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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 12
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Uhde-Bernays, Hermann: Dantans plastische Karikaturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0704

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sich mit dem Phlegma seiner guten Erziehung vom
Lohndiener die Liste der allerletzten Sehenswürdig-
keiten vortragen lässt. Besuche in Künstleratcliers
sind noch nicht gebräuchlich. Nur Horace Vernets
Napoleonbilder könnten zweimal wöchentlich be-
sichtigt werden. Das wäre etwas. Aber Napoleon...! ?
Ferner das Dantanorama. Rue St. Lazare. Nicht zu
versäumen. Alle Fremden von Distinktion sehen
es sich an. Man wird besonders als Engländer liebens-
würdig aufgenommen. Monsieur Dantan war selbst
längere Zeit in England. Mylord erinnert sich.
Chez Dantan .... der Diener wird warm, weil er
merkt, dass er Interesse gefunden hat, und erzählt
von den Arbeiten des gefeierten Bildhauers. Chez
Dantan .... ein Büchlein ist erschienen, das mit
diesem Titel für zehn Sous Thun und Treiben des
Lieblings der Pariser Gesellschaft berichtet. Chez
Dantan .... der Nachmittag ist untergebracht,
und um 4 Uhr hält die Equipage am Hause Dantans.

Es ist Empfangsstunde. Wagen auf Wagen
folgen sich, und das Sägemehl auf der Treppe,
gestreut zum Schutz gegen das Rutschen auf dem
Marmor, ist von den Roben eleganter Damen in
die Korridore und Zimmer der Wohnung des
Meisters getragen, dessen Sekretär im Entree an der
Glasthüre empfängt. Zwei Ateliers befinden sich
im Hause, links die Werkstatt ernster Arbeit, wo
die grossen Aufträge ausgeführt werden, eben das
Boieldieudenkmal fürRouen, das die erbitterteKritik
des David d'Angers herausfordern wird, und die Por-
trätbüsten entstehen, rechts „la salle des caricatures'%
der Raum mit der Sammlung der Thonstatuetten
berühmter Persönlichkeiten, die Dantans Populari-
tät während der Zeit des Bürgerkönigtums be-
gründeten. Der Bildhauer selbst ist abwesend. Er
weilt in seiner Gesellschaft, einem Verein, der eben-
so heiter zu sein scheint wie die Beschäftigung des
Vorstandes mit seinen Karikaturen — la societe
des anagrammistes, Menschen, die eine Art von
geistiger Gymnastik treiben durch Auffindung von
witzigen Anagrammen, Wortspielen, Schüttelreimen,
und nach der Verlesung der alltäglich neu ausge-
klügelten Sprachbereicherungen dem Domino und
dem Schachbrett sich hingeben.

Das „Dantanorama" umfasst mehrere hundert
Exemplare von kleinen Thonfiguren, Karikaturen
auf alle bekannten Männer der Zeit. „C'est un
peuple innombrable, c'est un monde tout entier,
le monde des celebrites contemporaines representees
sous l'aspect le plus drolatique" meldet der Führer.
In einer besonderen Ecke sind die „charges anglaises"

J. P. DANTAN, LISZT

aufgestellt, die Dantan während seines Aufenthalts
in London im Winter 1 8 30/3 1 ausgeführt hat. Sie
gehören zu seinen besten Stücken. Der Herzog von
Wellington, Lord Brougham, der Herzog von
Gloucester im Gespräch mit dem Herzog von
Cumberland, andere Mitglieder des englischen
Königshauses und der englischen Peerage stehen
zusammen. In der Mitte befinden sich durch-
einandergestellt die französischen Parlamentarier,
die auch Daumier in Thon nachbildete, und die
Künstler, die Dantan besonders liebt, die Brüder
Hertz, Strauss, Liszt, Berlioz. Vor diesen Statuetten
drängt sich die vornehme Welt, um mit Lachen
und Spötteln die einzelnen Persönlichkeiten durch-
zusprechen. Amüsante Plaudereien, angeregt durch
Dantans satirische Schöpfungen, und oberflächlicher
Klatsch erfüllen den Saal. Immer sind die neuesten
Komponisten zu sehn. Man trifft Bekannte, be-
grüsst sich, und vergisst schliesslich ganz den Zweck
des Besuches, der wohl auch niemals ernsthaft ge-
nommen wurde.Von Dantans künstlerischer Leistung
ist nicht die Rede. Wie klug von ihm, dass er
seinen Besuchern aus dem Wege ging. Sie hätten
ihm die Freude an dieser Thätigkeit genommen, der
er bedurfte um auszuspannen. Gelegenheitsbe-
schäftigung war ihm die Arbeit an den rasch ge-
kneteten Thonfiguren, die wie Anmerkungen humo-
ristischer Observanz zu dem Schaffen des Porträt-

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