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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 11
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Scheffler, Max Friedrich: Die Internationale Buchkunstausstellung in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0461

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Frisch und naiv in der Buchherstellung erscheinen die
nach 1918 neu entstandenen Staaten; besonders Polen rindet
überraschende Lösungen, farbenfroh und unmittelbar. Man
sucht für seine volkstümliche Buchkunst nach einem Ver-
gleich mit dem früheren Rußland. Die Sowjetunion wirkt
dagegen fast intellektuell und wie absichtlich unpersönlich.
Die Broschur der Masse ist sicher nicht populär und wirkt
ein wenig wie Auftragsarbeit.

Da die elementare Typographie, als ihrer Natur nach un-
populär, kaum gezeigt wurde, ist leider nicht ein entschei-
dendes Bild der Länderproduktion zu gewinnen. Ein Ver-
gleich der nationalen Verlagsunternehmungen mit den typi-
schen Erzeugnissen wäre sehr aufschlußreich gewesen. Frank-
reich hat beispielsweise kaum eine ausgesprochene Buch-
kunst, erscheint darum auf der Ausstellung merkwürdig
schwach und hat doch mit die beste Buchform des modernen
Romans geschaffen. Das französische Kunstbuch, den eng-
lischen Roman, die amerikanische Standardform für Wochen-
schriften hätte man zu sehen gewünscht. Amerika war
aber nur mit einem unscheinbaren Stand vertreten; auch
die Union besitzt keine ausgesprochene Buchkunst, pflegt
vielmehr den wenig aufregenden englischen Stil für ihre ver-
hältnismäßig geringe Buchproduktion; besitzt dagegen ein
Heer von Spezialisten-Graphikern, das der Industrie eng
verwachsen ist. Die Form der illustrierten amerikanischen

Zeitschrift beginnt auf Deutschland zu wirken; manches ist
drüben zu lernen dank rationeller und unsentimentaler Ar-
beitseinstellung. Sicherlich ist Amerika nicht das Land des
„idealen" Geschmacks; sehen wir aber vom Geschmack ein-
mal ab, sehen wir, wie dort Bedürfnisse geweckt, geschaffen
und befriedigt werden. Unsere Seele wird nicht sogleich
Schaden leiden, wenn wir einmal unliterarisch denken wol-
len: die Entwicklung der Zeit ist dem Buche nicht günstig,
ein Gefühlswandel erzwingt einen Stilwandel; alles Geschmack-
liche ist davon abhängig, wie sich die Technik entwickeln
wird und diese ist wieder abhängig von der Wirtschaft. Das
Buchgewerbe ist industriell geworden und weist auf Reihen-
produktion zur Erzeugung billiger Waren. Aufgabe wäre es,
allenthalben Normen zu schaffen, die brauchbar sind und
jedem Anspruch genügen. An Stelle der Devise „Buch-
schönheit" hätte zu treten das Wort Buchbrauchbarkeit, Buch-
Zweckmäßigkeit, und jeder Gedanke müßte vom Gesichts-
punkte der Vervielfältigung aus gefaßt werden. Vielleicht
werden wir dabei zu Normalformen kommen, die ebenso
folgerichtig sind wie die Formen unserer modernen Verkehrs-
mittel, bei denen doch niemand daran denkt, daß etwa das
„Geschmackliche" der Ausgangspunkt der Konstruktion ge-
wesen sei.

Diese Wege wird vielleicht schon die Internationale
Presse-Ausstellung 1928 in Köln berühren oder deuten.

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Die

DRACHE. GURTELZIERAT AUS GRAUBRAUNEM JADE. SUNG-ZEIT. SAMMLUNG Mme. LANGWEIL

ausgestellt in paris im museum cernuschi

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