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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 5
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Glaser, Curt: Ein Museum ostasiatischer Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0326

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EDVARD MUNCH, HERRENBILDNIS
AUSGESTELLT BEI FBITE GURUTT, BERLIN

wenn man das in diesem Falle gewiss besonders gerecht-
fertigte Prinzip aufstellen wollte, die Zahl der Gegen-
stände nicht zu vermehren, sondern nur für zu gering
erkannte Stücke durch bessere Exemplare der Gattung
zu ersetzen, so ist es doch ein Glücksfall, wenn das alte
Kleid dem neuen Werke passt, und meist wird die
dekorative Wirkung leiden, wo man an Qualität zu ge-
winnen trachtet. Das ist ein Bedenken, das nicht zu-
rückgehalten werden darf, gerade wenn man die Vor-
züge der Methode so sehr anerkennt. Und zuweilen
kommt einem der ketzerische Gedanke, dass aller neuen
Museumstechnik zum Trotz die Architektenhäuser und
die nach der Schablone gefertigten Vitrinen auch ihr
Gutes hatten. Zuviel preist man heut Tapeziererkünste

als Thaten der Museumsdirektoren. Das
Publikum ist gewiss dankbar dafür, wenn
man ihm den Kunstgenuss durch solche Hil-
fen erleichtert. Aber das Wesentliche blei-
ben doch immer die" Kunstwerke selbst.
Wer Augen hat, weiss sie zu finden. Das
Museum selbst bleibt ein Kompromiss, in-
sofern es kein Kunstwerk giebt, das für
dieses Haus geschaffen wurde. Nur ein
Versammlungsort kann es sein, nicht eine
Heimat, und je wohnlicher man es den
Dingen macht, um so mehr entfernt man
sich zugleich von der natürlichen Funktion
des Ortes.

Das sind nun gewiss rein akademische
Erörterungen, denn niemand wird sich den
Reizen eines gut arrangierten Museumssales
entziehen, niemand gegen die Schrecken
eines Magazines unempfindlich sein. Aber
wo das eine Prinzip zum allein herrschen-
den erhoben ist, darf wohl das andere ganz
leise wieder in die Erinnerung gerufen wer-
den.

Das eine Verdienst ist dem Kölnischen
Museum sicher: das erste in Europa zu sein,
das der ostasiatischen Kunst volles Heimat-
recht gewährt. Der kleine Führer, der sehr
verdienstlicher Weise zugleich mit der Er-
öffnung des Museums ausgegeben wurde,
leitet den Besucher durch alle Gebiete öst-
licher Kunst. Dass ein solches Museum auch
ein Wagnis ist, ein ebenso grosses Wagnis
wie der erste Versuch einer Kunstgeschichte
Ostasiens es sein musste, liegt auf der Hand. Ein erstes
Buch verhindert leicht ein zweites, und darum kann es
viel schaden. Dieses erste Museum wird hoffentlich die
umgekehrte Wirkung haben, zur Nacheiferung anzu-
regen. Wer als zweiter kommt, wird sein Daseinsrecht
damit zu beweisen haben, dass er Besseres bieten kann.
Und ein Buch bleibt, ein Museum ist wandelbar. Ge-
rade wenn Köln erst nicht mehr das einzige Museum
seiner Art ist, wird es im Wettbewerb sich zu be-
währen haben. Und dann wird auch das Kleid, das
heut so trefflich sitzt, viele kräftige Löcher sich ge-
fallen lassen müssen, wenn das Kind, dem es ange-
messen wurde, zum Manne sich auswachsen soll.

Curt Glaser.



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