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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 5
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Börger, Hans: Etwas über den griechischen Antiquitätenhandel
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0216

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melt in Athen von falschen oder verfälschten Vasen, Terra-
kotten, Bronzen, Marmoren, Gemmen und Münzen. Und es
gibt leider unter diesem Material Dinge, die auch dem Er-
fahrenen gefährlich werden können, Ein Glück, daß wenig-
stens die fabelhaft schönen Münzstempel des kürzlich ver-
storbenen Fälschers Christodoulos sämtlich in das sichere
Gewahrsam des athenischen Münzkabinetts gewandert sind!
Es laufen ohnehin genug von diesen gefährlichen Prägungen
um, ja bei der Witwe des Christodoulos, die das Geschäft
in der Äolosstraße weiterführt, kann man, untermischt mit
echten Münzen, noch viele von diesen Stücken bewundern.
Mit rührender Naivität erklärt die persönlich sehr an-
nehmbare, lebenslustige Dame, daß sie keine Garantie
für die Echtheit der bei ihr gekauften Stücke übernimmt.
Levante!

Die wenigen Großhändler, unter deren Kontrolle natür-
lich die kleinen Leute stehen (sie werden regelmäßig ab-
gesucht), sind im ganzen zuverlässiger in Echtheitsfragen,
wenn man auch „europäische" Maßstäbe nicht anlegen darf.
Sie machen verständigerweise ihr Geschäft vor allem auf
andere Art: sie sind, für griechische Verhältnisse, sehr teuer,
schon im Hinblick auf die Amerikaner, die sich im Frühling
und Herbst in ganzen Dampferladungen über Athen er-
gießen. Die Drachme existiert für sie natürlich schon lange
nicht mehr, und sie interessieren sich nur noch für die
führenden Valuten, was ihnen niemand verübeln wird, der
griechische Verhältnisse kennt.

Was man in Athen selbst auf dem Gebiet des Antiqui-

tätenhandels sieht, ist im Grunde in keiner Weise über-
raschend. Nicht ganz so gefaßt ist man von vornherein
auf die ausgezeichneten händlerischen Verbindungen der
griechischen Hauptstadt mit abgelegenen Orten der Provinz.
In dem weltverlorenen Bergnest Andritsena in Arkadien —
mehr ein Dorf als ein Städtchen — wurde mir und meinem
Reisegenossen der echte Deckel eines Bronzespiegels mit
einer daraufgelöteten gefälschten Reliefszene von der im
vierten vorchristlichen Jahrhundert üblichen Art angeboten.
Derselbe Biedermann, der natürlich alles in der Umgebung
gefunden hat, versucht auch Münzfälschungen loszuwerden,
unter die Zur Verschleierung eine echte Tetradrachme
Alexanders des Großen — sie sind so häufig wie Sand am
Meere — gemischt ist. In Kaiamata am messenischen Golf
bringt uns ein Uhrmacher Fälschungen seltener Münzen
(zum Beispiel von Elis) ins Hotel, wahrscheinlich von der
Hand des Christodoulos.

Einige Wochen auf griechischem Boden, und man wun-
dert sich über nichts mehr. Man resigniert und fühlt eine
Erkenntnis in sich heraufdämmern: Wäre es nicht doch
klüger, die Dinge zu sich kommen zu lassen statt ihnen
entgegenzufahren? Jedenfalls gibt es zum Beispiel in Berlin
einen sehr geachteten Händler, der bedeutendere und dabei
oft preiswertere Objekte besitzt, als ich auf zwei Griechen-
landreisen erblickt habe. Wer nach Hellas nur deshalb
fahren wollte, um als Sammler sein Glück zu machen, man
müßte ihn warnen. Es sei denn, er bleibt lange dort und
akklimatisiert sich vollkommen.

BUK T I () N S N A C II R I C H T E X

Nach dem Ansturm der Weih-
nachtsauktionen, die in der ersten
Dezemberhälfte sich drängten, ist
es auf dem Auktionsmarkte einiger-
maßen still geworden. Als einziges
Ereignis von Bedeutung ist die Ver-
steigerung eines altkölnischen Tafelgemäldes bei Lempertz in
Köln zu verzeichnen. Es handelte sich um ein außerordentlich
seltenes hervorragendes Stück, eine vielfigurige Darstellung
der Kreuzigung Christi von einem Maler, der dem ersten Meister
des Klarenaltares im Kölner Dome, also dem sogenannten
Meister Wilhelm, der um i 370 tätig gewesen ist, nahe steht.
Leider ist es nicht gelungen, das bedeutende Gemälde, wie
man gehofft hatte, dem Kölner Wallraft'-Richartz-Museum zu
sichern. Der Preis, der mit Aufgeld 109000 Mark betrug,
überstieg die von der Stadt für den Ankauf ausgesetzte
Summe erheblich. Auch die Bemühung des Fitz-William-
Museums in Cambridge war vergeblich. Der Zuschlag er-
folgte an die Frankfurter Kunsthandlung Rosenbaum, die
anscheinend im Auftrag eines bekannten westdeutschen
Privatsammlers das Gemälde ersteigerte.

Von außerdeutschen Auktionen ist eine Mailänder Ver-
steigerung der Erwähnung wert, in der Rekordpreise für
Werke Segantinis erzielt wurden. Das bekannte Bild „Die
zwei Mütter" wurde mit 1 100000, zwei andere Bilder, das

„Galoppierende Pferd" und die „Liebesgöttin" mit je einer
halben Million Lire bezahlt.

War in den vorweihnachtlichen Auktionen Berlins all-
gemein eine Belebung des Kunstmarktes festgestellt worden,
so hat der Kunst- und Antiquitätenhandel eine Auswirkung
des wieder gesteigerten Interesses auf das Ladengeschäft
noch vermißt, und er fühlt sich durch gewisse Privilegien
des Auktionswesens so sehr geschädigt, daß er sich zur Ab-
wehr in einem neuen Verein zusammengeschlossen hat.
Auch uns erscheinen manche Geschäftspraktiken einzelner
Auktionsfirmen nicht unbedenklich, und wir haben in un-
serem letzten Auktionsbericht darauf hingewiesen. Im üb-
rigen aber scheint uns, daß der Ausgleich sich nur auf na-
türlichem Wege vollziehen kann. Wenn das Publikum eine
Zeitlang im Auktionssaale schlecht und teuer gekauft hat,
wird es von selbst den Weg in die Kunsthandlungen finden,
sofern dort solidere Geschäftsgrundsätze herrschen. Es wäre
aber sehr falsch, darum gegen die sonntäglichen Auktions-
besichtigungen Sturm zu laufen, da sie immerhin den großen
Vorteil haben, ein Publikum am Kunstmarkte zu interes-
sieren, das an Wochentagen nicht die Zeit findet, Aus-
stellungen zu besuchen.

Die Kunsthändler wollen einen Gegenschlag führen, in-
dem sie selbst in eigenen Räumen Ausstellungen aus ihren
Beständen veranstalten. Der Versuch mag gemacht werden.

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