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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Leitgeb, Otto von: Wilhelm Leibl, [1]: persönliche Erinnerungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0276

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-a-4Ö> O. v. LEITGEB: ERINNERUNGEN AN W. LEIBL

war es, wo er in den Ferien einmal in einem kleinen gegossen«. Das eine war ein Porträt Langbehns
Atelier, das sich im Oberstocke befand, den Vater (des Verfassers von >Rembrandt als Erzieher;, mit
porträtierte. Es ist das Bild, das jetzt im Kölner dem Leibi in München verkehrt hatte). Man warf
Museum hängt, das erste Probestück des werdenden ihm vor, es sei >wie ein Steckbrief« gemalt! Das
Meisters. Der alte Bourtelle aber erlebte noch die andere war das Bildnis des Freiherrn von Perfall
Freude, dass sein ehemaliger Zögling 1870 in Paris ('Der Jäger«, in der Nationalgalerie zu Berlin). Dies
(wohin Leibi im Jahre vorher gegangen war) die Hess man schon gar nicht gelten. Und als Leibi
goldene Medaille erhielt und von den französischen einem Bekannten nach Wien schrieb, 'die Maler
Meistern, Courbet voran, als ein aufgehender Stern mögen sich doch nur ansehen, wie auf dem Bilde
erster Grösse begrüsst wurde. Aus dieser Zeit der Schuh gemacht sei« ;— da »ging es erst recht
stammt u. a. die unvergleichliche Pariser Kokotte« los«, sagte er. Alles kam unverkauft zurück und hing
und die alte >Portiersfrau (gegenwärtig beide im wieder bei dem Münchener Kunsthändler. Auch
Besitze des Kommerzienrats Seeger). Als Leibi an die »Zwei Dachauerinnen konnte er nicht an den
der erstgenannten malte, sollen wiederholt franzö- Mann bringen! Ich fragte ihn einmal: Was haben
sische Künstler bewundernd hinter ihm gestanden, Sie für dieses Bild schliesslich bekommen?«
und Courbet einmal voller Entzücken jeden Pinsel- Er lächelte und entgegnete einfach: Nichts!«

strich des jungen Deutschen mit dem lauten Rufe: ^Unmöglich! Gar nichts?«

Bravo! Bravissimo! begleitet haben. >Es war nämlich so , erklärte Leibi, >der

Wie sehr man sich bemühte, ihn in Paris fest- Münchner Kunsthändler konnte nichts oder wenig
zuhalten, hat mir Leibi wiederholt erzählt. Tascher von meinen Sachen anbringen, rechnete nach einiger
de la Pagerie wollte ihn dem Kaiser vorstellen, Zeit in Bausch und Bogen mit mir ab und zahlte
Porträtaufträge in grosser Zahl standen in Aussicht. mir ein paar hundert Mark aus. Da waren die
Goupil, der Kunsthändler, wollte ihm ein eigenes. Zwei Dachauerinnen mit dabei.«
vollkommen nach seinen Wünschen eingerichtetes Munkäcsy hatte dies Bild eines Tages auf der

Hotel zur Verfügung stellen und glänzende Honorare, Durchreise in München gesehen und seine Güte
wenn Leibi sich verpflichtete, ihm alle seine Arbeiten natürlich sofort entdeckt. Auf seine Frage meinte
zu überlassen. Da kam die Kriegs-
erklärung und alle diese Aus-
sichten zerfielen in nichts. Auch

Leibi musste, wie alle Deutschen, , '--■--■"—.....•*-* • "—•*"*»•—"" *■""" "••-"".//V

Paris verlassen. Wäre es nicht J ^ ff ^r^MiU" "- ~

so gekommen:, meinte er, ich 41 ■ ■ ■ '

wäre vielleicht ganz und für immer ; . ~ , - 5t'^L.t

dort geblieben. Nichts desto •■■ ~

weniger war Leibi, wie in seiner
Kunst, so auch in seinem ganzen
Wesen eine durch und durch
deutsche, und nur deutsche Natur. j

Aus den Münchener Akademie- jj ^

jähren stammte seine Freund- j*"""^ h. n

schaft mit dem Landschafter Jo-
hann Sperl, mit dem er sich nun, \'

von der Seine an die Isar zurück- J i SM 1 ' £

kehrend, wieder zusammenfand
und mit dem er im tiefsten und
treuesten verbunden bis an sein .

Lebensende Freud und Leid ge- i ^

teilt hat. Das letztere meldete sich *' ¥ \ ----- —-\Sz...

zuerst, denn nun kamen Prüfungs- r
jähre voll bitterster Erfahrungen
und massloser Enttäuschungen.
Es lag in Leibis ganzem Wesen,

dass er, stolz, abgeschlossen und ■ ' : " -~vÄ _

schweigsam, niemals verstanden
hat, sich selbst bekannt zu machen, -,.
persönliches Interesse zu verfol- - : .

gen und die Mittel dafür zu er-
kennen. Seine rasch fast zur Ver- \ |
einsamung wachsende Zurückge- gt "
zogenheit verschloss im Gegen-
teile auch die natürlichsten Wege
dazu. Es lag aber zum Glücke «£-
auch in demselben Wesen, dass
kein Misserfolg, keine Enttäusch-
ung auch nur den leisesten Zweifel
an sich selbst in dieser still aber
glühend ringenden Künstlerseele
aufkommen Hessen.

Mit Bitterkeit erzählte er unter
anderm, in welcher Weise ihn da-
zumal die Wiener Kritiker be-
handelt hätten. Besonders über Im Besitz von Maximilian FLÖTENDER FAUN
zwei Bilder hätten sie ihren Hohn von Heyl in Darmstadt « (Kohlezeichnung)

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