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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Kubsch, Hugo: Erziehung zur Form
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0132

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Fritz Huf

Frau im Schlafrock (Bemalte Terrakotta)

Bau eines Brosches, lernen das Wesentliche sehen, die notwendige Form der
Glieder usw. Sie erkennen die Natur, sie finden den Weg zur Form durch
Nachschaffen: zur Form an sich und zur künstlerischen Form. Das klingt
hochtrabend, dabei ist das Ganze so einfach, so selbstverständlich. Das
eigentlich künstlerische „Bewußtsein“ ist in diesen Kindern ja noch nicht
geweckt; sie wissen auch nichts von den Tricks und Schlichen, mit denen die
„gelernten“ Künstler ihrem oft mäßigen Talent auf die Beine helfen. Die
Kinder lernen einfach zeichnen, wie sie schreiben lernten. Darauf kommt es
an. Sie werden zur Form erzogen, eben durch Nachschaffen, das — es sei
nochmals gesagt — durchaus nicht künstlerisch sein muß; doch es geht auf
das Wesentliche aus.
Solche Erkenntnis ist viel wichtiger, notwendiger als alles kunsthistorische
Wissen. Ob ein Kunstfreund „weiß“, daß in der antiken Architektur die
Gleichmäßigkeit vorherrschte, während in der romanischen Baukunst jede
Säule, jedes Kapitell mit einem eigenen Ornament prunken konnte, ist ziem-
lich gleichgültig. Wichtiger, fruchtbarer für seine Kunsterkenntnis wäre,

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