichts
anderes übrig, als anzunehmen, dass Rousseau das
Bild nach einem Dresdener Kupferstiche gemalt
habe, oder dass es überhaupt nicht von Rousseau
herrührt.

= BERLIN. Rudolph Lepke versteigert am
13. November u. ff. Tage den Nachlass des weit
und breit bekannt gewesenen Antiquitätenhändlers
Gustav Lewy. l735l

Redaktionsschluss: 20. Oktober 1900. Ausgabe: 1. November 1900.

Herausgeber: Friedrich Pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schwartz.
Verlagsanstalt F. Bruckmann a.-o. in München, Nymphenburgerstr. 86. — Bruckmann'sche Kunst- und Buchdruckerei in München.
 
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