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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 5
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Tietze, Hans: Anton Hanaks Magna Mater
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0212

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Ebene zu vollziehen. Die Befreiung von der strengen Barock-
form ist in den folgenden Jahren sein wesentliches Problem
geblieben; mühsam und wie traumbefangen lösen sich die
Gestalten von einer Gebundenheit, die unumstößliches Ge-
setz schien. Die neue Gruppe der „Magna mater" bedeutet
dadurch einen Höhepunkt dieser Bemühungen, daß die Wand-
lung von Frontalität zur Freiplastik zwanglos und natürlich
geworden is. Lückenlos bietet die in der knieenden Frau
aufgipfelnde Pyramide dem sie Umwandelnden immer wie-
der ein neues geschlossenes Bild, ein Bild, das aber nicht
die anderen Ansichten niederzwingt, sondern rastlos in diese
weitergleitet; unzählige Blicke formen sich erst zur Ganz-
heit des Eindrucks. In der Abstufung und psychologischen

Differenzierung der vier Schutzbefohlenen Kinder erhellt
sich der einstige Hang zu schwerer Symbolik in eine all-
gemein verständliche Charakteristik: der sich auflehnende
halbwüchsige Knabe, das hingebungsvolle knospende Mäd-
chen, das zutraulich ans Knie der großen Mutter geschmiegte
geborgene kleine Kind; endlich hinter ihr, in Angst zitternd,
das Kind, das noch nicht gefunden wurde. Diese Typen-
reihe belastet jedoch nicht literarisch die Komposition, die
die Vorzüge des Hanakschen Bildnerstils, den klaren Aufbau
und die lebendige Durchbildung der Einzelfigur in einem
an Auge, Empfindung und Phantasie sich wendenden Monu-
ment zu einer wirksamen Einheit verbindet.

KARL DANNEMANN, WANDMALEREI IM BREMER RATSKELLER

Karl Dannemann, Schüler und Mitarbeiter Max Sle-
vogts, hat vom Senat seiner Vaterstadt Bremen den Auftrag
bekommen, den Bacchussaal des Bremer Ratskellers mit Wand-
malereien zu schmücken. Es ist geworden, wie man es von
dem erfindungsreichen und auf dem Gebiete der künstleri-
schen Bühnendekoration mehrfach erprobten jungen Maler
erwarten konnte: heiter und festlich, dekorativ im besten
Sinne und, natürlich, ohne jede archaisierende Stilspielerei,
zu der die gotischen Gewölbe eine mindere Begabung so
leicht hätte verführen können. Dannemann dekorierte mit
seinen Fresken frei über die Flächen weg und malte schön
bewegte, lebendig gezeichnete Kompositionen aus dem Um-

kreis der bacchischen Legenden, scheinbar leicht improvi-
sierend, im Grunde aber mit beherrschter Kunst der Zu-
sammenfügung und einheitlich im Rhythmus. Der guten
Laune in den Erfindungen, mit dem oft kapriziösen Spiel
der Umrisse, setzte er wohltuende Einfachheit in der far-
bigen Gesamthaltung entgegen. Auf dem von goldnen und
grünen Reflexen überzogenem hellen Malgrund heben sich
die Gruppen in warmem Rotbraun ab, hie und da in Einzel-
heiten belebt von farbig reizvollen und sprechenden Ak-
zenten. Das Ganze ein heiteres Spiel, das nicht zu schwer
genommen werden will, doch aber immer durchaus solide
bleibt. Ein glücklicher Wurf. E. W.

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