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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 5
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Liebermann, Max: Claude Monet
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0188

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CLAUDE MONET, FISCHERBOOTE

PHOTOGRAPHIE ROSENBERG, PARIS

akademische Malerei wollte noch dazu „denken".
Die Kunst aber kann nichts erfinden, sondern
nur empfinden.

Courbet und Leibi sahen die Natur mittelbar
durch die Brille der alten Meister, Renoir und be-
sonders Claude Monet sahen sie unmittelbar.
Während Courbet oder Leibi die schöne Malerei
ihrer großen Ahnen zu erreichen bestrebt sind,
geht Renoirs oder Monets Streben einzig dahin,
die Schönheit der sie umgebenden Natur im Bilde
wiederzugeben. Daher leben Monets Bilder mehr
als die Courbets, seine Lüfte bewegen sich mehr,
während Courbet ihnen vielleicht eine schönere
Oberfläche zu geben weiß, mit einem Worte,
Renoir oder Monet besitzen eine größere male-
rische Phantasie.

Mit dieser stärkeren Phantasie haben die Im-
pressionisten sich die Welt erobert, nicht etwa mit
einem Schulprogramm oder gar durch ihre neue
Technik. Gewiß haben die Impressionisten eine

neue Technik erfunden — denn alle Entwicklung
in der Kunst beruht im Grunde auf technischer
Entwicklung —, aber ihre neue Technik war der
Ausfluß ihres neuen Sehens, also eine rein geistige
Errungenschaft, wie alle künstlerische Technik;
denn was bedeutet künstlerische Technik anderes,
als die Form für den Ausdruck, und es wäre der
höchste ästhetische Unverstand, diese neue Technik
Claude Monets — denn wenn ihm auch andere,
wie etwa Sisley, darin vorgearbeitet haben mögen,
hat er sie doch am konsequentesten durchgeführt
— für eine wissenschaftliche Errungenschaft zu
halten: sie ist, wie jede künstlerische Technik, also
einer Technik, die die Form für den Ausdruck
gibt, eine Tat des Genies, das halb unbewußt
handelt.

Nun wird in den Kunstgeschichten immer als
das Entscheidende der Impressionisten verzeichnet,
daß sie ihre Staffelei in die Natur stellten, und
nicht nur nach der Natur, sondern vor der Natur



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