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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 7
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Stokvis, Jan Benno J.: Van Gogh-Tragödie in Breda
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0274

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VINCENT VAN GOGH, LESENDER BAUER. ZEICHNUNG

teilt mit, daß diese Kisten bei diesem Zimmer-
mann einfach vergessen, später von diesem an einen
Trödler verkauft wurden und somit verschwanden.
Jedoch wurde mir von wohlunterrichteter Seite
mitgeteilt, daß von einem Vergessen der Kisten
nicht die Rede sein könne, sondern daß man sie
mit Absicht zurückgelassen hat. Als nämlich das
Mobiliar beim Zimmermann abgeholt wurde, unter-
suchte eine der jüngeren Schwestern des Malers
die Kisten, worin seine Arbeiten aufgehoben waren,
wobei sie Spuren von Holzwürmern entdeckte.
Vincents Mutter beschloß aus Furcht vor Uber-
tragung daraufhin, alles, wie es dalag, zurück-
zulassen. Es bleibe dahingestellt, inwiefern hier ein
Beispiel vorliegt von dem Verständnis und der
Achtung, die van Goghs nächste Verwandten sei-
nen Arbeiten entgegengebracht haben.

Mein erstes Ziel war nun, den Trödler, der die
Kisten übernommen hatte, ausfindig zu machen.
Es war mir bekannt, daß der Zimmermann (Schrauer)
längst verstorben war. Von dem Trödler wußte ich
nur, daß er einen französisch klingenden Namen
hatte. Meine Aufgabe schien nicht leicht, aber

Breda ist eine kleine Stadt. In kleinen Städten
weiß man alles, und außerdem war gerade Kirmes,
wodurch die Mitteilsamkeit der Leute wohl noch
größer war als sonst. Sehr bald erfuhr ich, daß
in der Nähe der schönen „groote Kerk" verschie-
dene Trödlerläden zu finden seien, die sich vom
Vater auf den Sohn vererbt hatten. Bald hatte ich
die Hallstraat erreicht und rechter Hand ein Ge-
schäft entdeckt, das den geforderten Eigenschaften
entsprach. Ich ging hinein, und auf eine vorsichtig
hingeworfene Frage stellte sich zu meiner Freude
sofort heraus, daß ich den richtigen Mann ge-
funden hatte. Herr M. Couvreur hatte zusammen
mit seinem Bruder J. C. Couvreur Vincents Ar-
beiten gekauft. Den mir von beiden Herren be-
reitwilligst gegebenen Auskünften sei folgendes
entnommen.

Nachdem die Familie van Gogh ihr Mobiliar
von Schrauer hatte zurückholen lassen, blieben die
Kisten Vincents während einer Reihe von Jahren
dort herrenlos liegen. Es scheint, daß in der Zeit
Schrauer, der sich allmählich als Eigentümer fühlte,
die Kisten öfFnete, die Mappen mit Zeichnungen,
 
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