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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Pascent, E. N.: Nordische Kunst in Paris um 1900, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0339

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-a-sö> NORDISCHE KUNST

kommt, ist der Hauch nordischer Meere, die
stählende Herbheit der nordischen Winterluft,
die ihre besten Kunstwerke ausströmen. Denn
es sind die drei skandinavischen Völker, von
denen hier ein paar Worte gesagt werden
sollen, begleitende Worte zu der Auswahl
aus den Bildern, mit denen sich die Dänen,
Schweden und Norweger im vorigen Jahre
der internationalen Menge auf der Pariser
Weltausstellung vorstellten.

Die drei nordischen Brudervölker (zwei von
ihnen vertreten bekanntlich den auch sonst
ziemlich häufigen Typus der feindlichen Brüder)
leiden nicht an allzu grosser Familienähnlich-
keit; und die Verschiedenheit ihrer nationalen
Physiognomien wird für den Kunstbetrachter
noch verstärkt durch die Altersunterschiede
in der Entwicklung ihrer Kunst. Die dänische
Malerei, von der im Jahre 1888 ein fran-
zösischer Kritiker sagen konnte: eile est en
pleine evolution, eile n'est pas en revolution,
ist wohl am raschesten auf dieser Bahn be-

sonnener Entwicklung vorwärts gelangt; sie
nimmt Teil an der Feinheit und Harmonie
der heutigen dänischen Kultur, die fast schon
etwas von Nachmittagsstimmung, von den
ersten Zeichen dermitderjugendabschliessen-
den Resignation hat. Die jugendlichste, derbste
der drei ist noch heute die norwegische Kunst.
Man kann das Gefühl nicht ganz unterdrücken,
dass die langsamere Entwicklung dieser letz-
teren doch vielleicht zusammenhängen mag mit
einem gewissen Ueberwiegen des litterarischen
und politischen Elements im norwegischen
Geistesleben. Man wurde darauf auch sozu-
sagen durch den Augenschein hingeführt:
unter den etwa hundertzwanzig Bildern der
norwegischen Abteilung waren drei Ibsenbild-
nisse (wogegen freilich Björnson, wenn ich
mich recht erinnere, fehlte). Von den drei
Ibsenporträtisten, Nils Gude, Hans Heyer-
dahl, Erik Werenskiold, hatte Werenskiold,
der unübertreffliche Märchen-Illustrator, seine
Aufgabe wohl am besten gelöst, was die
Charakteristik anlangt, und sie
auch malerisch am interessan-
testen formuliert; das Bild war
ganz hell in hell gehalten und
wirkte ebenso diskret wie be-
stimmt (s. Abb. a. S. 338).
Werenskiold zeigte sich in dem
hübschen Idyll „Dorfkinder" auch
wieder als ein Genremaler, der
seine gut beobachteten Figuren
mit Geschmack und Raumgefühl
in die Landschaft stellt. — Wie
die beiden andern Ibsenporträts,
so litten auch die meisten andern
Bildnisse — z. B. Heyerdahls
„Prinz Eugen von Schweden",
Halfdan Strom's Porträt Emil
Hannovers (s. Abb. a. S. 330) -
an einer gewissen Trockenheit;
besser, weil innerlicher, wirkte
das genreartige Bild von Strom
„Eine junge Mutter" (s. S. 340);
das halb unbewusste, man möchte
fast sagen animalische Mutter-
glück der ihr Kind stillenden
jungen Frau war überzeugend und
doch zart zum Ausdruck gebracht.

Es ist kein Zufall, dass unter
den norwegischen Genrebildern
die Darstellungen aus dem
Bauernleben überwiegen. Nor-
wegen ist noch heute ein Bauern-
land, und die grossen Hofbesitzer
in ihren entlegenen Thälern füh-
len sich so gut als freie Männer
jedem Fürsten ebenbürtig, wie

erik werenskiold dorfkinder

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