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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 4
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Tietze, Hans: Anton Faistauers Entwürfe für Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0181

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ANTON FAISTAUER, ENTWURF FÜR DIE AUSMALUNG DES
SALZBURGER FESTSPIELHAUSES

AUSGESTELLT IN DER NEUEN GALERIE, WIEN

traf ihn in diesem Sommer der plötzliche Auftrag, das Vesti-
bül des neuen Salzburger Festspielhauses in einer unwahr-
scheinlich kurzen Zeit auszumalen. Uber diese durch äußere
Verhältnisse fast zu einer Improvisation gemachten Arbeit
legen die Studien und Entwürfe, die in der Neuen Galerie
in Wien ausgestellt sind, eine Art von Rechenschaft ab.
Sie sind zum Teil die einzigen Vorbereitungen der Ausfüh-
rung; denn da die Zeit drängte, konnten keine Kartons
hergestellt werden, sondern der Künstler half sich mit dem
ingeniösen Einfall, die Zeichnungen mit Hilfe eines Projek-

tionsapparates auf die zu bemalende Wandfläche zu über-
tragen. An die Festspielhausentwürfe schließen sich weitere
Skizzen zu dekorativen Malereien an Peter Behrens' Bene-
diktiner-Universität bei St. Peter in Salzburg an. Vor einigen
Jahren hat Faistauer bei der Ausmalung der Pfarrkirche von
Morzg bei Salzburg eine große dekorative Aufgabe in einer
meiner Ansicht nach nicht ganz glücklichen Weise gelöst;
der — nicht der Person, sondern der ganzen Zeit zur Last
fallende — Mangel einer architektonischen und einer gegen-
ständlichen Tradition hat ihn bei aller geschmackvollen Ge-
schicklichkeit an einer Aufgabe versagen lassen, bei der die
Notwendigkeit der Gebundenheit durch so viele Beispiele
aus allen Zeiten bezeugt ist. Die jetzige Aufgabe bot durch
ihre Freiheit von alter Überlieferung und auch durch jene
Kürzung der Arbeitsfrist einen nützlichen Impuls; die Pflicht
zur Monumentalität, die den Maler bei dem Morzger Ver-
such schwer belastet und die doch wieder nicht Erfüllung
gefunden hatte, entfiel, aus dem grimmigen Ernst wurde ein
Spiel, zu dem der Künstler gerade in diesem Stadium seines
Werdegangs Grazie und Leichtigkeit mitbrachte. Den Raub-
bau, den die Postarbeit seiner Nervenkraft zumutete, lassen
die zumeist farbigen Entwurfszeichnungen nicht merken; sie
zeigen eine zwanglose und flüssige Anmut, in der die Her-
kunft und Schulung Faistauers in einem Lande barocker Tra-
dition — weil nicht mehr äußerlich, sondern innerlich —
wahrhaft produktiv wird. Sie zeigen eine echte Dekorations-
gabe, die wirklich und erfreulich schmückt, die in die Neu-
tralität eines Vorraums und an die schwerfällige Wucht eines
mächtigen Nutzbaus eine Note heiterer Anmut bringt, die
so glücklich ist wie der malerische Schmuck, den das acht-
zehnte Jahrhundert an kirchliche und profane Gebäude hängte.
Es ist gute Dekorationsmalerei, weil sie nicht die Zeit hatte,
mehr sein zu wollen; weil sie anspruchslos und naiv ist und
weil das rasende Tempo der Ausführung den Künstler zwang,
sich auszuschalten, sich hinzugeben, seine natürliche Bega-
bung ungehemmt und unverquält ausströmen zu lassen.

ANTON FAISTAUER, ENTWURF FÜR DIE AUSMALUNG DES SALZBURGER FESTSPIELHAUSES

AUSGESTELLT IN DER NEUEN GALERIE, WIEN

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