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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Rosenhagen, Hans: Berliner Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0305

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BERLINER AUSSTELLUNGEN <&^-

Freilichtporträt seines Vaters fällt Otto H. Engel weiter damit, als dass der Degout vor der Damen-
angenehm auf; neben ihm in ähnlichem Sinne der maierei immer weitere Kreise ergreift, worunter
Landschafter Ulrich Hübner. Max Schlichting dann auch ernsthafte Künstlerinnen zu leiden haben,
sollte endlich einmal mit seinen, ein falsches und Selbst auf dem Gebiet der Musik, das auf die
fades Parisertum zeigenden Figurenbildern aufhören. dilettierenden Damen eine besondere Anziehungs-
Er stellt ausserdem ein paar Landschaften aus, die kraft ausübt, sind die Verhältnisse nicht so schlimm;
gewisse malerische Qualitäten haben, ohne gerade denn nicht jede, die Klavierspielen gelernt hat,
als Naturschilderungen viel zu bedeuten. Ein paar macht Anspruch darauf, für eine Künstlerin ge-
hübsche Plaketten lässt Martin Schauss sehen. halten zu werden. Wenn höfliche Abweisungen
Neben der Vorführung der „Freien Kunst" ist eine nicht mehr helfen, erwächst der Kritik schliesslich die
Kollektiv-Ausstellung des Berliner Porträtmalers Pflicht, den grundlosen Ehrgeiz der >Malweibchen<
H. Ff.nner-Beh.mer etabliert. Den Bildnissen dieses durch schonungsloses Nennen von Namen und ihrer
Künstlers fehlen sowohl malerische wie künstle- Verbrechen wider die Kunst zu dämpfen. Allein
rische Eigenschaften. Sie mögen photographisch ähn- erträglich in dieser Ausstellung sind die Leistungen
lieh sein; die dargestellten Personen posieren sogar von Dora Hitz, Ellen Morgenstern und Käthe Münzer.
entsprechend im Sinne der unkünstlerischen Photo- Dora Hitz lässt ein schon oft gezeigtes Bildnis
graphie — das Resultat ist absolute Langeweile. — eines weissgekleideten Mädchens, das neben einem
Der Salon Fritz Gurlitt bietet die Ausstellung einer Sessel steht, sehen. Die Darbietungen von Ellen
„Vereinigung von Künstlerinnen". Die meisten dieser Morgenstern erheben sich nicht über den Begriff
Damen nennen sich ungefähr mit demselben Recht Studie; aber in ihren Landschaften vom Ammer-
»Künstlerinnen«, wie sich ein kleines Mädchen, das see, »Herbstsonne', »Kastanien« und >Alte Mühle«,
gelernt hat, das erste Strumpfband zu stricken, als offenbart sich echte malerische Empfindung, ja sogar
Strumpfwarenfabrikantin ausgeben könnte. Es handelt malerisches Feingefühl und Natursinn. Zeichnung
sich in der Hauptsache um Erzeugnisse aus >Mal- allerdings noch schwach. Bei Käthe MCnzer lässt
spielschulen«, denen man selbst in nichtöffentlichen sich in einigen Landschaften mit Bauernfiguren wenig-
Räumen mit Schaudern begegnet. Einer derartigen stens Sinn für Bewegungen und ein gewisses Kompo-
Spekulation auf Familieninstinkte und auf die Galan- sitionstalent konstatieren. — Aeusserst anregend ist
terie der Kritik muss umso schärfer begegnet werden, wieder die Ausstellung bei Bruno & Paul Cassirer.
als die Ausstellung sehr geeignet ist, das Ansehn Im Mittelpunkt derselben steht Claude Monet
ausgezeichneter Lehrer zu schädigen. Es sollte mit einem 1866 gemalten -Dejeuner sur l'herbe<,
selbstverständlich sein, dass diese nicht dafür ver- das die z. B. von Degas mit Entschiedenheit ver-
antwortlich gemacht werden, wenn die Damen, die tretene Ansicht, Manet sei gar nicht der Erfinder
in den Ateliers dieser Lehrer mit der Kunst spielen, der Pleinairmalerei, zu bestätigen sehr geeignet ist.
sich vor der Oeffentlichkeit blamieren. Insofern Zwei Jahre nach Manets gleichnamigem Bilde
aber erfüllt die Ausstellung doch einen gewissen gemalt, zeigt es eine Füile von Reflexbeobachtungen
Zweck, als sie Gelegenheit bietet, auf den Unfug und luminaristischen Motiven, die Manet erst
hinzuweisen, den die malenden Damen mit der mehrere Jahre später aufnahm. Das Werk Monets
Geduld des Publikums treiben. Sie erreichen nichts stellt ein Picknick eleganter Stadtbewohner im Walde

unter einer mächtigen Buche
dar. Man hat ein weisses
Tischtuch auf den Boden ge-
legt, kalte Speisen und Früchte
darauf gestellt. Eine Dame in
weisser, gründekorierter Toi-
lette, eine andere in Weiss
mit Blau sitzen dahinter und
hantieren mit den Bestecken.
Ein schwarzgekleideter Herr,
nachlässig an den Buchen-
stamm gelehnt,und ein zweiter
in Hemdärmeln, mit unend-
lich langen Beinen, im Grase
liegend, schauen den Zurüst-
ungen zu, ein dritter unter-
hält sich mit ein paar Damen
in der hässlichen Tracht jener
Zeit, die eine in Gelbgrau
mit Grün, die zweite in Grau
mit Blau. Vordem Frühstücks-
arrangement ein kleines Wind-
spiel, im Schatten der Buche
bei einigen roten und dunklen
Tüchern ein Diener mit Wein-
flaschen. Man darf das Bild
nicht auf Zeichnung ansehen;
aber es ist als Malerei eine so
bezaubernde Leistung, so voll
von echter grosser Künstler-
schaft, dass man ein Thor
wäre, sich über Zeichenfehler
aufzuhalten. Schon die Wald-
landschaft mit dem blauen
sergeant kendall -st. ives, pray for me« Himmel, der durch die Zweige

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