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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Hermanin, Federico: Römischer Brief, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0245

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473

Nekrologe

474

Marcigliana an der Via Nomentana gemacht worden,
an der Stelle der Alliaschlacht zwischen Römern und
Galliern. Einige Privatunternehmer haben einen großen
Erdkegel ausgegraben und ein kreisrundes aus drei Reihen
dicker Travertinblöcke bestehendes Gebäude ans Licht ge-
bracht. Bei dem großen Umfang des Gebäudes, welcher
100 Meter beträgt, und dem eigentümlichen strahlenförmigen
Innern desselben, wurden die verschiedensten Hypothesen
über seine Bedeutung aufgebaut, vom Wasserturm bis
zum Galliergrab, bis sich durch Pasquis Untersuchungen
endlich ergeben hat, daß der mächtige Quaderbau wohl
nichts anderes ist, als der Unterbau eines runden Tempels,
welcher vielleicht zu der Alliaschlacht Beziehungen hat.
Jedenfalls ist die Sache von Wichtigkeit, und man wird
hoffentlich bei den nunmehr von staatlichen Archäologen
geleiteten Ausgrabungen auf viel Interessantes stoßen, und
wie man denkt, auch auf Bildwerke.

Zu den Sehenswürdigkeiten Roms zählt nunmehr auch
das Antiquarium in dem Volksgarten zwischen dem
Kolosseum und S. Giovanni e Paolo, dem sogenannten
Giardino Poveruomini, wo am Ende des 18. Jahrhunderts
ein botanischer Garten eingerichtet worden war. Im
Jahre 1894 hatte die Commissione archeologica comunale
dort einen einfachen Bau errichten lassen, um da das
Beste, was von archäologischem Material aufgefunden
wurde, aufzustellen. So entstand das sogenannteMagazzino
comunale und aus diesem Magazzino ist nun das Antiquarium
geworden, welches aber auch nicht mehr diesem spezi-
fischen Namen entspricht und als ein wirkliches kleines
Museum anzusehen ist. Sowohl vom künstlerischen, wie
vom archäologischen Standpunkte aus könnte die Ein-
richtung nicht besser sein. Einfachheit, Geschmack und
streng wissenschaftliche Ordnung haben hier gewaltet.
Die nüchterne Ziegelfront des Baues ist mit Efeu,
Glicinien und rankenden Rosen bedeckt und zwischen
blühenden Pflanzen stehen im Garten dekorative Skulpturen
und Inschriften. An der Front entlang eine Reihe von Frag-
menten großer Grabmonumente, von denen viele aus
republikanischer Zeit stammen. Besonders beachtenswert
ist das Grabdenkmal des Publius Elius Cotta, eines be-
rühmten Rosselenkers aus der Zeit der Antoninen. Die
großen mit Zirkusdarstellungen reich geschmückten Frag-
mente wurden beim Abtragen der beiden mittelalterlichen
Seitentürme der Porta del Popolo gefunden, in denen sie
als Baumaterial gebraucht worden waren. Die eigentlichen
antiquarischen Sammlungen sind im ersten und dritten
Saal aufgestellt. Besonders interessant sind die Samm-
lungen des von den verschiedenen altrömischen Kunst-
handwerkern gebrauchten Arbeitsmaterials, so des Marmor-
arbeiters, Maurers, Töpfers, Malers. Es folgt eine Samm-
lung von Ziegelstempeln und eine von Lampen. Eine
Abteilung enthält Beispiele der verschiedenen Bestattungs-
arten, die man in Rom gebraucht, von den puticoli des Es-
quilins an und eine andere, eine Menge von Exvoto, die
von den Ausgrabungen des Tempels der Minerva medica
auf dem Oppius herstammen.

Von den Skulpturen sind die besten in einem be-
sonderen Saal von Professor Lucio Mariani aufgestellt
worden. Darunter sind die Pallas, welche in den Aus-
grabungen in Piazza Sciarra am Corso gefunden wurde
und die eine viel besser ausgeführte Replik der Pallas
von Velletri im Louvre ist, Wiederholungen des Diomedes
in München und des Atleta di Boboli, der Hestia Giusti-
niani, des Diadumenos von Poliklet, und ein Porträt
einer alexandrinischen Prinzessin, vielleicht der Cleo-
patra II. in ägyptischem Kostüm. In diesem Saal be-
findet sich auch der unlängst von der Stadt gekaufte
Cippus des Vicus Statae matris auf dem Celius in der

Regio II. Der Namen des Vicus, welcher in der Inschrift
genannt ist, war unbekannt. Der Cippus ist aus dem
Jahre 747 a. n. c. und man liest darauf die Namen von
zwei Konsuln, die man nicht kannte, und die die Urheber
der Lex Fufia Caninia für die Sklavenfreilassung sind.

Unter den interessantesten Sachen dieses Saales sind
die Skulpturenfragmente, die beisammen beim Ausgraben
des Quirinaltuiinels gefunden worden sind, und die wahr-
scheinlich zurWerkstätte eines Bildhauers oder Restaurators
des 2. Jahrhunderts nach Christi Geburt gehören. Man
sieht darunter einige gute Repliken nach griechischen
archaischen Typen. Zwischen diesen Skulpturen wurde
auch eine Büste des Pupienus Maximus aus der Zeit des
Galienus gefunden.

Im vierten Saal ist der fragmentarische Schmuck eines
Schaubrunnens untergebracht, welcher zwischen dem
Kolosseum und dem Konstantinsbogen gefunden wurde
und aus einem mit einem wunderschönen Eberkopf ge-
schmückten Schiffsbug besteht. Eigentümlich ist die Kopie
einer Venus, bei welcher der Kopist eine Hydria in eine
niedrige Toiletteschachtel umgewandelt hat, auf welcher ein
kleiner scherzender Eros sitzt.

Den größten Schmuck des sechsten Saales bilden die
Fragmente eines Riesenmosaiks, welches im Jahre 1903 in
der Nähe von Santa Bibbiana gefunden worden sind, da,
wo die Gärten des Epaphroditos, des Freigelassenen von
Kaiser Claudius, waren. Die Fragmente messen im ganzen
zweiundsiebzig Quadratmeter und sind des Stiles der
Figuren wegen in die Zeit der Antoninen zu setzen. Dar-
gestellt sind Jagdszenen und besonders das Einfangen
lebender Tiere für die Zirkusspiele. Man sieht unter
anderem eine große Falle, in welche zwei Jäger einen
mächtigen Bären locken. Kostbar ist die ikonographische
Sammlung römischer Büsten. Professor Mariani, der die
Skulpturen aufgestellt hat, verdient dafür aufrichtiges Lob,
denn er hat gezeigt, wie viel man mit kleinen Mitteln
machen kann.

Kurz nach Einichtung des Aiitiquariums wurde im
Museo nazionale romano in den Diokletiansthermen ein
neuer Saal mit den letzthin gekauften Überresten der
römischen Schiffe, die im Nemisee versunken sind, dem
Publikum eröffnet. Wenn man an die vielen Versuche,
die gemacht worden sind, um das Material der alten
Schiffe zu heben, denkt, an Leon Battista Alberti, an
Francesco de Marchi im Jahre 1535 und an Annesio Fusconi
im Jahre 1827, kann man des jetzt sicher Geborgenem
froh sein, und man wird sich wohl nie an die totale
Hebung der Schiffe wagen. Dies geborgene Material be-
steht aus einigen großen Bronzeköpfen, darunter zwei
wunderschöne von Wölfen, welche den Abschluß großer
Querbalken bildeten, auf welchen wohl das Verdeck ruhte.
Ein bronzenes Geländer, kupferne Dachziegel des auf dem
Schiffe errichteten Häuschens, große Fliesen mit Bruch-
teilen des kostbaren Mosaikfußbodens, welcher aus Porphyr,
Serpentin, Bronze und Glaspasten bestand, eine Unmenge
Nägel und Holzfragmente, einige Fistulae aquarie mit dem
Namen des Kaisers Caligola, bilden das Material des
einen Schiffes, während eine große Votivhand aus Bronze
das einzige ist, was von dem zweiten kleineren Schiff
bleibt. Das erste Schiff war 60,25 Meter lang und 18,25
Meter breit, das zweite 71 Meter lang und 24 Meter breit.
Der neue Saal ist als eine wirkliche Bereicherung des
Museums anzusehen. fed. h.

NEKROLOGE
In Paris hat der begabte Tiermaler Martin Callaud
in einem Anfall von Schwermut seinem Leben ein Ende
gemacht. Er war 45 Jahre alt.
 
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