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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von t. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XVII. Jahrgang 1905/1906 Nr. 10. 29. Dezember

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

LITERAT URNUMMER

Inhalt: E. Freiherr von Bodenhausen, Gerard David und seine Schule
W. Weitzel, Die deutschen Kaiserpfalzen und Königshöfe
Literatur zum Ottheinrichsbau in Heidelberg
Atti del congresso Internazionale di Scienze storiche
Casimir Chledowski, Siena

A. G. Meyer, Tafeln zur Geschichte der Möbelformen
Baldwin Brown, The Care of Ancient Monuments
Menzeliana

* *
*

Neuerscheinungen der Kunstliteratur.

E. Freiherr von Bodenhausen, Gerard David und seine
Schule. 238 S. Mit g Gravüren, 20 Lichtdrucktafeln und
zahlreichen Textabbildungen. 40 M. München, F. Bruck-
mann A-G.

Über dieses umfassende Werk ist nur Gutes zu sagen.
Nachdem die deutsche Kunstforschung schon viel für die Zu-
sammenstellung des Oeuvre der frühniederländischen Meister
getan hat, ist es erfreulich, daß von ihr auch das erste
Buch ausgeht, in dem ein solcher Meister eingehend lite-
rarisch gewürdigt wird. Damit wird nicht nur vor den
Augen der Kenner, auch vor denen der Welt bewiesen, daß
den Primitiven ein hoher, allgemein bildender Wert zu-
kommt, wie man ihn für die Niederlande lange nur den
Künstlern des 17. Jahrhunderts zumaß.

Der Verfasser hat sich die Aufgabe möglichst weit ge-
stellt. Er stellt G. David in den Zusammenhang mit der Kunst
des 15. Jahrhunderts, widmet der Schule ein eigenes Kapitel
und gibt gelegentlich Vor- und Rückblicke durch die ganze
Kunstentwickelung. Es erweist sich dabei, daß je um-
fassender die Vergleiche, um so mehr die Vorstellung vom
Künstler an Leben gewinnt. — Doch hat er das Problem
auch konzentriert und methodisch gelöst. Er berücksichtigt
unter vollkommener Beherrschung der Literatur gerecht
und abwägend das Urteil derer, die sich zuvor mit dem
Stoff beschäftigten, und zieht aus der Kombination dieser und
eigener Kritik Resultate, die nur selten am Ziel vorbeigehen.

Zu den Vorzügen des Buches gehören oft mißachtete
scheinbare Äußerlichkeiten: die einfach-vornehme Ausstat-
tung, die weder traditionell schlecht noch gesucht aufdring-
lich ist; der Reichtum an guten Reproduktionen; eine über-
sichtliche Anordnung des Stoffes. — Ich gebe kurz Bei-
spiele. Zum ersten: Der schöne Satzspiegel bietet ein
ruhiges Bild. Es ist in Anlehnung an altvenezianische
Drucke, denen auch Morris folgte, ein Einrücken des Satz-
anfanges bei Alinea vermieden. Dadurch zerreißt der Ab-
satz nicht wie sonst das Seitenbild in Stücke, er belebt
vielmehr seiner Bestimmung entsprechend, indem er den
Rahmen nur nach einer Seite öffnet. Zum zweiten: In die

Fülle von Illustrationen ist durch ihre verschiedene Her-
stellungsart Abwechslung gebracht. Sie sind da eingefügt,
wo sie hingehören; man ist also nicht beständig zu einem
bei großen Werken unbequemen Nachsuchen gezwungen.
Die Unterschriften sind deutlich, geschickt und richtig an-
geordnet. Endlich sind zahlreiche Werke reproduziert, von
denen bisher keine Photographien existierten, darunter
solche nach Werken in Spanien und Amerika; um sie zu
beschaffen, scheute der Verfasser keine Mühe. Zum drit-
ten: die für umfangreiche Darstellungen notwendige leicht
faßliche Einteilung hält die Mitte zwischen Klarheit und
Mannigfaltigkeit. Die Kapitelüberschriften sind knapp, für
die einzelnen Altarwerke sind prägnante Benennungen ge-
funden.

Das Werk gliedert sich in zwei Teile. Einen allgemeinen:
Gerard David und seine Kunst. Nacheinander wird Leben
und Umgebung, die Entwickelung der künstlerischen Per-
sönlichkeit geschildert, der geistige Gehalt der Darstellung
und die formale Seite seiner Kunst nach drei Seiten hin
(Zeichnung, Farbe und Licht) analysiert. In einem zweiten,
kritisch registrierenden Teil ist das Verzeichnis der Werke
des Künstlers selbst gegeben, in der Gliederung, wie sie
die zuvor gewonnene künstlerische Entwickelung ergab.
Die Jugendwerke in holländischer Formensprache; die Ge-
mälde der ersten Periode in Brügge, die sich durch direkte
Anlehnung an die bedeutendsten vlämischen Vorgänger
herausheben, die Zeit der Reife etwa von 1498 bis 1515;
die Spätwerke unter dem Einfluß der Antwerpener Schule,
die nach v. B. meist Werkstattcharakter an sich tragen.
Daran sind die Werke der bedeutendsten Brügger Schüler
angeschlossen.

Über das Leben Gerard Davids erfahren wir manches
Neue: als Lehrer nimmt v. B. vermutungsweise Albert von
Ouwater in Anspruch. Der deutliche Zusammenhang mit
Geertgen in der Frühzeit würde sich aus der Mitarbeit im
selben Atelier erklären. Die durchaus einleuchtende Be-
rechnung, nach der Ouwater bis in die achtziger Jahre tätig
war, wird auch für diesen Künstler bedeutungsvoll. Die
 
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