Hans S. Oberländer
Bildnis einer Pensionsinhaberin 1928
sehen. Andrerseits muß eine lebendige Einmaligkeit in den Typus eingehen,
damit er uns als Wirklichkeitsschicksal nahegeht.
Das ist die Durchdringung von Ty pik und Persönlichem, auf die es heute
ankommt. Die hier abgebildeten Werke halten sich sämtlich auf dieser Linie
zwischen individueller und schematischer Erscheinung. Sie geben den
Menschen ihren Hintergrund, sie zeigen sie im Umgang mit dem Arbeitsgerät,
sie gestalten sie mit der eigentümlichen Physiognomie ihres Berufes aus, den
Buchhändler etwa mit dem schmalen, blassen, bebrillten Kopf, dem langen
Hals intelligenter Gewandtheit, den Rahmentischler mit dem graubärtigen,
von viel Arbeit und mancher Sorge gefurchten, Verläßlichkeit kündenden Ge-
sicht. Sie verkapseln die Menschen in Eintönigkeit und Ermüdung des Beruf-
lichen, sie geben ihnen die Würde ihrer Arbeit und die Male abnutzender
Plackerei, — sie versenken in die Verallgemeinerung des Berufsgesichtes
zugleich jene Stille, in der ein jeder mit sich selbst allein ist.
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