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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Golwin, O.: Amerikanische Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0287

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■^4^> AMERIKANISCHE MALEREI

sind, hätten wir den Amerikanern das Recht etwa — um von Karl Marr, dem bedeutend-
bestreiten sollen, vor der Kunst, die in jenen sten der „Münchner Amerikaner" ganz zu
Sälen zu sehen war, mit Stolz zu empfinden: schweigen — das (a. S. 289 gegebene) Garten-
„Dies ist unser!" bild von Orrin Peck, das vor drei Jahren hier

Wie überall, ausser bei den Dänen und in München ausgestellt war, so konnte man
Finnen, so überwog auch in der Ausstellung leicht auf den Gedanken kommen, dass Künst-
der Vereinigten Staaten der Durchschnitt. Es lern dieses etwas weichen Genres das herbe
liegt in der Natur der Sache, dass hier der Klima Münchens (in dem Orrin Peck zeitweilig
Durchschnitt am meisten der englischen lebte) besser bekomme als das französische; so-
Mittelware ähnlich sah. Sarah C. Sears' viel frischer, kräftiger erscheint Peck, bei dem
„Romola" (s. S. 279) und das (ebenda abgebil- die Figur des Mädchens nicht eine hübsche
dete) Bildnis einer jungen Frau von Thayer Wachspuppe vor einer Landschaftscoulisse,
standen dem englischen Ideal von weiblicher sondern ein derbes, gesundes Wesen in einem
Würde und Anmut näher als dem amerika- lebendigen Stück Natur ist.
nischen Idealtypus, wie ihn vor allem Gibson, Wie überall und immer bestimmt aber auch
der elegante Zeichner des „Life" aus der bei den Amerikanern eben nicht der Durch-
Wirklichkeit herausgebildet hat. Maynard's schnitt, die Majorität der Zahl, sondern die
„In fremden Meeren" (s. S. 285) erinnert in kleinere erlesene Künstlerschar, die über dem
seiner recht zahmen Phantastik an die nur Durchschnitt steht, das, was wenigstens dem
selten kraftvoller ausfallenden Versuche eng- ausländischen Betrachter als das Eigentüm-
lischer Maler, ihrem Publikum einmal Böckli- liehe, das Profilgebende der amerikanischen
nisch zu kommen. Böcklin und prettyness — Kunst erscheint. Whistler und Sargent, Harri-
das reimt sich nicht zusammen! — Und an son und Alexander, Hitchcock und Gari Mel-
gewisse französische Maler, die das Stoffgebiet chers — sie alle leben seit vielen Jahren
und die Technik der grossen Realisten popu- in Europa, haben entweder, wie Whistler,
larisieren, d. h. jenem einen sentimentalen Bei- der europäischen Kunst den feinsten Zauber
geschmack, dieser etwas Süssliches und Flaues der Vergangenheit abgelauscht und neue Reiche
geben, klingen Bilder wie des in Frankreich erschlossen oder, wie Sargent und Alexander,
geschulten und beliebten Ridgway Knight dem internationalen Chic der Pariser Malerei
„Julimorgen" an (s. S. 288). Vergleicht man die höchste Vollendung gegeben, oder, wie
in Gedanken mit solchen Bildern Knights Gari Melchers, im alten Heimatland ihrer

europäischen Vorfahren sich
künstlerisch repatriiert. Und doch
haben sie alle, als starke, wenn
auch unter sich sehr verschiedene
Persönlichkeiten, eben in dem Ge-
präge der eigenen Persönlichkeit
ein Gemeinsames der Nationali-
tät. Kein Europäer (siehe selbst
Manet!) hätte so unbefangen das
Subtilste von Velazquez herüber-
nehmen und dabei das Aeusser-
liche zurücklassen können, wie
Whistler es gethan hat; und
wenn andere Nichtfranzosen, der
Spanier Gandara, der Italiener
Boldini, in ihren mondänen Bild-
nissen die französische Lebhaftig-
keit zur Grimasse, die Oberfläch-
lichkeit zur Hohlheit, den Esprit
zur Unnatur veräusserlichen, hat
Sargent die Specialität des ele-
ganten Porträts zu der höchsten
künstlerischen Höhe — auch über
die französischen Meister des
Fachs hinaus — gebracht, die für
eine Specialität eben überhaupt
frank w. benson kinder im walde erreichbar ist. Man erinnere sich

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