Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Glaser, Curt: Das Cézanne-Buch Joachim Gasquets, [2]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0353

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PAUL CEZANNE, LIEBESGARTEN

MIT ERLAUBNIS DER D. D. A. (GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN)

l, bin'£k

Zuweilen wehrt sich Cezanne dagegen, als ein
Theoretiker der Malerei angesprochen zu werden,
weil er sich darum bemüht, gedankliche Klarheit
über sein Schaffen zu gewinnen.

„Meinetwegen bin ich ein Gehirnmensch —
nun ja, aber ich bin auch Sinnenmensch. Hier
philosophiere ich, spreche ich und schwatze mit
Ihnen. Vor meinen Farbtuben, mit dem Pinsel in
der Hand, bin ich nur noch Maler, ein ganz be-
scheidener kleiner Maler, ein Kind ... Ich vergehe
vor Angst. Ich weiß nichts mehr. Ich male. Es
geht ungefähr so wie bei den Leuten, die glauben,
daß sie anständig sind, weil sie die Gesetzespara-
graphen befolgen. Der anständige Mensch hat das
Gesetzbuch im Blut. Das Genie bildet sich, indem
es sich seine eigenen Gesetze macht. Ja, ja, das
Genie, dem nichts fremd ist von den anderen,
macht sich seine eigene Methode."

Bekannt sind Cezannes Äußerungen über den
Zylinder, die Kugel und den Würfel. Aber es
scheint auch, als habe er in wahrhaft prophetischer
Ahnung vorausgesehen, wie Unberufene aus seiner
Theorie ein Programm verfertigen würden.

„Die Natur mittels des Zylinders, der Kugel
und des Würfels behandeln, das Ganze perspek-
tivisch aufgebaut, so daß jede Seite eines Gegen-
standes, eines Planes einem Mittelpunkt zustrebt.
Die parallelen Linien am Horizont bedeuten die
Weite, einen Ausschnitt der Natur, oder, wenn
es Ihnen lieber ist, des Schauspiels, das der Pa-
teromniapotens aeterne Deus vor unseren Augen
ausbreitet. Die senkrechten Linien am Horizont
geben die Tiefe. Denn für uns Menschen ist die
Natur mehr Tiefe als Oberfläche, woraus die Not-
wendigkeit entsteht, daß wir in das zitternde,
durch die roten und gelben Töne dargestellte Spiel

329
 
Annotationen