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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 6
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Chronik des Monats
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0250

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EDGAR DEGAS. HARLEKIN UND COLOMBINE

AUSGESTELLT IN DER GALERIE THANNH AUSER. MIT ERLAUBNIS DER D. D. A. (GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN')

Stellungen, die konditorhaft und kokottenhaft anmuten. Der
Begriff Kunstgewerbe führt sich hier selber ad absurdum.

Der Zweck von Festraumen ist, so möchte man meinen,
daß die Menschen gut darin aussehen. In dieser Variete-
umgebung, in dieser Unruhe von Farbe, Form und Licht
sehen alle Menschen kommun aus. Das Ganze ist wie auf
der Kulturstufe von Buenos Aires, ist ein Gebilde wildge-
wordener Provinzgesinnung. Aber Berlin, das so gern Welt-
stadt sein möchte, ist ja in Wahrheit wirklich noch dunkelste
Provinz.

Über das Cafe Schottenhaml wären nicht viele Worte zu
verlieren, wenn der Architekt nicht Oskar Kauffmann wäre.
Kauffmann ist der repräsentative Baumeister des nachrevolu-
tionären Berlin geworden. Er ist ein ungewöhnlich geschickter
Architekt und sogar ein Talent. Doch ist sein Talent weniger
baumeisterlich als vielmehr kunstgewerblich. Er mißbraucht
seine Gaben, er ist originalitätslüstern und hascht beständig
nach neuen Effekten. Die Berliner finden dieses schön! Da-
bei wird von srraffer Großstadtform geschwatzt. Wie kann
sie entstehen, bevor es den Berliner gibt, der ein Profil hat
und Haltung wahrt, der seine Künstler nicht fortgesetzt zum
Kitsch verführt. Berlin besitzt — im Jahre 1927! — keinen
guten Festraum, kein anständiges Ausstellungshaus (mit Aus-
nahme der Akademie), kein gutes neues Theater, kein ge-
lungenes Kino, kein erträgliches Cafe. Das alte Opern-

haus enthält — oder muß man sagen: enthielt? — immer
noch die schönsten und modernsten Festräume Berlins. Wie
es gemacht werden müßte, siehr man in Bauten, die ganz
anderen Zwecken dienen. Will man ein Beispiel sehen,
wie das Licht klug, diskret und wirkungsvoll verwandt wer-
den kann, so sehe man die neue Untergrundbahnstation
Nollendorfplatz an. Dieser absichtlich nüchtern gehaltene,
zweckmäßig gebaute Bahnhof wirkt festlicher als alle Berliner
Kinos, als alle Theater von Oskar Kauffmann, festlicher vor allem
als das Cafe Schottenhaml in seiner kompromittierenden Pracht.

Betrieb! Betrieb! Es ist immer noch wilhelminisches
Zeitalter. Und es gilt nach wie vor, was schon vor fast
zwanzig Jahren geschrieben worden ist: „Es ist das Schicksal
Berlins, immerfort zu werden und niemals zu sein."

CARL PHILIPP FOHR
In der „Neuen Züricher Zeitung" hat Kurt Pfister den
ersten Band meiner Kunstgeschichte angezeigt. Dabei hat
er geäußert, ich hätte Fohr unterschätzt. Vor allem mit meinem
Satz: „Hinterlassen hat er nicht vieles". Pfister sagt, Fohr
hätte „ein nahezu tausend, großenteils durchgeführte Ar-
beiten umfassendes Werk" hinterlassen. Die Züricher Malerin
Hanni Bay, der diese Behauptung mit Recht wunderlich er-
schien, hat zu berichtigen versucht. Pfister hat seinen Stand-
punkt aber verfochten und die Redaktion hat ihm beigepflichtet.

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