Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

DOI Artikel:
Der Tag für Denkmalpflege
DOI Artikel:
Exposition retrospective de l'art belge depuis 1830
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0019

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
21

Exposition retrospective de l'art beige depuis 1830

22

hielt letztere für unerläßlich, trat aber daneben für
den Wiederaufbau der steinernen Zwerchhäuser nach
dem Krausschen Stiche ein. Prof. Hehl-Berlin betonte
die Gefährlichkeit des Frostes, gegen den Eggerts
Vorschläge keine Hilfe bieten; auch Prof. Wickop-
Darmstadt forderte Schutz der' Rückseite gegen Ver-
witterung. Prof. Stiehl-Berlin führte auf eine Anfrage
Clemens aus, daß gerade der Schutz durch Bedachung
und Balkenlagen die Möglichkeit geben werde, mit
den geringsten Eingriffen in die Hintermauerung aus-
zukommen, so daß im Gegensatz gegen Eggerts Vor-
schläge jedes Abtragen der Front sich werde vermeiden
lassen. Prof. Ratzel-Karlsruhe stellte einige Irrtümer
in bezug auf die amtliche Prüfung der Eggertschen
Vorschläge richtig. Auf eine ausführliche Erwiderung
Eggerts, in der er nochmals die Möglichkeit, ein Dach
aufzubringen, bezweifelte, wies schließlich Oberbaurat
Prof. Hofmann-Darmstadt diesen Einwand mit lebhaften
Worten und unter dem Beifall der Versammlung als
sachlich unbegründet zurück. Dazwischen erneuerte
Prof. Clemen-Bonn die bekannten Angriffe gegen die
Wiederherstellung des Friedrichsbaues, Architekt Eb-
hardt-Berlin wies darauf hin, daß das von England
ausgehende Bestreben, der Ruinenschönheit zuliebe
Eingriffe zu unterlassen, dort schon zu vielfach uner-
freulichen Ergebnissen geführt habe, zum Überwuchern
formloser Efeumassen und zu zahlreichen Einstürzen.
Gegen Ende der an sieben Stunden währenden De-
batte zog Prof. Dehio-Straßburg das Ergebnis dahin,
daß bei dem Widerstreit der Ansichten es nicht Pflicht
noch Recht unserer Zeit sei, die Heidelberger Frage
endgültig zu entscheiden; man möge sich begnügen
mit Maßnahmen, welche die Erhaltung des Bestehen-
den auf weitere etwa fünfzig Jahre sichern. Prof.
Oechelhäuser betonte in seinem Schlußwort, daß die
gegenseitige Aussprache fruchtbringend und nicht nutz-
los gewesen sei; es wurde beschlossen, die Nieder-
schrift der Verhandlung der badischen Regierung mit
besonderem Anschreiben zu überreichen.

Bei der Neuwahl des Vorstandes erklarte der Vor-
sitzende, Geheimer Justizrat Prof. Loersch, eine Wieder-
wahl nicht annehmen zu können. Die Versammlung
drückte ihr Bedauern und ihren Dank für die lang-
jährige, aufopfernde Leitung durch Erheben von den
Sitzen aus und beschloß, die Neuwahl des Vorsitzenden

dem im übrigen wiedergewählten Vorstande zu über-
tragen.

Über den Ort der nächstjährigen Versammlung
konnte noch keine Entscheidung getroffen werden.
Auch diese Angelegenheit wurde der endgültigen Be-
stimmung durch den Vorstand überlassen.

Ein Festmahl am Abend des letzten Tages ver-
einigte den größten Teil der Teilnehmer, von denen
eine größere Anzahl noch an den nächsten Tagen zu
gemeinsamer Besichtigung von Nürnberg und Rothen-
burg sich zusammenfanden. O. St.

EXPOSITION RETROSPECTIVE DE L'ART

BELGE DEPUIS 1830
Wer in Brüssel vom Museum der modernen Malerei
zum Palais du Cinquantenaire hinübergeht, wird im großen

Mittelsaal der retrospektiven Ausstellung sich der Gefahr
inne, welche retrospektive Ausstellungen der Kunst des
19. Jahrhunderts in sich bergen. Es ist die Gefahr, nicht
über das hinauszukommen, was durch die bestehenden
Gemäldegalerien dem großen Publikum wie dem Kunst-
historiker geläufig und alltäglich geworden ist. In Brüssel,
wo die belgische nationale Malerei im Museum selbst so
vollständig gesammelt ist, war die Gefahr besonders groß.
Man überzeugt sich aber bald mit Genugtuung in anderen
Sälen, daß hier von dem besten und vielleicht einzigen
Mittel, über den alltäglichen Museumseindruck hinwegzu-
kommen, wirksam Gebrauch gemacht ist: von dem Be-
tonen der Persönlichkeiten, wie wir es jüngst bei uns in
denkbarster Stärke bei der Menzel-Ausstellung erlebten. So
wird man unter anderem lebhaft gefesselt durch Säle, in
welchen Leys, Braeckeleer, Alfr. Stevens, Kops, Meunier
sich als Persönlichkeiten präsentieren, trotzdem, wie z. B.
bei Leys, die Hauptstücke bekannte Museumsstücke sind.
Zur Aufklärung der kunstgeschichtlichen Vorgänge des
19. Jahrhunderts kann eine retrospektive Ausstellung des
Landes mit der alten kunstgeschichtlichen Vergangenheit
und den Sammlungen altniederländischer Kunst nur dien-
lich sein. Man wird sich klarer darüber, was selbst auch
das Paris des 19. Jahrhunderts der geographischen Nähe
der Niederlande verdankt. Bei der Zusammenstellung der
Werke von Leys z. B. fühlt man hier stärker wie sonst,
welchen Anteil das Studium der altniederländischen Vor-
bilder an der Wiederbelebung des Farbensinns im 19. Jahr-
hundert gehabt hat, wie sehr die Taten der Kunstsammler
Kunstgeschichte gemacht haben. Bei einem Madou ist das
Studium, der technischen Gediegenheit der Kleinmeister
des 17. Jahrhunderts bis zu einem Grade gesteigert, daß
einige der ausgestellten Stücke Karriere als Fälschungen
machen könnten. Selbstverständlich stechen im großen und
ganzen die Reflexe von Paris zahlreich hervor, wie in den
Arbeitergestalten De Groux', in den Landschaften Bou-
lengers usw. Zu den jüngst in deutschen Ausstellungen
sehr bemerkten Stilleben von Schuch kann man in den
natures mortes des Louis Dubois eine überraschend enge
Verwandtschaft finden. In Alfr. Stevens, der mit dreißig
Nummern aus Privatbesitz vertreten ist, kreuzt sich der
neuvlämische Kolorismus mit demjenigen von Paris. Ober-
flächlich im Sujet ist Stevens etwas, aber geschmackvoll
im Kolorit bleibt er fast immer. Interessant ist es, Fehden
Rops mit etwa einem Dutzend Nummern als Maler auf-
treten zu sehen. Man hat Gelegenheit, den Radierer als
Landschaftsmaler mit einer Vorliebe für tiefe Gesamtstim-
mung in mehreren überzeugenden Lösungen zu genießen.
Was soll man zu Constantin Meuniers Denkmal der Arbeit
sagen, das als Abschluß der ganzen Ausstellung aufgebaut
ist? Ich kann unter dem Eindruck desselben nicht begreifen,
wie sich jüngsthin in die Nekrologe Äußerungen einer be-
ginnenden Geringschätzung Meunierscher Kunst einmischen
konnten. Hat irgend einer der Großen der kunstgeschicht-
lichen Vergangenheit sein Lebenswerk schöner gekrönt
als es Meunier, der Entdecker des Monumentalen im mo-
dernen Arbeiter mit dem Denkmal der Arbeit getan hat?
Von den Einzelgestalten können der Schmied und der Sä-
mann getrost dem reinsten, was je die monumentale Plastik
geschaffen, an die Seite gestellt werden. Die Reliefs sind
jedes für sich über alles Lob erhaben. Die Bergarbeiter
und die Mäher scheinen die glücklichsten. Eine Kleinig-
keit in der Zusammenstellung läßt mich unbefriedigt: es
ist der Umstand, daß die Bewegung der Mäher im Ernte-
relief, welches an der einen Seite die Folge abschließt,
nach außen gerichtet ist, statt sich der Mittelfigur zuzu-
wenden. Zum Kataloge von Wauters, der mit reichen
neuen biographischen Notizen versehen ist, eine Bemer-
 
Annotationen