Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

DOI Artikel:
Ostini, Fritz von: Die VIII. internationale Kunstausstellung im kgl. Glaspalast zu München, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0586

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MÜNCHENER GLASPALAST 1901

Bildnissen der Therese Schwartze kann
das des Ohm Krüger trotz aller Aktualität
nicht das Interessantere heissen; frisch und
anziehend ist „Schach und Matt". Gar
nicht schlecht genug reden kann man über
Josselin de Jong's „Königin Wilhelmine".
So was malt jeder Berliner Hofmaler immer
noch mit der linken Hand! Als neuer Mann
taucht Martinus Schildt (Rotterdam) auf,
der eine Gruppe Waschfrauen mit packenden,
herbfrischem Realismus dargestellt hat, ein
Bild von Rang! Im Saal der Belgier über-
rascht uns Fernand Khnopff durch ein sü-
perbes, ganz in den allerlichtesten Tönen
gehaltenes Damenbildnis, an dem nicht die
kleinste Extravaganz zu entdecken ist. Um
so komplizierter und unverständlicher ist sein
Pastelltriptychon „Isolierung". Etwas Gran-
dioses ist in Courtens' „Morgen", einem
Flussufer mit Bäumen; auch Verheyden's
„Sumpflandschaft" ist ein imponierendes Werk
von grosser Frische. Die historische Sti-
listen-Schule vertritt Pierre Verhaert mit
einer starkfarbigen, strenglinigen Tafel „An-
kunft des ersten Zuckers in Antwerpen 1508".
England und Amerika — die beiden angel-

e m i l schill bildnis

sächsischen Nationen sind übrigens künst-
lerisch sehr wenig miteinander verwandt —
haben im äussersten Westen des Glaspalastes
Unterkunft gefunden. Die englische Abteilung
gewinnt alles durch die Unterstützung der
Schotten, von denen namentlich die Land-
schafter Caaieron, Grosvenor Thomas,
dessen herrlichen „Schatten der Dämmerung"
der ungarische Staat erworben hat, dann Th.
C. Morton, Alexander Roche, Alexander
Frew, James Paterson wiederum ihr Bestes
bieten. John Lavery's Damenbildnisse sind,
besonders was die Toiletten angeht, ja wieder
von sehr flotter Mache, aber die Gesichter
scheinen nicht ganz so sorgsam studiert, das
Ganze hat minder feine Valeurs als sonst.
In diesem Sinn ist z. B. Fr. Howard's Blondine
in weiss und blauem Kleide höher zu schätzen;
ebenso ist dessen „Eva" ein anmutiges, duf-
tiges Bild. Auch von Whistler ist ein Mäd-
chenbildnis da, das im Katalog einen sehr
umständlichen Titel führt; wäre nicht der
grosse Name, man würde wohl nichts weiter
darüber sagen als „recht nett"! Gute, vor-
nehme Kunst bieten Georg Sauter's „Kame-
raden", ein charmanter alter Herr mit seinem
Enkel, und das vorzüglich gemalte dämmerige
Interieur mit den beiden Damen, „Frage und
Zögern". David Gauld's „Ruhende Kälber im
Grünen" sind von köstlicher Saftigkeit der
Farbe und Morley's „Kämpfende Hähne" die
Perle der ganzen englischen Abteilung, in
ihrer grosszügigen Pinselführung und der
vollendeten Thiercharakteristik. Das hat ein
Hondekoeter nicht nur nicht besser, sondern
kaum jemals so gut gemalt! — Amerika: wenig
neue Namen! Hitchcock's Tulpenfelder und
Liliengärten, realistisch-nüchtern (aber gut!)
gemalt und mit romantischen Gestalten belebt,
Julius Stewart's weibliche Akte im Freien,
Bridgman's süsse Orientalinnen — ob sie
wohl in Wirklichkeit immer so nett und sauber
sind? — kennen wir schon ziemlich lange
und sie haben sich so wenig verändert wie
die indischen Scenen von Edwin Week's, die
allerdings zum Teil meisterhaft gemalt sind
und hoch über dem Genannten stehen. Der
in München lebende H. Hartwtch zeigt in
zwei Bildern einen starken Aufschwung: einem
grossen Erntebilde von imponierender Natur-
treue und einem vortrefflichen Männerporträt
im Interieur. W. Dannat hat fast nur alte
Porträtköpfe geschickt; was er heute ist und
kann, sieht man aus dieser recht uninter-
essanten Kollektion nicht. Mit einer „Bathseba"
und einer kraftvollen Naturstudie von einer
Werft zeigt Samuel Crone, dass er das blü-
hende Fleisch eines jungen Weibes ebensogut

562
 
Annotationen