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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 6
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Glaser, Curt: Ernst Grosse
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0264

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Der Ertrag der Tätigkeit Großes für die Berliner Samm-
lung, mit deren Leitung mittlerweile Otto Kümmel beauf-
tragt wurde, war ein außerordentlicher. Große hat, zeit-
weise in Gemeinschaft mit Kümmel, der ebenfalls nach
Japan geschickt wurde, den Grund gelegt für die ostasiati-
sche Kunstabteilung, die heute einen Stolz der Berliner Mu-
seen bildet. Seiner weitschauenden Voraussicht ist es zu
danken, wenn Deutschland auf einem Kunstgebiete, das
seither in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses ge-
rückt ist, nicht rettungslos in das Hintertreffen geraten ist.
Denn durch seine Mitwirkung gelang es, nach dem Tode der
Frau Meyer auch deren Sammlung dem Berliner Museum zu-
zuführen, das durch diese großartige Schenkung in die erste
Reihe der europäischen Sammlungen ostasiatischer Kunst
einrückte.

So wird der Name des Sammlers Große in der Geschichte
der Berliner Museen fortleben. Aber denen, die das Glück
hatten, zu seinen Lebzeiten dem Menschen Große nahe-
zutreten, wird die Erinnerung an eine seltene und unge-
wöhnliche Persönlichkeit darüber hinaus unvergeßlich bleiben.
Denn ostasiatische Kunst hat kaum ein anderer Europäer
so tief erlebt wie er, und kein anderer verstand es, sein
Erlebnis so mitzuteilen, wie es Große in Wort und Geste
gegeben war. Wer einmal einen Vortrag Großes gehört hat,
weiß von der suggestiven Kraft seines sprachlichen Aus-
drucks zu berichten. Aber weit mehr noch offenbarte sich
diese eigenartige Fähigkeit, Menschen durch Worte gleich-
sam zu bannen, im persönlichen Umgang, in seinem Hause,
dessen Kunstschät/.e nicht zu alltäglicher Besichtigung ausge-
breitet waren, sondern geheimnisvoll gehütet auf echt japa-

nische Weise nur Besuchern, die würdig befunden waren, sie
zu sehen, einzeln vorgeführt wurden.

Große hat sich erst ziemlich spät entschlossen, sein rei-
ches Wissen um die Kunst Ostasiens in Büchern nieder-
zulegen. Eine frühere literarische Arbeit galt den „Anfängen
der Kunst". Das Buch, das im Jahre 1897 erschienen ist,
darf noch heute als eines der anregendsten und wichtigsten
auf seinem Gebiete gelten. Zu seiner Zeit wirkte es grund-
legend, als ein erster Versuch auf noch kaum ernstlich be-
tretenen Pfaden der Kunstforschung. In seiner Gesamtheit
ist es auch heute kaum durch ein ähnliches Werk ersetzt
oder gar überholt worden. Reich an Anregungen und noch
heute lesenswert für jeden, der sich für allgemeine Fragen
der Kunstwissenschaft interessiert, sind die „Kunstwissen-
schaftlichen Studien", die Große im Jahre 1900 veröffent-
lichte. Das im Vorwort gegebene Versprechen, ihnen eine
Reihe von spezielleren Studien folgen zu lassen, hat Große
nicht eingelöst, da die zuerst ins Weite und Allgemeine
gehenden Interessen des philosophisch geschulten Gelehrten
sich immer mehr auf das eine Gebiet der ostasiatischen
Kunst einengten.

Großes wichtigste literarische Arbeiten auf diesem Ge-
biete sind erst in den letzten Jahren im Rahmen der Bücher-
reihe über „die Kunst des Ostens" erschienen, die William
Cohn im Verlage Bruno Cassirer herausgibt. Erst durch diese
Bücher wurde Große eigentlich einem weiteren Publikum
bekannt. Aber auch sie waren nur eine kleine Spende aus
dem reichen Born einer Kennerschaft, eines Wissens und
vor allem einer Liebe zur ostasiatischen Kunst, in der sich
das Leben Großes erfüllt hat.

G. W. ROESSNER, ABEND IN EINER ITALIENISCHEN STADT

FÜNFUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, SECHSTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 15. FEBRUAR, AUSGABE AM 1. MÄRZ
NEUNZEHNHUNDERTSIEBENUNDZ WANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER G.M.B.H., LEIPZIG
 
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