Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0494
DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:Coquiot, Gustave: Modigliani
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AMEDKE MODIGLIANI, BLONDE FRAU
MIT ERLAUBNIS DER SOCIETE DU DROIT d'AUTEUR AUX ARTISTES (GALERIE A. FLECHTHEIM)
BESITZER: GALERIE BING, PARIS
MODIGLIANI
VON
GUSTAVE COQUIOT
DEUTSCH VON AUGUST BRÜCHER
Einst lebte in Livorno in Italien ein kleiner
Judenjunge, den seine Eltern zärtlich liebten.
Er hieß Amedeo Modigliani. Er wurde in der'
Achtung der Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten
erzogen, die von dem Rabbiner vorgeschrieben
waren; dann, als er sein zwanzigstes Jahr erreicht
hatte, kam er nach Paris.
Er wollte Maler werden. Er mietete ein Ate-
lier auf der Butte Montmartre; und da er sehr
vernünftig war, hängte er sofort einige Photogra-
phien der berühmten Bilder, die sein wunderbares
Land noch besitzt, an die Wand.
Es war ein wenig ein Durcheinander von Wer-
ken. Mit zwanzig Jahren übt alles „Gegenständ-
liche" einen starken Zwang aus; der plötzliche
Wunsch, die Begeisterung des Augenblicks kom-
men jeder Überlegung zuvor. Man hat Lust nach
allem, man hat Durst nach allem; man will alles
verschlingen; man hat Stolz in sich; man denkt
nicht an den Verkauf, an die Persönlichkeit nicht
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MIT ERLAUBNIS DER SOCIETE DU DROIT d'AUTEUR AUX ARTISTES (GALERIE A. FLECHTHEIM)
BESITZER: GALERIE BING, PARIS
MODIGLIANI
VON
GUSTAVE COQUIOT
DEUTSCH VON AUGUST BRÜCHER
Einst lebte in Livorno in Italien ein kleiner
Judenjunge, den seine Eltern zärtlich liebten.
Er hieß Amedeo Modigliani. Er wurde in der'
Achtung der Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten
erzogen, die von dem Rabbiner vorgeschrieben
waren; dann, als er sein zwanzigstes Jahr erreicht
hatte, kam er nach Paris.
Er wollte Maler werden. Er mietete ein Ate-
lier auf der Butte Montmartre; und da er sehr
vernünftig war, hängte er sofort einige Photogra-
phien der berühmten Bilder, die sein wunderbares
Land noch besitzt, an die Wand.
Es war ein wenig ein Durcheinander von Wer-
ken. Mit zwanzig Jahren übt alles „Gegenständ-
liche" einen starken Zwang aus; der plötzliche
Wunsch, die Begeisterung des Augenblicks kom-
men jeder Überlegung zuvor. Man hat Lust nach
allem, man hat Durst nach allem; man will alles
verschlingen; man hat Stolz in sich; man denkt
nicht an den Verkauf, an die Persönlichkeit nicht
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